| # taz.de -- UK-Finanzminister entlassen: Liz Truss tauscht aus | |
| > Premierministerin Truss feuert ihren Parteifreund Kwasi Kwarteng. | |
| > Verbunden hatte beide die Liebe zum Wirtschaftswachstum. | |
| Bild: Verlässt die Downing Street und nun auch die UK-Regierung: Ex-Finanzmini… | |
| Die britische Premierministerin Liz Truss hat nach fünf Wochen im Amt ihren | |
| Finanzminister und engen Parteifreund Kwasi Kwarteng gefeuert. In einer | |
| Pressekonferenz am Freitagbachmittag erklärte sie den ehemaligen | |
| Gesundheitsminister Jeremy Hunt zum neuen Finanzminister. | |
| Sie verkündete außerdem, dass sie davon ablasse – wie zuvor von ihrer | |
| Regierung angekündigt – die Unternehmenssteuer nicht zu erhöhen. | |
| Ursprünglich sah der [1][kontrovers diskutierte Plan] vor, eine Anhebung | |
| von 19 auf 25 Prozent ab nächstem Jahr zu unterlassen. Der Abkehr von | |
| diesem Plan könnte umgerechnet knapp 19.5 Milliarden Euro in die | |
| Staatskasse spülen. | |
| Kwartengs Entlassung kam nicht unbedingt überraschend – auch wenn er noch | |
| am Vortag proklamiert hatte, dass er fest im Amt sitze. Hinter seinem | |
| Abgang steckt der sogenannte „Mini“- Wirtschaftshaushalt, welchen er am 23. | |
| September im Interesse einer auf das Wirtschaftswachstum ausgerichteten | |
| Politik vorgestellt hatte. Darin hatte er zahlreiche[2][Steuersenkungen] | |
| angekündigt, allerdings ohne finanzielle Abdeckungen für ein daraus | |
| entstehendes Defizit von umgerechnet etwa 70 Milliarden Euro zu nennen, | |
| sowie ohne einen unabhängigen Einschätzungsbericht vorzulegen. | |
| Auf den internationalen Märkten wurden Kwartengs Maßnahmen als | |
| unglaubwürdig und als Risikofaktor aufgefasst. So fiel das Pound Sterling – | |
| die Währung des Landes – gegen den US-Dollar gleich zweimal auf ein | |
| jahrzehntelanges Tief. | |
| ## Konsequenz: Die Konservativen verlieren an Zustimmung | |
| Als weitere Konsequenz fiel die konservative Partei in Meinungsumfragen | |
| deutlich. Schließlich gerieten auch noch die Pensionsfonds ins Wanken – so | |
| sehr, dass die britische Zentralbank Staatsanleihen und Staatspapiere in | |
| Milliardenhöhe kaufen musste, um so den Markt einigermaßen zu | |
| stabilisieren. Auch der Internationale Währungsfond (IWF) kritisierte die | |
| Maßnahmen der britischen Regierung. | |
| Auf dem konservativen Parteitag hatte Kwarteng dann auf eine Steuersenkung | |
| für Spitzenverdiener:innen verzichtet und versprach eine detaillierte | |
| Ausstaffierung seiner Pläne. Doch das reichte nicht, um die Märkte sowie | |
| den Unmut konservativer Hinterbänkler:innen zu beruhigen. Letztere | |
| forderten am Donnerstag sogar eine neue [3][Premierministerin]. | |
| Am späten Donnerstagabend wurde Kwarteng – einen Tag vor dem offiziellen | |
| Ende des IWF Wirtschaftsgipfels in Washington – nach London abgerufen und | |
| erhielt nach seiner Ankunft die Nachricht, dass er gefeuert worden sei. | |
| Jeremy Hunt, sein Nachfolger, war während der Olympiade in London im Jahr | |
| 2012 Kultur und Sportminister, danach bis 2018 Gesundheitsminister, und | |
| anschließend bis Juli 2019 Außenminister. Er gehört dem moderateren Flügel | |
| der Torys an. Im Sommer stand er im Kampf um die Parteiführung mit im | |
| Rennen, schied jedoch bereits in der ersten Runde aus. Obwohl er Rishi | |
| Sunak im Endkampf um die Parteispitze unterstützte, verbinden ihn und Truss | |
| das Interesse an Wirtschaftswachstum. | |
| ## Kann sich Truss im Amt halten? | |
| Truss sagte am Freitag auf einer Pressekonferenz, dass ihre vorgeschlagenen | |
| Maßnahmen „im nationalen Interesse und zur Stabilisierung der Wirtschaft“ | |
| gedacht seien. | |
| Journalist:innen wollten wissen, wieso sie aufgrund ihrer Nähe zu | |
| Kwarteng glaube, weiter im Amt bleiben zu können. Truss antwortete: Sie | |
| glaube weiter an ihren Plan des Wachstums, denn „seit 2008 hätte | |
| Großbritannien an hartnäckig niedrigem Wachstum gelitten.“ Sie gab weiter | |
| an, sie werde den Staat verkleinern, und „den Schuldenberg diszipliniert | |
| durch einen effizienteren öffentlichen Sektor senken.“ | |
| Die Labour-Schattenfinanzministerin Rachel Reeves sagte, dass eine | |
| Umbesetzung des Ministerpostens „nicht den bisher angerichteten Schaden | |
| ungeschehen machen könne.“ Die aktuelle Situation sei eine von der Downing | |
| Street geschaffene Krise. | |
| 14 Oct 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Liz-Truss-verteidigt-Kurs/!5882544 | |
| [2] /Liz-Truss-verteidigt-Kurs/!5882544 | |
| [3] /Nach-der-Wahl-in-Niedersachsen/!5883744 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
| ## TAGS | |
| Großbritannien | |
| London | |
| Wirtschaft | |
| Liz Truss | |
| Finanzpolitik | |
| Schwerpunkt Brexit | |
| Großbritannien | |
| Großbritannien | |
| Großbritannien | |
| Großbritannien | |
| Großbritannien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Die Torys und Truss: Nicht länger regierungsfähig | |
| Die Torys lösen nicht ein, was sie versprochen haben. Die einzig richtige | |
| Antwort auf das wiederholte Versagen sind Neuwahlen. | |
| Erneuter Kurswechsel von Liz Truss: Zeit für Neuwahlen | |
| Die britische Premierministerin Liz Truss ist kurz nach Amtsantritt | |
| hochumstritten. Sie verspricht Stabilität, praktiziert aber das Gegenteil. | |
| Regierungskrise in Großbritannien: Kaum angefangen, schon angezählt | |
| Die britischen Konservativen erwägen den Sturz von Liz Truss. Ihren | |
| Finanzminister musste die neue Premierministerin schon auswechseln. | |
| Liz Truss verteidigt Kurs: „Wachstum, Wachstum, Wachstum“ | |
| Die britische Premierministerin hat seit Amtsantritt einen ökonomischen | |
| Fehlstart hingelegt. Nun versuchte sie auf dem Tory-Parteitag den | |
| Neuanfang. | |
| Tory-Parteitag in Großbritannien: „Nicht konservativ“ | |
| Beim Jahresparteitag der britischen Tories steht die neue Premierministerin | |
| Liz Truss unter Druck. Die Partei steht nicht geschlossen hinter ihr. | |
| Labour-Parteitag in Großbritannien: Diesmal muss es klappen | |
| Labour-Chef Keir Starmer inszeniert die linke britische Opposition als | |
| „Partei der Mitte“ kurz vor der Macht. Den Delegierten gefällt das. |