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# taz.de -- Trainerentlassung bei Schalke 04: Kaputtes Gebilde
> Der Bundesligist ist überschuldet, der Kader überfordert und seit Sonntag
> ohne Trainer. Wird einer wie Ralf Rangnick da ernsthaft anheuern?
Bild: Muss sich keine Gedanken mehr über Schalke machen: David Wagner
Gelsenkirchen taz | Ein paar dürre Worte reichten den Schalker
Verantwortlichen, um das nächste Kapitel des wohl größten Krisenepos
abzuschließen, das die Bundesliga in diesem Jahrtausend bisher
hervorbrachte. „FC Schalke 04 stellt Cheftrainer David Wagner frei“, teilte
der Klub am Sonntagmorgen nach dem gruseligen 1:3 gegen Werder Bremen mit,
dem 18. Bundesligaspiel nacheinander, das die Mannschaft nicht gewinnen
konnte. Zusammen [1][mit dem 0:8 von München] ergibt sich daraus die
schlechteste Startbilanz, die es in der Geschichte der Bundesliga gab.
Vor allem aber haben sich alle Hoffnungen zerschlagen, Wagner könne in der
Lage sein, diese verunsicherte und aufgrund der schwierigen Finanzlage nur
notdürftig zusammengebastelte Mannschaft irgendwie in ein konkurrenzfähiges
Team zu verwandeln. Auch die Assistenztrainer werden entlassen, über alle
Fragen, wie es weitergeht, werde der Klub „in den kommenden Tagen
informieren“, hieß es weiter.
Am Abend zuvor nach dem Spiel gegen Werder Bremen, in dem die Mannschaft
bis auf eine kurze Phase nach der Pause abermals enttäuscht hatte,
artikulierte Wagner noch die Hoffnung auf eine weitere Bewährungschance.
„Es ist immer die Frage, bist du Teil der Lösung oder Teil des Problems?
Und ich bin der Überzeugung, ich kann Teil der Lösung sein“, erklärte er.
Auf welcher Grundlage er zu dieser Überzeugung gelangte, sagte er jedoch
nicht. Wie schon in bei der Demütigung von München hatte mehr oder weniger
regungslos mit angesehen, wie seine Mannschaft unterging. Als habe er
längst den Glauben an seinen eigenen Einfluss auf die Spieler verloren –
ein fatales Signal.
## Furchtbarer Gesamtzustand
Wobei Wagner wie auch Schneider, der derzeit wichtigste Gestalter im Klub,
nur einen Teil der Schuld an dem sagenhaften Niedergang tragen. Schalke 04
ist über Jahre heruntergewirtschaftet worden.
Wagner hatte in der vorigen Woche angedeutet, dass weder er noch Schneider
noch der Transferexperte Michael Reschke bei ihren Einstellungsgesprächen
über den desaströsen Gesamtzustand des Klubs informiert worden zu seien.
Nun sitzen sie da mit einem Haufen sehr teurer und oftmals überbezahlter
Spieler, zu Füßen eines Schuldenbergs von mittlerweile wieder deutlich über
200 Millionen Euro und müssen akzeptieren, dass sie über keinerlei
finanziellen Spielraum verfügen, kurzfristig halbwegs schlüssige
Veränderungen vorzunehmen.
Ein Argument für das lange Festhalten an Wagner ist wohl auch das Gehalt
von angeblich rund 2 Millionen Euro pro Jahr gewesen, die dem entlassenen
Trainer bis zum Vertragsende im Sommer 2022 zustehen. Wer weiß, mit welch
kleinen Summen Schneider und Reschke in diesem Sommer um Verstärkungen
geworben haben, erkennt schnell, dass es den Klub hart trifft, nun einen
neuen Trainer bezahlen zu müssen.
Gut möglich ist, dass die Trennung in einer finanziell entspannteren Zeit
bereits nach der vergangenen Saison vollzogen worden wäre. Auch da hatte
[2][die Serie siegloser Partien längst eindrucksvolle Dimensionen
erreicht]. Und dass von Wagner aussortierte Spieler wie Sebastian Rudy,
Mark Uth, Ralf Fährmann oder Nabil Bentaleb, die aufgrund ihrer Verträge
eher unfreiwillig zur Rückkehr gezwungen waren, kein besonders
vertrauensvolles Verhältnis mehr zu diesem Trainer hatten, ist naheliegend.
Am Samstag standen dennoch alle vier in der Startelf.
Der furchtbare Gesamtzustand, in dem der Klub sich befindet, hat aber viele
Väter. Der im Frühsommer zurückgetretene [3][Aufsichtsratschef Clemens
Tönnies] trägt den wohl größten Teil der Verantwortung. Aber auch die
ehemaligen Manager Horst Heldt und Christian Heidel haben keine Substanz
hinterlassen.
Als mögliche Nachfolger für Wagner werden nun Manuel Baum, Dimitrios
Grammozis, Sandro Schwarz oder Marc Wilmots genannt, und es wird über eine
Lösung spekuliert, die Hoffnungen auf eine echte Trendwende nährt: Ralf
Rangnick.
Der war schon zweimal Trainer in Gelsenkirchen. Bei RB Leipzig hat er eng
und vertrauensvoll mit Schneider zusammengearbeitet, und er hat ein Herz
für Schalke. „Ich bin seit acht Wochen frei. Wenn ich sagen würde, Schalke
interessiert mich nicht, würde ich lügen“, sagte Rangnick am Sonntagmorgen
bei Sky, ergänzte jedoch: „Im Moment, stelle ich es mir schwer vor, ein
drittes Mal dort hinzugehen.“ Das klingt, als würde es sich lohnen, mal mit
Rangnick zu sprechen, aber vielleicht ist Schneider da längst dabei.
27 Sep 2020
## LINKS
[1] /Auftakt-der-Fussballsaison/!5711365
[2] /Krisengeschuettelter-FC-Schalke-04/!5696404
[3] /Ex-Fussballprofi-Hans-Sarpei-ueber-Antirassismus/!5690708
## AUTOREN
Daniel Theweleit
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