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# taz.de -- Debatte um deutsche Waffenlieferungen: Rote Flagge für Kampfpanzer
> Das Verteidigungsministerium will der Ukraine weiterhin keine Kampfpanzer
> liefern – mit fragwürdigen Argumenten.
Bild: Manche kommen durch: Der Panzer vom Typ Gepard wurde – anders als der L…
Christine Lambrecht hat sich am Wochenende nicht ausgeruht. Zusammen mit
Generalinspekteur Eberhard Zorn, dem obersten deutschen Soldaten, ist sie
erneut die Bestände der Bundeswehr durchgegangen. Gibt es da nicht doch
noch mehr Panzer, die Deutschland abgeben könnte? „Es wird weitere
Unterstützung für die Ukraine geben“, berichtete die
Verteidigungsministerin am Montag in Berlin in einer sicherheitspolitischen
Grundsatzrede über das Ergebnis ihrer Inventur.
Aber: Die Bundeswehr sei bei der Abgabe von Waffen schon „an die Grenzen
gestoßen“. Für die Bündnisverteidigung innerhalb der Nato und für die
Ausbildung der eigenen Soldat*innen müsse auch noch genug Material
übrigbleiben.
Und: Noch immer habe [1][kein westliches Land] Schützen- oder Kampfpanzer
an die Ukraine geliefert. Mit den Partnerländern sei weiterhin verabredet,
„dass wir da keine deutschen Alleingänge machen“. Leopard- oder
Marderpanzer aus Deutschland hat die Ukraine demnach also weiterhin nicht
zu erwarten.
Es ist die vorläufige Absage in einer alten Debatte, die übers Wochenende
neu hochgekocht war. Die [2][massiven Erfolge der ukrainischen Armee] in
der Region Charkiw haben den Forderungen nach weiteren Waffenlieferungen
aus dem Westen Auftrieb gegeben. Das Gegenargument, dass die Ukraine
besetzte Gebiete kaum zurückerobern könne und die Zufuhr von Waffen den
Krieg höchstens verlängern würde, scheint widerlegt.
## Team-Argument hinfällig?
Entsprechend forderte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am
Samstag bei dem Besuch seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock in
Kiew nachdrücklich mehr deutsche Hilfe. Nato-Generalsekretär Jens
Stoltenberg machte deutlich, dass er eine Niederlage der Ukraine aktuell
problematischer fände als Lücken in den Arsenalen von Nato-Staaten.
Und einem Bericht der [3][Süddeutschen Zeitung] zufolge denkt die
US-Regierung darüber nach, der Ukraine künftig doch auch eigene Kampfpanzer
zu spenden. Das Hauptargument der Bundesregierung, nicht aus dem Bündnis
ausscheren zu wollen, wäre dann hinfällig.
Lambrecht aber sagt: Als sich vergangene Woche verschiedene
Verteidigungsminister*innen des Westens in Ramstein trafen, um
weitere Waffenlieferungen zu koordinieren, habe sie von ihrem
US-amerikanischen Amtskollegen nichts dergleichen vernommen. Und auch
Nato-Chef Stoltenberg habe sie nicht so verstanden, dass es egal sei, ob
Deutschland künftig noch genügend Panzer habe, um den
Bündnisverpflichtungen nachzukommen.
Bei den Koalitionspartnern stoßen solche Aussagen Lambrechts und anderer
SPD-Politiker*innen auf wenig Verständnis. Außenministerin Baerbock vermied
bei ihrem Kiewbesuch am Samstag zwar ebenfalls Bekenntnisse zu einer
substanziellen Änderung der deutschen Linie. Das hatte aber wohl
hauptsächlich damit zu tun, dass sie die Sozialdemokrat*innen nicht
durch eine öffentlich ausgetragene Diskussion verärgern und in die
Trotzecke drängen will.
## Druck aus der gelb-grünen Ecke
Grüne aus der zweiten Reihe sind offensiver. „Mehr Waffen für die Ukraine
bedeuten weniger Folter und Vergewaltigungen und mehr gerettete
Zivilist*innen“, schrieb am Montag die [4][Bundestagsabgeordnete Jamila
Schäfer auf Twitter] und fasste damit die Stimmungslage in der Partei gut
zusammen.
In der FDP sieht man es ähnlich. So meint Marie-Agnes Strack-Zimmermann:
„Deutschland muss umgehend seinen Teil zu den Erfolgen der Ukraine
beitragen.“ Dazu gehöre die Lieferung von Marder- und Leopard-Panzern.
Würde in Berlin eine Jamaika-Koalition regieren, wäre das vermutlich schon
lange geschehen. CDU-Chef Friedrich Merz hat am Wochenende auf dem
Bundesparteitag die Unterstützung der Union noch einmal bekräftigt. „Mit
FDP und Grünen zusammen hätte ich eine Exportgenehmigung für 100
Marder-Schützenpanzer für die Ukraine erteilt“, sagte er.
Die SPD bleibt aber auch über Verteidigungsministerin Lambrecht hinaus
skeptisch, sowohl bei weiteren Lieferungen aus Bundeswehr- als auch aus
Industriebeständen. „Eine deutsche Vorreiterrolle im militärischen Bereich
halte ich schlicht für falsch“, sagt der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner
der taz.
## Momentum nutzen
Bei der militärischen Hilfe gelte: Teamplay mit den Verbündeten. Die
Debatte werde seiner Meinung nach aber gegenwärtig viel zu sehr auf diese
militärische Hilfe verengt. „Ich teile nicht den Glauben daran, dass man
Russland militärisch in die Knie zwingen kann“, meint Stegner. „Dieser
Krieg muss letztendlich am Verhandlungstisch beendet werden.“
Allerdings gibt es auch in der SPD Abgeordnete, die das anders sehen – zum
Beispiel Michael Roth. Der Krieg trete gerade in eine entscheidende Phase
ein, in der es darauf ankomme, schnell zu handeln, so der Vorsitzende des
Auswärtigen Ausschusses zur taz.
„Ich erwarte nun, dass die USA, Deutschland, Frankreich und Polen sehr
schnell klären, wie es angesichts der neuen Lage, in der die Ukraine eine
realistische Chance hat, diesen Krieg zu gewinnen, möglich ist, dem Land
die Waffen zu liefern, die es jetzt braucht, um von Russland besetzte
Gebiete zu befreien.“ Dazu gehören auch Schützen- und Kampfpanzer.
12 Sep 2022
## LINKS
[1] https://www.rnd.de/politik/waffenlieferungen-an-die-ukraine-was-und-wie-vie…
[2] /Rueckzug-russischer-Truppen/!5877788
[3] https://www.sueddeutsche.de/politik/ramstein-ukraine-1.5653569?reduced=true
[4] https://twitter.com/jamila_anna/status/1569272391414472704?s=20&t=LfQyJ…
## AUTOREN
Tobias Schulze
Anna Lehmann
Sabine am Orde
## TAGS
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