# taz.de -- „Eritrea-Festival“ in Gießen: Propaganda-Fest wieder abgesagt | |
> Die brutale Militärregierung Eritreas scheiterte mit ihrem Plan für ein | |
> Festival in Gießen. Nun ist München als Veranstaltungsort im Gespräch. | |
Bild: Wird nicht wehen in Erlangen: die Fahne Eritreas | |
BERLIN taz | Es gelingt der eritreischen Militärdiktatur weiterhin nicht, | |
sich in Europa von ihren Anhängern feiern zu lassen. Für kommenden Samstag | |
hatte sie erneut ein Eritrea-Festival in Gießen angemeldet – mit eigens aus | |
dem Land eingeflogenen Propagandisten und Musikern. Das eritreische | |
Konsulat sagte die Veranstaltung aber am Mittwochabend ohne Angabe von | |
Gründen wieder ab, teilte die Stadt Gießen mit. Bürgermeister Alexander | |
Wright (Grüne) zeigte sich erleichtert. Unter Exileritreern wird | |
spekuliert, dass die Organisatoren an einen Ersatzstandort nach München | |
ausweichen wollen. | |
Das Regime in Eritrea gilt als [1][eine der brutalsten Diktaturen | |
weltweit]. Im Vergleich zur Bevölkerungszahl gibt es kein Land, aus dem | |
mehr Menschen [2][fliehen]. Sie entziehen sich vor allem dem | |
„Nationaldienst“, einem für Männer zeitlich praktisch unbegrenzten | |
Zwangsdienst beim Militär oder als Arbeiter. | |
Unter den Exileritreern in Europa sind aber auch viele ältere Menschen, die | |
sich in den 1980er und 90er Jahren in der nationalen Befreiungsbewegung | |
Eritreas engagiert hatten und die oft leugnen, dass aus dieser Bewegung | |
eine Diktatur hervorgegangen ist. Viele von ihnen sind glühende Anhänger | |
des Regimes. Sie strömten in den letzten Jahren zu Tausenden zu | |
Veranstaltungen, auf denen sich die Diktatur feierte. | |
Bereits vor zwei Wochen sollte in Gießen [3][ein Konzert mit dem | |
eritreischen Propagandisten Awel Seid stattfinden.] Ein Antrag zum Verbot | |
der angeblichen Kulturveranstaltung scheiterte aus formalen Gründen vor dem | |
Verwaltungsgericht. Wegen gewaltsamer Auseinandersetzungen mit | |
Gegendemonstranten unterband dann die Polizei vor Ort das Festival. | |
## Absage wegen strenger Auflagen? | |
Es war als Teil einer Reihe von Veranstaltungen in mehreren europäischen | |
Ländern geplant, die mit der Ausnahme Schwedens nicht stattgefunden haben. | |
Die Behörden in den Niederlanden und Großbritannien untersagten die | |
Festivals. In der Schweiz spielten die Veranstalter mit den Behörden Katz | |
und Maus: Sie gaben den Veranstaltungsort nicht bekannt. Ein Verbot war | |
damit nicht möglich und es ist unklar, ob die Veranstaltung stattgefunden | |
hat. | |
Für Norwegen, wo das Festival ursprünglich für kommenden Samstag geplant | |
war, signalisierten die Behörden vorab ein Verbot, sodass die Veranstalter | |
nach Gießen auswichen. Nach deutschem Recht ist, so zumindest die Position | |
der Stadt Gießen, die Veranstaltung aus inhaltlichen Gründen nicht zu | |
untersagen. | |
Gießen hat dem Veranstalter allerdings vor dem Hintergrund der gewaltsamen | |
Auseinandersetzungen vor zwei Wochen Auflagen gemacht: So hätte der | |
Veranstalter einen Zaun aufstellen müssen, der nicht überklettert werden | |
kann. Am Einlass hätte es ein Drehkreuz geben müssen und die | |
Eintrittskarten hätten personalisiert ausgestellt werden müssen, auch mit | |
einem Foto des Käufers, was Polizei und Ordnungsamt kontrollieren sollen. | |
Außerdem hätte der Veranstalter eine große Zahl von Ordnern, aber auch | |
Ärzte, Rettungswagen und Sanitäter stellen müssen. | |
Der eritreische Exilpolitiker Zerai Abraham aus Frankfurt am Main sagte der | |
taz: „Vermutlich wollten etliche Festivalgäste nicht, dass die deutschen | |
Behörden ihre Namen erfahren. Darum könnte das abgesagt worden sein. Es ist | |
aber natürlich auch möglich, dass die Auflagen einfach zu teuer waren.“ | |
Wegen der kurzfristigen Planung war seiner Kenntnis nach der Verkauf von | |
Eintrittskarten, mit denen man die gestiegenen Kosten refinanzieren könnte, | |
schwierig. | |
2 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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