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# taz.de -- Kampf gegen Racial Profiling: Anwalt der Entrechteten
> Biplab Basu kämpft gegen rassistische Diskriminierung. Nun hat der
> Mitbegründer der Beratungsstelle ReachOut ein bemerkenswertes Urteil
> erstritten.
Bild: Biplab Basu, nicht nur bei Racial Profling immer am Ball
Berlin taz | Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, lässt Biplab Basu
nicht locker. Fragt man den 71-Jährigen selbst, sagt er: „Ich verstehe mich
als Advokat rassistisch entrechteter und diskriminierter Menschen.“ Seit
Jahrzehnten kämpft Basu [1][in Berlin gegen rassistische Polizeigewalt],
wobei er Gewalt nicht nur körperlich definiert. Nun hat der kleine Mann mit
dem weißen Haarkranz [2][beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) ein bemerkenswertes Urteil erstritten.]
Der Vorfall hatte sich bereits 2012 ereignet. Basu war mit seiner
17-jährigen Tochter eigenen Angaben zufolge auf dem Weg von Prag nach
Dresden, als sie im Zug als einzige der Fahrgäste von Bundespolizisten
kontrolliert wurden. Auf Nachfrage habe es geheißen, es handele sich um
eine Stichproben-Kontrolle gegen „illegale Einwanderung“, sagt Basu. Er und
seine Tochter hätten keinerlei Anlass gegeben, für Kriminelle gehalten zu
werden. Die Bundespolizisten hätten sie aus rassistischen Gründen
kontrolliert und kriminalisiert.
Vorwürfe von polizeilichem Racial Profiling seien so schwerwiegend, dass
sie unabhängig untersucht werden müssen. Zu diesem Schluss kam der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg in einem
Verfahren, das Basu angestrengt hatte (siehe Spalte). Der EGMR habe sich
zwar nur am Rande mit Racial Profling auseinandergesetzt, sagt Basu, „aber
das Urteil macht Mut, sich weiterhin gegen diese illegale Polizeipraxis zu
wehren“.
## Für viele ein rotes Tuch
Basu ist stadtweit längst eine bekannte Figur im Kampf für die Rechte von
nichtweißen Menschen und gegen institutionalisierten Rassismus. Wegen
seiner eindeutigen Parteinahme für die Betroffenen und seiner radikalen
Kritik an Polizei und Justiz ist er für viele Behördenvertreter ein rotes
Tuch. Der gebürtige Inder kam 1979 kam nach Berlin, hat in Kalkutta und
Berlin Geschichte studiert. In den 90ern war er Teil der „Antirassistischen
Initiative“. 2001 gründet der Vater zweier Kinder mit Mitstreiter*innen
zuerst die Beratungsstelle ReachOut, ein Jahr später die Kampagne für die
Opfer rassistischer Polizeigewalt KOP.
Eigentlich sei er ein Fundamentalkritiker der Polizei, sagt Basu. „Das ist
eine Institution, die Gewalt verkörpert und abgeschafft gehört.“ Viele
Menschen, die bei ReachOut und KOP Rat suchten, teilten diese
Fundamentalkritik nicht, „aber sie wollen, dass die Polizei Rechenschaft
ablegt und Respekt zeigt“.
[3][ReachOut und KOP] beraten ihre Klienten über rechtliche Möglichkeiten,
besorgen Anwälte, haben einen Rechtshilfefonds gegründet, über den diese,
wenn Betroffene kein Geld haben, bezahlt werden können. Oft geht Basu als
„moralische Stütze“, wie er sagt, mit zu Gerichtsterminen, wo allzu häufig
– so seine Erfahrung – den Polizist*innen beziehungsweise der „weißen“
Seite, selten hingegen den Opfern geglaubt wird.
Das Recht, als Beobachter von ReachOut im Prozess mitschreiben zu dürfen –
so wie es Journalisten erlaubt ist –, müsse immer wieder neu erkämpft
werden, sagt Basu. Er verweise dann immer auf eine Entscheidung des BGH von
1982, die er aufgespürt habe. Darin stehe, dass auch Zuschauer im
Gerichtssaal einen Stift benutzen dürfen.
## Freundlich, aber hart in der Sache
Dass sein Glauben an den Rechtsstaat und die „Blindheit“ von Justizia nicht
groß ist, zeigen Basus oft scharfe Statements. Im Einzelgespräch auch mit
Behördenvertretern sei er immer freundlich und höflich, sagt Basu. Aber
wenn er auf Podien sitze, sei er „hart in der Sache“ und verwende durchaus
auch Begriffe wie „Lügner“, wenn die Polizei mal wieder alles abstreite.
Das Wort „Bulle“ indes benutze er nie, betont Basu. „Ich bleibe sachlich.…
Bislang sei das verbotene Racial Profling von den Gerichten immer als
Einzelfall abgetan worden, stellt Basu fest. [4][Sein Ziel sei, das zu
ändern. Voraussetzung sei aber, einen Kläger zu finden, der die Geduld und
Energie für den langen Marsch durch die Verwaltungsgerichtsinstanzen hat].
Nicht alle Menschen sind halt so hartnäckig wie Basu.
20 Oct 2022
## LINKS
[1] /Bodycams-versus-Smartphones/!5865891
[2] /Beschwerde-gegen-Racial-Profiling/!5889571
[3] /Rassistische-Polizeigewalt-in-Berlin/!5842151
[4] /Racial-Profiling-im-Goerlitzer-Park/!5885773
## AUTOREN
Susanne Memarnia
Plutonia Plarre
## TAGS
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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