| # taz.de -- Fretterode-Prozess: Elektronische Geräte beschlagnahmt | |
| > Ein auf Rechtsextremismus spezialisierter Journalist soll sich 2021 an | |
| > einer Banneraktion beteiligt haben. Nun wurde er von der Polizei | |
| > durchsucht. | |
| Bild: Die zwei Angeklagten im „Fretterode-Prozess“ vor dem Landgericht Müh… | |
| Am Dienstagmorgen klingelte es bei einem Journalisten, der sich | |
| hauptsächlich mit Rechtsextremismus beschäftigt. Aus Sicherheitsgründen | |
| möchte er anonym bleiben. An der Tür standen fünf Zivilpolizist*innen | |
| mit einem Durchsuchungsbeschluss, angeordnet vom Amtsgericht Mühlhausen, | |
| erzählt der Betroffene am Telefon. Mitgenommen wurden alle möglichen | |
| elektronischen Geräte. Vorgeworfen wird ihm ein Verstoß gegen das | |
| Kunsturheberrechtsgesetz und die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes. | |
| Er soll sich am 28. April 2021 an einer Banneraktion beteiligt haben. | |
| Am Ortseingang von Hohengandern, einem Dorf in Thüringen, hatten Unbekannte | |
| mehrere Bauzäune mit Bannern aufgestellt. Groß waren die Konterfeis zweier | |
| Neonazis zu sehen. „Drei Jahre kein Prozess“ und „Tatort Fretterode“ st… | |
| darauf. Ein anderes Bild zeigte einen der beiden, wie er mit einem | |
| Schraubenschlüssel in der Hand vermummt auf die Kamera zustürmt. Die | |
| Neonazis Nordulf H. und Gianluca B. [1][sollen 2018 zwei andere | |
| investigative Journalisten], die Aktivitäten am Haus der NPD-Größe Thorsten | |
| Heise dokumentierten, mit einem Auto gejagt, bewaffnet angegriffen, zum | |
| Teil schwer verletzt und eine Kamera geraubt haben. | |
| Die Attacke sorgte bundesweit für Entsetzen – weil sie ein brutaler | |
| [2][Angriff auf die Pressefreiheit] war. Dreieinhalb Jahre nach der Tat | |
| begann der Prozess. Nach Aussage eines Beamten wird mittlerweile | |
| polizeiintern ermittelt. Am Donnerstag soll in Mühlhausen ein Urteil gegen | |
| die Neonazis verkündet werden. | |
| Antifaschist*innen starteten mit der Banneraktion eine | |
| öffentlichkeitswirksame Kampagne. „Ich war definitiv nicht vor Ort und | |
| hätte das beweisen können, hätte man mich gefragt“, so der nun betroffene | |
| Journalist gegenüber der taz. Der Zusammenhang zwischen den beiden Fällen | |
| besteht unter anderem darin, dass der nun Beschuldigte 2018 Bilder des | |
| zerstörten Autos der Journalisten machte. Unweit der Banner wurde 2021 ein | |
| Telefon gefunden und ihm zugeordnet. | |
| „Der Durchsuchungsbeschluss enthält trotz Kenntnis der journalistischen | |
| Tätigkeit keinerlei Abwägung mit dem Recht der freien Presse insbesondere | |
| auf investigative Tätigkeit“, sagt der [3][Rechtsanwalt Sven Adam], der den | |
| Journalisten vertritt. Es bleibe zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft die | |
| Geräte wieder herausgebe und die Adresse des Journalisten schütze, so Adam | |
| weiter, der Widerspruch gegen die Maßnahmen eingelegt hat. Die | |
| Staatsanwaltschaft stand bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme | |
| zur Verfügung. | |
| 14 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Trammer | |
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