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# taz.de -- Straßenumbenennung in Bremen: Straße ohne Kriegsverherrlichung
> Vor 85 Jahren wurde die Bremer Langemarckstraße von den Nazis nach einem
> militaristischen Mythos benannt. Nun will eine Initiative den Namen
> ändern.
Bild: Ort der Zerstörung: Langemarck nach dem Ersten Weltkrieg
Dass Nationalsozialist*innen keine geeigneten Namensgeber*innen für
Straßen sind, darin sind sich inzwischen viele in Bremen einig: [1][So
verlor im vergangenen Jahr die Hinrich-Wriede-Straße ihren bisherigen
Namen] – Wriede war überzeugter Nazi. Und wenn es nach der Bremer
Georg-Elser-Initiative geht, soll nun eine weitere Straße, deren Name eine
Nazivergangenheit anhaftet, umbenannt werden.
Die Langemarckstraße ist eine der zentralen Straßen, die von der Bremer
Neustadt ins Stadtzentrum führen. Im November 1937 benannten die Nazis sie
nach Langemarck um. Der Grund: Langemarck ist ein Ort in Belgien, an dem im
Ersten Weltkrieg verlustreiche Kämpfe stattfanden, bei denen besonders
viele junge Menschen ums Leben kamen.
Diese Schlacht wurde im Nachhinein [2][durch die Nazis glorifiziert.]
Besonders junge Menschen sollten durch den sogenannten „Langemarck-Mythos“
für den Krieg begeistert und davon überzeugt werden, sich freiwillig für
ihr Vaterland zu opfern.
Laut Jürgen Maly von der Georg-Elser-Initiative hatte es vor 20 Jahren
bereits einen Versuch gegeben, die Straße umzubenennen – ohne Erfolg. Der
Versuch endete in einem Kompromiss: Es sollte eine Tafel aufgestellt
werden, die über den kriegsverherrlichenden Mythos von Langemarck
aufklärte.
## Russische Kriegspropaganda als Grund für neuen Anlauf
Grund für den neuen Anlauf ist laut Maly der Krieg in der Ukraine und die
russische Propaganda, mit der der Krieg gerechtfertigt werde. „Mit der
Behauptung, es seien alles Nazis in der Ukraine, wird argumentiert, dass
eine sogenannte Spezialoperation durchgeführt werden müsse, um das Land zu
befreien“, sagt er. Es werde deutlich, dass kriegsverherrlichende Mythen
nicht geduldet werden dürfen.
Ingo Mose, grüner Beiratssprecher des Beirats Neustadt, steht bereits in
Kontakt mit der Initiative. Der Beirat kann sich für eine Umbenennung der
Straße aussprechen. Anschließend braucht es ein
geschichtswissenschaftliches Gutachten, ehe der Bremer Senat eine
Umbenennung beschließen kann.
Mose hat große Sympathie für den Vorschlag der Initiative: „Ich finde das
eine tolle Idee.“ Natürlich solle der Name Langemarck nicht vergessen
werden und eine Mahnung dafür bleiben, wie viele junge Leute in den Krieg
geschickt wurden. „Aber dafür muss die Straße nicht so heißen.“ Dafür g…
es den Denkort, ein ehemaliges Denkmal für die Langemarck-Schlacht, das im
vergangenen Jahr zu einem Friedensdenkmal umgewandelt wurde.
Um die Anwohner*innen über die geplante Umbenennung zu informieren und
mit ihnen ins Gespräch zu kommen, hatte die Initiative im Gebiet der
Langemarckstraße kürzlich knapp 8.000 Informationsbroschüren verteilt.
Darauf hat die Initiative auch schon Rückmeldungen erhalten: „Die
Reaktionen reichen von absoluter Zustimmung und Menschen, die spenden und
Mitglieder werden wollen, bis hin zu beleidigenden E-Mails“, sagt Maly.
## Erinnerung an Georg Elser
Geht es nach der Initiative heißt die Langemarckstraße künftig
Georg-Elser-Allee. Die Initiative hat es sich seit 1998 zur Aufgabe
gesetzt, die Erinnerung an den Hitler-Attentäter wachzuhalten, der 1939 im
Münchener Bürgerbräukeller eine Bombe zündete. Adolf Hitler entkam dem
Attentat nur knapp, weil er den Ort entgegen der Planung wenige Minuten
früher verließ.
Auch bleibt Maly bei dem Argument, durch eine Straßenumbenennung würde die
Geschichte in Vergessenheit geraten, gelassen. „Ich möchte lieber positiv
an Georg Elser erinnern, eine Person, die Mut und Zivilcourage gezeigt hat,
als an Kriegsverherrlichung“, sagt er. Zudem werde die Benennung nach
Langemarck nicht vergessen: Die Informationstafel soll bestehen bleiben,
eine weitere über Georg Elser hinzukommen.
Eine Hürde auf dem Weg zur Umbenennung [3][könnten die Anwohner*innen
werden], die sich über Schwierigkeiten durch eine Straßenumbenennung
beschweren. Um potenziell entstehende Kosten durch Änderungen von
Briefbögen, das Informieren der Krankenkassen oder ähnliches abzudecken,
habe die Initiative laut Maly allerdings bereits Spenden gesammelt,
mithilfe derer diese Kosten erstattet werden sollen.
Vergangene Woche hatte die Georg-Elser-Initiative ihren Antrag beim Beirat
eingereicht, Mitte Oktober soll er dort besprochen werden. Dort rechnet die
Initiative mit Zustimmung: Beiratsmitglieder der Linken, der SPD, der
Grünen und der CDU hätten sich dem Vorhaben gegenüber schon positiv
geäußert.
Mit der Umbenennung der Langemarckstraße wäre Bremen nicht die erste Stadt:
Im vergangenen Jahr wurde in Augsburg eine Langemarckstraße umbenannt, in
Erlangen fordert die Klimaliste im Stadtrat die Umbenennung des örtlichen
Langemarckplatzes.
19 Sep 2022
## LINKS
[1] /Strassenumbenennung-in-Bremen/!5767902
[2] /Streit-um-Strassenumbenennung-in-Hannover/!5855122
[3] /Strassenumbenennung-in-Berlin-Mitte/!5781355
## AUTOREN
Emma Rotermund
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