# taz.de -- Die Kunst der Woche für Berlin: Im Rief'schen Durchlicht | |
> Die Künstlerin Marie Rief reizt die Grenzen von Kopiermaschinen aus. Ihre | |
> Bilder sind Druck und Foto, unendliche Verfielfältigung und Original | |
> zugleich. | |
Bild: Für Serien wie „exhausting 9J24B2Q“ leert Marie Rief Druckerpatronen… | |
Sie kopiert das Licht, oder besser gesagt lichte Stellen, die sich den Weg | |
auf das Papier bahnen. Sei es, weil da doch irgendwo ein kleiner Spalt | |
unter der geschlossenen Abdeckung der Maschine frei bleibt, deren weiße | |
Unterseite womöglich direkt kopiert wird, ohne überhaupt groß etwas auf die | |
Glasplatte zu legen, oder weil sich die Tinte nach ein paar tausend Seiten | |
immer weiter leert und immer weniger die Dunkelheit abbilden kann, die | |
unter der Klappe herrscht. | |
Die Rede ist von Marie Rief, die 2021 in Sibirien das Wasser des Jenissei | |
kopierte, samt des Lichts, das durch das Flusswasser auf die Glasplatte des | |
Kopierers fiel – sie und alle, die Lust hatten, das Wasser in transparenten | |
Plexiglasbehältern vorsichtig in Richtung der technischen Geräte zu | |
balancieren, von denen man doch sonst immer alles Flüssige fernhalten soll. | |
[1][Riefs] neue Ausstellung „identity by repitition“ in den Galerieräumen | |
des Freundeskreis Willy-Brandt-Haus, kurz [2][Fk–WBH], ist allein als Copy | |
Art Ausstellung eine Freude. Es steht ein Kopiergerät bereit, dass man als | |
Besucher_in exzessiv leer kopieren kann, indem man in einen Endlosloop aus | |
Knopfdrücken und das Papier in die dafür vorgesehene Ablage zu legen | |
eintaucht. | |
Doch vor und hinter den Kopierprozessen, bei denen bekanntlich elektrisch | |
geladenes Farbpulver aktiv ist – sagen wir es noch mal, weil es so schön | |
auf der Zunge zergeht: elektrisch geladenes Farbpulver – steht Riefs | |
Erforschung verschiedener fotografischer Verfahren [3][wie der Erstellung | |
von Photogrammen], die in den letzten Jahren dem der Elektrofotografie | |
vorausgegangen ist. Beziehungsweise die hier den Laserdruck noch einmal | |
überschreiben: Das kopierte Blatt, die dem Drucker entrungenen Seiten, die | |
oft aus Transparentpapier bestehen, transferiert Rief noch einmal in | |
analoge Kontaktabzüge auf Baryt. | |
In der Serie „current image“ (2019), überlagern sich dunkel kopierte Seiten | |
genau sechs Mal in immer neuen Bildausschnitten. Und die so erstellte Serie | |
„exhausting 9J24B2Q“ (2020) wechselt noch einmal die Richtung: die Seiten, | |
auf denen sich die Hell-Dunkel-Formationen am ausgespartesten und damit am | |
subtilsten abspielen, sieht man von links nach rechts zuerst, bis sich | |
schließlich fast alles genüsslich verdunkelt. | |
24 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://marierief.com/ | |
[2] https://www.fkwbh.de/ | |
[3] /Ausstellungsempfehlung-fuer-Berlin/!5368309 | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
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