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# taz.de -- Krisenproteste von links: Ohne Despoten und fossile Energien
> Die gesellschaftliche Linke will mit der soziale Frage durchdringen.
> Dafür aber muss sie aber mehr anbieten als ein Zurück zum Status quo.
Bild: Nicht jede Position auf linken Demos ist eine linke
In Berlin und bundesweit bemühen sich Linke, die mit der Inflation und
Energiekrise wieder [1][virulent gewordene soziale Frage auf die Straße zu
tragen] und allen Gebeutelten dieser Krise ein demokratisches
Protestangebot zu machen. Ohne Zweifel, die Notwendigkeit dafür ist groß.
Die Ampelkoalition im Bund hat keine zufriedenstellenden Antworten darauf,
den Zumutungen zu begegnen, die die Preissteigerungen für Gering- und
Normalverdienende bedeuten. [2][Daran ändert auch ihr drittes
Entlastungspaket nichts], das für die einzelnen nicht mehr als ein paar
Almosen übrig hat.
Schon gar nicht hat die regierende Politik eine Vorstellung davon, wo und
wie das System grundsätzlich neu justiert werden muss, damit nicht jede
Krise von Neuem dazu führt, dass die Mehrheit der Gesellschaft zahlt,
während die Reichen noch reicher werden und Konzerne entweder besonders
absahnen oder gerettet werden müssen.
Es ist also an den Linken, diese Missstände zu thematisieren, Forderungen
für wirksame Sozialpolitik stark zu machen und das Bild einer gerechteren
Zukunft zu zeichnen. Eine, in der man nicht abhängig von Despoten oder
fossilen Energien ist und in denen alle Bereiche der Grundversorgung –
Energie, Wohnen, Mobilität, Gesundheit – nicht mehr privat und damit
gewinnmaximierend organisiert sind. All das wäre zugleich die richtige
Antwort auf [3][rechtspopulistische Untergangsphantasien] und deren
[4][populistischen Pseudo-Antworten].
## Zukunfsvisionen formulieren
Für alternative Ideen birgt jede Krise auch Chancen, auch wenn das zynisch
ist. Doch diese Erkenntnis ist in der gesellschaftlichen Linken keineswegs
überall angekommen. Dass nach der Kundgebung, die das neue [5][Berliner
Protestbündnis „Heizung, Brot und Frieden“] am Montag vor der
Parteizentrale der Grünen organisierte, kaum über deren soziale Forderungen
gesprochen wurde, sondern über deren Verhältnis zu Russland, ist eine
selbstverschuldete Niederlage. Solange Organisator:innen und
Teilnehmer:innen einen Stopp der Russland-Sanktionen oder die Öffnung
von Nord-Stream 2 fordern, können die eigentlich wichtigen Forderungen
nicht durchdringen.
Das Problem dabei ist nicht nur, dass man sich für die Gegner:innen
echter Sozialpolitik angreifbar macht, sondern vor allem, dass eine damit
geforderte Rückkehr zum Vorkriegs-Status quo keine linke Krisenantwort sein
kann. Weder die Abhängigkeit vom russischen Gas und die damit verbundene
Klimazerstörung, noch der Pakt mit Menschenfeinden wie Putin sind
Perspektiven, die überzeugen und zukunftsorientiert sind. Auch sind es
genau die Positionen, die sich von rechts am schwersten abgrenzen lassen.
Dass zumindest ein paar Antifas bekannte Anhänger:innen rechtsoffener
Schwurbelei von der Kundgebung fernhielten, ist zumindest eine positive
Nachricht. Eine linke Krisenantwort ist aber auch das nicht. Statt weitere
Positionen zu tolerieren, die nach rechts anschlussfähig sind und sich in
der Russland-Frage, die für deutsche Innenpolitik kaum steuerbar ist, zu
verheddern, sollten Linke die soziale Frage auf die Themen Umverteilung und
Klimagerechtigkeit zuspitzen.
10 Sep 2022
## LINKS
[1] /Mobilisierung-durch-das-rechte-Lager/!5866953
[2] /Entlastungspaket-der-Regierung/!5876308
[3] /Vergessen-das-Mikro-auszuschalten/!5876687
[4] /Rechte-Proteste-wegen-Preissteigerungen/!5876599
[5] /Sozialproteste-in-Berlin/!5876518
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Wochenkommentar
Sozialproteste
Radikale Linke
Klopapier
Energiekrise
Rechtsextremismus
Rechte Szene
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