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# taz.de -- Hannover 96 gegen Martin Kind: Das Kapital steht über dem Verein
> Mit Martin Kinds erfolgreicher Klage gegen seine Absetzung bei Hannover
> 96 ist der Machtkampf entschieden. Damit könnte die 50+1-Regel fallen.
Bild: Hat vor dem Landgericht gewonnen: Martin Kind
Nachdem der Vorsitzende Richter am Landgericht Hannover, Carsten Peter
Schulze, am frühen Dienstagnachmittag das Urteil verkündete, ist der vom
Verein Hannover 96 angezettelte Machtkampf entschieden: Der 78-jährige
Unternehmer Martin Kind darf weiterhin Geschäftsführer der in eine
Kapitalgesellschaft ausgegliederten Profiabteilung des Fußballklubs
bleiben.
Der Verein hätte Kind im Juli von seinem Posten nicht feuern dürfen. Mit
dieser unternehmensrechtlichen Entscheidung könnte nun sogar die für die
Bundesliga geltende 50+1-Regel zur Disposition stehen – und damit das Ende
des deutschen Sonderwegs im Profifußball einläuten.
Die 50+1-Regel bedeutet, dass die Mehrheit der Anteile eines Vereins bei
den Vereinsmitgliedern liegen muss: Basisdemokratie statt
Entscheidungsfreiheit für die Investoren. Wie die große Mehrheit der
deutschen Profivereine hatte auch Hannover 96 seine Profiabteilung in eine
Kapitalgesellschaft ausgegliedert.
Die dadurch geschaffenen Konstrukte unterscheiden sich jedoch zum Teil
erheblich – in Hannover ist das Modell besonders kompliziert: Von der
Kapitalgesellschaft ist Kind Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer.
Weil dort aber nach den Verbandsstatuten der Verein das Sagen haben muss,
hat der Verein die Hannover 96 Management GmbH geschaffen, die in der
Kapitalgesellschaft über die Geschäftsführung entscheiden darf.
Auf dieser Basis befand der Verein, Kind „aus wichtigen Gründen“ abberufen
zu dürfen. Kind berief sich jedoch darauf, dass nur der Aufsichtsrat den
Geschäftsführer bestellen und abberufen dürfe. Offenbar folgte das Gericht
Kinds Argumentation, eine Urteilsbegründung gab das Gericht am Dienstag
jedenfalls nicht ab. Die solle in den kommenden Wochen den beiden Parteien
schriftlich zugesandt werden.
## Das Kapital hat das letzte Wort
Es ist schon der zweite Erfolg Kinds in dieser Sache: Unmittelbar nach
seiner Abberufung stellte er einen Eilantrag am Landgericht gegen die
Entscheidung. Dem wurde stattgegeben, sodass Kind vorerst weiter seinen
Posten ausfüllen konnte. Nun kann er ihn langfristig behalten.
Unumstritten ist, dass mit dieser Gerichtsentscheidung die 50+1-Regel nun
zur Disposition steht. Diese spielte zwar vor Gericht keine Rolle, da es
Teil einer Verbandssatzung ist, doch faktisch ist mit dem Urteil die Regel
bei Hannover 96 außer Kraft gesetzt – der Verein hat nicht mehr das letzte
Wort in der ausgegliederten Profiabteilung, sondern die Kapitalseite. Genau
das wollen weder der Verein noch die Deutsche Fußball-Liga (DFL), die auf
die Einhaltung der Verbandsregel pocht.
Martin Kind kümmert das wenig: „Das Unternehmensrecht ist höher einzuordnen
als das Verbandsrecht“, gab er nach der Entscheidung bekannt. Anders
ausgedrückt: 50+1 hat keine Rolle mehr zu spielen.
12 Oct 2022
## AUTOREN
André Zuschlag
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50+1-Regel
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