# taz.de -- Wie sich eine Querfront bildet: Rechte kapern Friedensdemo | |
> Rechte marschieren bei Friedensdemos mit und gewinnen so Akzeptanz. Die | |
> Veranstalter*innen versäumen, sich zu distanzieren – wie zuletzt in | |
> Hamburg. | |
Bild: Viele Fahnen, darunter auch welche von Rechten: Friedensdemo am 1. Oktobe… | |
„Gemeinsam für den Frieden. Diplomatie statt Waffen – Wirtschaftskrieg | |
beenden“, stand auf einem weißen Transparent in schwarz-roten Lettern. Wer | |
diese Botschaft in am 1. Oktober in Hamburg vor sich her trug, war auf dem | |
Transparent selbst zu lesen: „die Basis“. Das Organisationsteam des | |
„dezentralen bundesweiten Aktionstags der Friedensbewegung“ ließ die Partei | |
aus dem Querdenken-Spektrum aber nicht bloß mitlaufen, es begrüßte sie auch | |
offiziell. Kein Wunder: Rechte aus den Querdenken-Demonstrationen waren in | |
die Organisation eingebunden. | |
Vom Altonaer Bahnhof bis zum Fischmarkt lief an jenem Samstag die erste | |
Querfrontdemonstration in der Hansestadt. Die Aktion – vor allem getragen | |
vom Hamburger Forum – könnte die erste gemeinsam organisierte Front von | |
links und rechts gegen den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen in der | |
Bundesrepublik gewesen sein. Zwar waren Rechtsextreme der verschiedensten | |
Parteien und Netzwerke schon [1][in anderen Städten zu Demonstrationen | |
gekommen], die von linken Personen wegen der steigenden Lebensmittel- und | |
Energiepreise organisiert worden ware, sie hatten diese aber nicht | |
mitorganisiert. | |
Am 17. September hatten Kommunalpolitiker der Linken in Brandenburg an der | |
Havel zu einer Demonstration aufgerufen, zu der eine große Zahl Rechter | |
kam. Die Veranstalter versäumten es, sich schnell zu distanzieren. Am 1. | |
Oktober in Berlin versuchten Teilnehmende der rechtsdominierten | |
„Handwerker-Demo“ sich in die linke Friedensdemonstration einzureihen. | |
Teilweise wurden sie begrüßt, teilweise hinausgedrängt, wie Der Spiegel | |
berichtet. Inwieweit hier von Querfrontaktionen ausgegangen werden sollte, | |
ist zu diskutieren. Vielleicht ist es angemessener, von einem Kapern der | |
linken Aktionen zu sprechen. | |
In der Geschichte der sozialen Proteste nach 1945 sind [2][solche Versuche | |
nicht neu]. Die Friedens- und Ökologiebewegung musste sich immer mit | |
rechtsextremen Akteur*innen auseinandersetzen. Die Rechtsextremen | |
greifen die Themen nicht auf, weil sie gerade aktuell sind, sondern weil | |
die Themen auch ihre Themen sind. Instrumentell ist nur ihr Versuch, durch | |
die Adaption von linken Termini, Codes, Symbolen und Styles [3][Akzeptanz | |
zu gewinnen]. Diese Strategie nennen Regina Wamper, Helmut Kellershohn und | |
Martin Dietzsch „rechte Diskurspiraterien“. Die Autor*innen des | |
Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung betonen, dass diese | |
Entwendung nicht ohne die Vermittlung der eigenen Traditionen geschehe. | |
## Die Linke zieht eine Grenze | |
In der linken Szene an der Elbe war schon befürchtet worden, dass es zu | |
einer Querfront kommen könnte. Bereits im Februar hatte eine „offene | |
Plattform“ stattgefunden, auf der sich unter anderem Teile von Attac | |
Hamburg und der Linken mit Verantwortlichen der Querdenken-Proteste | |
austauschten. | |
[4][Die Landessprecher*innen der Linken], Sabine Ritter und Thomas | |
Iwan, ziehen demgegenüber eine klare Grenze: „Wir müssen uns der | |
Eskalationsspirale in der Ukraine entgegenstellen und gegen Aufrüstung auf | |
die Straße gehen“, sagten sie der taz. Verschwörungsideologen und Rechte | |
dürften jedoch niemals Bündnispartner sein. Das Gleiche gelte für Leute, | |
die den Überfall Russlands auf die Ukraine entschuldigten oder gar | |
russische Kriegspropaganda verbreiteten. Ritter und Iwan betonen: „Jede | |
Form einer Querfront ist das Gegenteil von linker, antifaschistischer | |
Politik und für Hamburgs Linke untragbar.“ | |
6 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Sozialproteste-in-Berlin/!5876518 | |
[2] /Rechtsextreme-Montagsdemos/!5882340 | |
[3] /Rechte-Proteste-wegen-Preissteigerungen/!5876599 | |
[4] /Linken-Landesparteitag-in-Hamburg/!5881124 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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