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# taz.de -- Palmöl in Honduras: Die Plantagen sind durstig
> Honduras ist zum drittgrößten Palmöl-Produzenten in Lateinamerika
> aufgestiegen. Das hat seinen Preis: Wasser wird knapper, Pestizidgehalte
> steigen.
Bild: Palmöl-Plantage in Honduras: jede Pflanze saugt pro Tag etwa 4,5 Liter W…
Tornabé taz | Osman López legt die Hand auf das Tor, das den Zugang
versperrt. „Privatbesitz“ steht auf einem Schild, das an den Metallbügeln
des Tors angebracht ist. Darunter „Betreten verboten“. López, ein großer,
kräftiger afrokaribischer Mann, rüttelt genervt, schiebt das Tor auf und
betritt den Feldweg, der auf der linken Seite von ein paar Ölpalmen gesäumt
wird.
Rechts erstrecken sich hochgewachsene, an Zuckerrohr erinnernde Gräser.
„Wir glauben, dass auch diese Fläche so wie hinter dem zweiten Tor, weiter
hinten, wo die Kontrollposten stehen, in Palmölflächen umgewandelt werden
sollen“, meint Osman López. Er ist gewählter Vorstand der [1][Garífuna]
Gemeinde von Tornabé in Honduras, die rund zehn Kilometer von der
Provinzstadt Tela entfernt liegt.
Vor ein paar Jahren hatte diese Gemeinde noch rund 5.500 Einwohner, heute
sind es etwas mehr als 2.700. Grund für die Abwanderung: Emigrationen in
die USA. „Für unsere Leute gibt es hier kaum ökonomische Perspektiven.
Zentraler Grund dafür ist unsere Verdrängung: durch [2][Palmölplantagen],
durch Tourismusprojekte und skrupellose Geschäftsleute, die sich unser Land
unter den Nagel reißen“, klagt López.
Er klagt zu Recht, wie zwei Urteile des Interamerikanischen Gerichtshofs
für Menschenrechte belegen, die den honduranischen Staat zur Rückgabe
verpflichten. Den beiden Urteile zugunsten der Garífuna-Gemeinden Punta
Piedra und Triunfo de la Cruz könnte im Falle von Tornabé und dem
benachbarten San Juan alsbald ein weiteres folgen.
## „Zunehmende Trinkwasserprobleme“
Eine Kommission der höchsten juristischen Instanz der Region wird im
September in Honduras erwartet. Die Regierung der erst im Januar
vereidigten Präsidentin Xiomara Castro könnte die Visite unter Druck
setzen, endlich zu agieren, so hoffen López und Tomás Castillo,
Garífuna-Gemeindeverteter aus Punta Piedra.
Die rund dreihundert Kilometer weiter östlich liegende
5.000-Einwohner-Kleinstadt ist umgeben von endlosen [3][Palmölplantagen].
„Die bringen zwar etwas Arbeit, aber sorgen hier im Dorf für zunehmende
Trinkwasserprobleme“, kritisiert Castillo. „Jede Ölpalme saugt täglich 4,5
Liter Wasser aus dem Untergrund. Die von uns traditionell angebaute
Kokospalme kommt mit 1,5 Liter aus“, rechnet Castillo vor. Er hat sich von
Agrarexperten informieren lassen, koordiniert an dem Küstenstreifen rund um
Punta Piedra die Aufforstung mit Kokospalmen und Bodendeckern, um den
Strand festzuhalten und den spürbaren Effekten des Klimawandels Paroli zu
bieten.
Dazu gehören: weniger Niederschläge und um mindestens 20 Prozent sinkende
Pegelstände bis 2040 in den Flüssen des Landes, so warnt das
Umweltministerium von Honduras. Minister Lucky Mediana, ein 32-jähriger
Forstexperte, hat ein Programm vorgelegt, mit dem eine natürliche Barriere
aus Wald an den Flüssen aufgebaut werden soll.
„Dafür, aber auch für Aufforstungsprojekte stehen 33 Millionen US-Dollar
pro Jahr zur Verfügung“, erklärt er im Konferenzraum seines Ministeriums.
Gespräche mit den großen Palmölproduzenten wie Aceydesa oder der
Corporación Dinant plant er zu führen, um sie zu bewegen, auf andere
weniger durstige Agrarprodukte zu setzen.
## Zweitwichtigstes Exportprodukt von Honduras
Das könnte schwierig werden, denn Honduras gehört längst zu den großen zehn
Palmölproduzenten auf dem Globus. 190.000 Hektar waren bereits 2019 mit
Ölpalmen bepflanzt, die laut der Zentralbank 322,4 Millionen US-Dollar an
Exporterlösen einbrachten. Hinter Kaffee und vor Bananen ist Palmöl 2021
zum zweitwichtigsten Exportprodukt von Honduras aufgestiegen. Seitdem wurde
die Produktion weiter ausgeweitet. Nicht nur im Hinterland der
Karibikküste, sondern auch in der Region im Norden des Landes. Aktuelle
Zahlen sind auf der Homepage des Ministeriums jedoch nicht zu finden. Unter
anderem weil Unterlagen, aber auch Computer und Speichermedien von der im
Januar abgelösten Regierung abtransportiert wurden, so Mitarbeiter von
Ministerien.
Unstrittig ist allerdings, dass Palmöl-Produzenten sich auch in
Nationalparks wie Punta Izopa oder Jeannette Kawas breitgemacht haben.
Letzterer liegt bei Tornabé – und das Tor, welches Osman López heute
geöffnet hat, ist einer der Zugänge zu dem rund 780 Quadratkilometer
großen, für seine Biodiversität bekannten Park.
„Doch zumindest einige hundert Hektar dieses Parks, auf die wir Garífuna
Anspruch erheben, weil er zu den traditionell von uns genutzten Flächen
gehört, ist heute von Ölpalmen bedeckt. Da hinten kann man sie sehen“,
meint Osman López und deutet auf den zweiten Kontrollposten, wo zwei
bewaffnete Männer Wache stehen.
An die traut sich auch der Gemeindevertreter von Tornabé nicht heran. „Wir
Garífuna agieren friedlich, haben die Behörden wiederholt darauf aufmerksam
gemacht und hoffen, dass die neue Regierung nun reagiert“, sagt López.
Minister Lucky Medina hat das angekündigt und bereits Strukturen
geschaffen. Eine Außenstelle seines Ministeriums wurde im Verwaltungsbezirk
Atlántida eingerichtet, wo sich Tornabé befindet.
Zusätzlich wurde eine Abteilung der Armee, das „grüne Bataillon“ mit 2.000
Soldaten zum Schutz von Nationalparks geschaffen. Wann dieses einsatzbereit
ist und ob es auch für die Beseitigung von Palmöl-Plantagen im Nationalpark
Jeannette Kawas eingesetzt werden soll, das ließ der Minister offen. Nur zu
gut weiß er, wie einflussreich die Palmöl-Lobby in Honduras ist.
20 Sep 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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