Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Iran sanktioniert europäische Medien: Teheraner Drohgebärde
> Iran setzt europäische Journalist*innen auf eine Sanktionsliste –
> auch die Farsi-Redaktion der Deutschen Welle. Doch die gibt sich
> unbeeindruckt.
Bild: Protest in Teheran Anfang Oktober
Berlin taz | Die Regierung im Iran verhängt Sanktionen gegen eine Reihe von
europäischen Journalist*innen. Auf der Sanktionsliste, die das
iranische Außenministerium am Mittwoch veröffentlichte, steht unter anderen
die Farsi-Redaktion der Deutschen Welle. Außerdem erwähnt wird die
Farsi-Redaktion des französischen Senders Radio France Internationale.
Ferner die Chefredakteur*innen der Bild und Bild am Sonntag, Johannes
Boie und Alexandra Würzbach. Auch Politiker*innen, Organisationen und
Unternehmen sind gelistet. Iran wirft ihnen „Unterstützung von Terrorismus“
vor.
Wer auf der Liste steht, kann mit Einreisesperren belegt werden. Seine oder
ihre Konten im Iran können zudem eingefroren werden. Der Schritt lässt sich
als Reaktion auf die EU-Sanktionen gegen Iran interpretieren. [1][Die
EU-Außenminister*innen hatten zuletzt Sanktionen gegen elf Verantwortliche
der Regierung sowie gegen vier Regierungsorganisationen verhängt]. Die
deutsche Außenministerin Baerbock hatte noch am Mittwoch gedroht, diese
auszuweiten.
Die Leiterin der Farsi-Redaktion der Deutschen Welle, Yalda Zarbakhch,
kommentierte auf Twitter: „Das wird uns nicht abhalten, weiter unseren
wichtigen Job als Journalist*innen zu erfüllen. Weiter über
#IranProtests2022 zu berichten.“
Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, erklärte: „Das Regime im
Iran bedroht bereits seit längerer Zeit unsere Kolleginnen und Kollegen in
der Farsi-Redaktion und ihre Familien. Das ist nicht hinnehmbar. Ich
erwarte, dass die Politik in Deutschland und Europa den Druck auf das
Regime erhöht.“
Die Deutsche Welle nimmt an, dass ihre Berichterstattung auf Farsi aktuell
im Iran verstärkt konsumiert wird. „Unsere Nutzerzahlen sind seit Beginn
der Proteste noch einmal deutlich gestiegen“, sagt Unternehmenssprecher
Christoph Jumpelt gegenüber der taz, „obwohl die redaktionellen Inhalte der
DW vom iranischen Regime schon sehr lange blockiert werden.“ Gerade die
jüngere Generation im Iran sei technisch sehr versiert, Tools zum Umgehen
[2][der Zensur] würden dort stark genutzt. „Der gesamte Traffic im Iran ist
trotz der Shutdowns angestiegen.“
Jumpelt sagt, die Sanktionsdrohung ändere nichts an der Arbeit der
Farsi-Redaktion. „Die Verweigerung von Visa für Journalisten ist eine
Einschränkung der Berichterstattung, wird aber in der aktuellen Situation
nichts ändern. Wir können trotzdem sehr umfänglich über die Entwicklungen
im Iran berichten.“ Die Deutsche Welle betreibt ein Nachrichtenprogramm mit
der iranischen Amtssprache Farsi. Dieses ist im Netz über die Webseite
dw.com sowie in sozialen Medien zu empfangen. Die Redaktion arbeitet aus
Bonn und Berlin.
„Es handelt sich um eine Drohgebärde“, sagt Christian Mihr, Geschäftsfüh…
von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, über die Sanktionsliste, „einen
symbolischen Schritt, der vor allem bei Journalistinnen und Journalisten
mit iranischem Hintergrund die Verunsicherung verstärken dürfte –
insbesondere mit Blick auf deren Angehörige im Land.“ Welche praktischen
Auswirkungen die Sanktionen für die Einzelnen haben, bleibe abzuwarten,
sagt Mihr. „Gegenwärtig sind unserer Kenntnis nach keine Journalistinnen
und Journalisten unmittelbar betroffen, die sich im Land befinden. Auch
wenn schon jetzt 43 Journalistinnen und Journalisten im Iran inhaftiert
sind.“
Mihr glaubt, dass die iranische Regierung sich durch die Berichterstattung
über Proteste und Repressionen in die Ecke gedrängt fühlt. „Nach allem, was
ich höre, droht dem Regime die Situation zu entgleiten. Aus der Regimesicht
trägt die Berichterstattung dazu bei, die Proteste anzustacheln.“ Spannend
sei nun, wie die EU-Staaten auf die Sanktionsdrohung reagierten.
Bild-Chefredakteur Johannes Boie sprach auf Twitter vom „Terrorstaat Iran“.
„Die Angst vor freier Presse und die Wut über unsere Iran-Berichterstattung
muss grenzenlos sein“, schrieb Boie.
Die persischsprachige Redaktion von Radio France Internationale erklärte
unterdessen: Das Regime mache es schon seit Jahren praktisch unmöglich, aus
dem Iran zu berichten – die Sanktionsliste ändere nichts.
27 Oct 2022
## LINKS
[1] /Treffen-der-EU-Aussenminister/!5885487
[2] /Iranische-Tarnfirmen-in-Deutschland/!5885984
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Proteste in Iran
Schwerpunkt Pressefreiheit
Deutsche Welle
Schwerpunkt Iran
Proteste in Iran
Schwerpunkt Pressefreiheit
Proteste in Iran
Proteste in Iran
IS-Terror
Proteste in Iran
Proteste in Iran
## ARTIKEL ZUM THEMA
Deutsche Kulturinstitutionen zum Iran: Wo bleibt die Debatte?
Journalistenverbände haben sich nach Drohungen des Iran gegen deutsche
Journalisten klar positioniert. Wo bleibt die Haltung der
Kulturinstitutionen?
Einschüchterung von DW-Mitarbeitern: Iran droht deutschen Journalisten
Nach Drohungen gegen Redakteure der Deutschen Welle fordert der DJV die
Einbestellung des iranischen Botschafters.
Journalist über Medien in Iran: „Besorgniserregende Berichte“
Journalist*innen in Iran werden zensiert, verhaftet, gefoltert. Sherif
Mansour von der Presserechts-NGO CPJ fordert internationale Untersuchungen.
Protestbewegung in Iran: Die Alternative ist da
Immer wieder stößt unsere Autorin in der Berichterstattung über Iran auf
Narrative des islamischen Regimes. Mit diesen, findet sie, gehört
aufgeräumt.
Proteste und Terror in Iran: Tote bei Anschlag in Schiras
40 Tage nach dem Tod von Jina Mahsa demonstrierten am Mittwoch tausende
Menschen. Bei einem mutmaßlichen Terroranschlag starben 15 Menschen.
Proteste in Iran: Festgenommenen droht Todesstrafe
In Teheran sind mehr als 300 Personen angeklagt worden, doch die Proteste
an der Scharif-Uni gehen weiter. Studierende wehren sich gegen
Geschlechtertrennung.
Treffen der EU-Außenminister: EU verhängt Sanktionen gegen Iran
Mehrere Organisationen des Regimes sind auf die Sanktionsliste gesetzt
worden. Auch die Kamikazedrohnen von Russland waren Thema.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.