| # taz.de -- „Plansche-Urteil“ in Berlin: Kein gutes Zeichen für das LADG | |
| > Eine Frau wird gezwungen, ihre Brust zu bedecken. Darin sieht das | |
| > Landgericht Berlin keine Diskriminierung. Zum Glück gibt es ein | |
| > Berufungsverfahren. | |
| Bild: Inzwischen ist „oben ohne“ in der Plansche für alle erlaubt | |
| Berlin taz | Die Entscheidung des Landgerichts, die Klage von [1][Gabrielle | |
| Lebreton] auf Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem | |
| Landesantidiskriminierungssetz (LADG) abzulehnen, ist eine Überraschung und | |
| Enttäuschung zugleich. | |
| Erstmals stand das bundesweit einzigartige Gesetz, das die Diskriminierung | |
| durch Landesbehörden und ihre Mitarbeitenden verbietet, auf dem Prüfstand. | |
| Dass eine Richterin nun meint, es sei keine Diskriminierung einer Frau, | |
| wenn sie wegen ihrer nackten Brüste einer öffentlichen Grünanlage verwiesen | |
| wird, ist für die Intention des Gesetzes, Menschen vor ungerechtfertigter | |
| Ungleichbehandlung zu schützen, kein gutes Zeichen. | |
| Zudem ließ der Verlauf der Verhandlung am Mittwoch dies nicht erwarten, | |
| denn die Argumente der Verteidigung waren extrem schwach. Rechtsanwalt | |
| Eike-Heinrich Duhme von der Kanzlei Kunze, Dietrich und Duhme, die für die | |
| Finanzverwaltung als Rechtsvertretung des Landes auftrat, konnte letztlich | |
| nur mit an sich schon diskriminierenden Vorstellungen begründen, warum die | |
| Verweisung von Gabrielle Lebreton gerechtfertigt gewesen sei. | |
| So behauptete er, ein paar Leute hätten sich über die nackten Brüste | |
| beschwert, nur deshalb sei der Sicherheitsdienst tätig geworden. Und weil | |
| die [2][Plansche] ein Spielplatz sei, kein Schwimmbad, seien solche | |
| Beschwerden auch in Ordnung. Es gehe auf Spielplätzen nämlich um die | |
| Kinder, nicht um die freie Entfaltung von Erwachsenen. Kinder aber | |
| bräuchten ihre Eltern – und es gebe nun mal konservative, „verklemmte“ | |
| Menschen, so Duhme, die nackte Frauenbrüste stören: „Da kann man sich ruhig | |
| ein T-Shirt überziehen.“ | |
| ## Männliche Brusthaare müssen nicht bedeckt werden | |
| [3][Rechtsanwältin Leonie Thum] zerpflückte diese Argumentation mit | |
| Präzision und Humor. „Ich bestreite, dass auf einem Spielplatz nackte | |
| Männer geduldet würden“, sagte sie, und: „In der Plansche ist mit | |
| partieller Nacktheit zu rechnen“, darüber könne man sich also nicht | |
| beschweren. | |
| Vor allem aber sei es diskriminierend, einer Frau, die einfach oben ohne in | |
| der Sonne sitzt, quasi Erregung öffentlichen Ärgernisses vorzuwerfen, indem | |
| man Beschwerden darüber recht gibt. „Das ist doch genau das Problem der | |
| Diskriminierung“, sagte Thum, schließlich seien weibliche Brüste sekundäre | |
| Geschlechtsorgane genau wie männliche Brusthaare – die auch niemand zu | |
| bedecken verlange. | |
| Offenbar konnte die Richterin mit diesem Argument nichts anfangen. So | |
| bleibt zu hoffen, dass die nächste Instanz mit etwas mehr Verständnis für | |
| Antidiskriminierungsbelange da rangeht. Die Klägerin wird voraussichtlich | |
| in Berufung gehen, erklärte Thum nach der Entscheidung. Dies wäre auch im | |
| Sinne des LADG. | |
| 14 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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