| # taz.de -- Schlingensief-Projekt in Hamburg: Obdachlosenprojekt bald obdachlos | |
| > Nach 25 Jahren steht die selbstverwaltetete „Mission“ vor dem Aus. Die | |
| > Stadt hat den Mietvertrag gekündigt. | |
| Bild: Nicht nur ein Ort der Wärme: Obdachlose essen 1998 während einer Schlin… | |
| Hamburg taz | 25 Jahre nach seiner Gründung steht das selbstverwaltete | |
| [1][Hamburger Wohnungslosenprojekt] „Die Mission“ vor dem Aus. Die Stadt | |
| hat den Mietvertrag mit dem Projekt gekündigt. Fünfzehn Jahre lang hatte | |
| die Stadt der „Mission“ die Räumlichkeiten in der Neustädter Straße 31b … | |
| Verfügung gestellt, nur einige Hundert Meter vom Rathaus entfernt. | |
| Das alte Backsteingebäude, in dem sich neben der Mission auch die | |
| Notunterkunft „Pik As“ befindet, soll nun umfassend modernisiert werden. | |
| Während die Stadt für das „Pik As“ bis zum Abschluss der Bauarbeiten Ersa… | |
| organisiert, gibt es für die „Mission“ bislang keine Perspektive. | |
| Initiiert wurde das Projekt 1997 vom Regisseur und Aktionskünstler | |
| Christoph Schlingensief im Anschluss an eine Aufführung im Deutschen | |
| Schauspielhaus als „Bahnhofsmission“. Mitsamt Ensemble zog Schlingensief | |
| für sieben Tage unter dem Motto „Passion Impossible – 7 Tage Notruf für | |
| Deutschland“ in eine dem Hauptbahnhof gegenüber gelegene geräumte | |
| Polizeiwache. Die Aktion sollte einen Treffpunkt der Extreme schaffen, | |
| einen Raum, in dem sich Arm und Reich begegnen, der die Grenzen | |
| verschwimmen lässt. | |
| Bei der experimentellen Kunstaktion beteiligten sich die Bedürftigen selbst | |
| wenig, dennoch ging aus dem Projekt der Verein „Die Mission – künstlerische | |
| Maßnahmen gegen die Kälte“ hervor, der seither in einem Raum in der | |
| Kaiser-Wilhelm-Straße selbstverwaltet warme Getränke, Essen, einen warmen | |
| [2][Aufenthaltsraum und Treffpunkt für Obdachlose] anbot. | |
| ## Begegnungsraum für Arm und Reich | |
| Die Verbindung zu den Wurzeln, dem Kunstprojekt, blieb bestehen: Mit Kunst, | |
| Kultur und Veranstaltungen gestaltete die „Mission“ einen Begegnungsraum | |
| für Arm und Reich. Die Organisation des Vereins übernahmen in der Folge | |
| Menschen, die selbst wohnungslos sind, die Mission wurde als einziges | |
| selbstverwaltetes Projekt der Stadt, das auch spät noch offen war, zu einer | |
| wichtigen Einrichtung für obdachlose Menschen in Hamburg. | |
| Flohmärkte, Konzerte und Theateraufführungen des Schauspielhaus-Ensembles | |
| gab es in der „Mission“, die Veranstaltungen schafften Begegnungen zwischen | |
| Menschen, unabhängig von ihrer Position im gesellschaftlichen Gefüge. Die | |
| Mission etablierte sich als Hilfs- und Kulturangebot. | |
| 2003 gab es einen ersten Rückschlag. Weil die Räume in der | |
| Kaiser-Wilhelm-Straße mit großem Schaufenster zum Gehweg keine | |
| ausreichenden Fluchtwege bieten können, durfte der Verein keine größeren | |
| Veranstaltungen mehr austragen. Auch die dringend benötigte Unterstützung | |
| der Kulturbehörde blieb ohne Konzerte aus. | |
| Ohne die großen Veranstaltungen änderte sich auch die Ausrichtung der | |
| „Mission“, nur wenige Nichtobdachlose fanden noch den Weg in die | |
| Räumlichkeiten des Vereins. „Momentan sind wir nur noch Suppe“, sagte | |
| „Missions“-Chef Andrew Saathoff gegenüber dem Straßenmagazin Hinz&Kunzt. | |
| Das Fortbestehen des Projekts stand auf der Kippe. | |
| ## Eine Lösung wollen Sozialbehörde und Bezirksamt noch finden | |
| Doch die „Mission“ gab nicht auf. 2007 ließ die Stadt den Vertrag in der | |
| Kaiser-Wilhelm-Straße auslaufen. Heute bietet ein Friseursalon an dieser | |
| Stelle einen Kurzhaarschnitt ab 44 Euro an. Das Obdachlosenprojekt konnte | |
| in letzter Sekunde in das Gebäude in der Neustädter Straße ziehen, so wird | |
| das selbstverwaltete Hilfsangebot Nachbar der großen Notunterkunft „Pik | |
| As“. | |
| In zweiter Reihe und neben dem „Pik As“ gelegen, kamen dort zwar weniger | |
| spontane Besucher:innen vorbei, dafür konnten in den neuen Räumen | |
| wieder Veranstaltungen stattfinden, die das Fortbestehen der Mission | |
| sicherten. | |
| Ende September 2022 öffnete die „Mission“ zum vorerst letzten Mal ihre | |
| Türen. „Schon länger ist grundsätzlich vorgesehen, dass das ‚Pik As‘ im | |
| Rahmen von Bauarbeiten ertüchtigt und modernisiert wird – und in diesem | |
| Zuge werden die Räumlichkeiten für die Mission nicht mehr zur Verfügung | |
| stehen“, teilt die Sozialbehörde auf taz-Anfrage mit. | |
| Damit steht die „Mission“ [3][endgültig vor der Obdachlosigkeit.] Die | |
| Sozialbehörde und der Bezirk Mitte seien im Gespräch, eine Lösung für das | |
| Fortbestehen solle gefunden werden, so die Sozialbehörde. Warum das nicht | |
| bereits im Vorfeld geschehen ist – die Sanierung sei laut der Stadt schon | |
| länger geplant –, kann die Sozialbehörde nicht beantworten. | |
| 19 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Niklas Berger | |
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