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# taz.de -- Agrarlobby trickst mit Getreidestatistik: Ernte ist besser als Baue…
> 2022 fahren die Landwirte etwas mehr Getreide ein als im mehrjährigen
> Durchschnitt. Der Bauernverband bestreitet das, um Umweltvorschriften zu
> kippen.
Bild: Mehr als angegeben? Weizenernte im Juli 2022 auf einem Feld in Mecklenbur…
Berlin taz | Die deutschen Landwirte ernten in diesem Jahr trotz Dürre mehr
als vom [1][Bauernverband suggeriert]. Selbst wenn man den stark unter der
Trockenheit leidenden Körnermais einbezieht, ist die Getreideernte laut
einer am Freitag von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) vorgestellten
[2][vorläufigen Bilanz] 0,2 Prozent größer als der Durchschnitt der sechs
vergangenen Jahre: 43,2 Millionen Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das
ein Plus von 2 Prozent.
Noch aussagekräftiger für die Wachstumsbedingungen ist, wie viel pro Fläche
geerntet wurde: Der Ertrag legte bei der wichtigsten Kultur, dem
Winterweizen, gegenüber dem Vorjahr um 3,7 Prozent auf 76,2 Dezitonnen je
Hektar zu. „Wir können dankbar und zufrieden sein mit der Ernte“, sagte
Özdemir. Von der taz befragte Agrarwissenschaftler bestätigten, dass die
Menge im Rahmen der seit Langem üblichen Schwankungen liege.
Der [3][Bauernverband] dagegen hatte am Dienstag seine eigene Bilanz mit
den Worten „Wiederum unterdurchschnittliche Ernte“ betitelt. Dazu bediente
er sich eines Statistiktricks: Er verglich die aktuelle Getreidemenge mit
dem Durchschnitt der Jahre 2014 – damals war die Ernte außergewöhnlich gut
– bis 2021, aber ohne das extreme Dürrejahr 2018. So kam er darauf, dass
jetzt [4][5 Prozent weniger] als der Durchschnittswert geerntet werde.
Dieses Ergebnis nutzte Verbandspräsident Joachim Rukwied als Argument gegen
mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft, die die Hälfte der deutschen
Landfläche belegt und maßgeblich für das Artensterben verantwortlich ist.
Ausdrücklich lehnte Rukwied einen [5][Verordnungsentwurf] der EU-Kommission
ab, der den Einsatz von Pestiziden in Naturschutzgebieten verbieten und
insgesamt stark reduzieren würde. Rukwied warnte, die Pläne „würden die
Lebensmittelversorgung in Europa gefährden“.
Friedhelm Taube, Professor für Agrarwissenschaften an den Universitäten
Kiel und Wageningen, aber sagte der taz: „Das ist insgesamt eine
durchschnittliche Ernte, mit großen Variationen allerdings, je nach
Kultur.“ Sebastian Lakner, Lehrstuhlinhaber für Agrarökonomie an der
Universität Rostock, erklärte vor allem in Bezug auf die wichtigen
Weizenerträge: „Klimawandel ist schon spürbar, aber das ist nicht die
Katastrophe, die hier im Moment an die Wand gemalt wird, sondern das ist
ein normales Ertragsereignis.“
Özdemir schoss denn auch ungewöhnlich heftig gegen die Agrarlobby: Es gebe
„leider einige Scharfmacher, die versuchen, Klima- und Artenschutz in der
Landwirtschaft zurückzufahren, mit falschen Tatsachenbehauptungen und
falschen Versprechen, und das Ganze noch unter dem Vorwand der angeblich
beabsichtigten globalen Ernährungssicherheit.“ Diese Leute diskreditierten
sich als Gesprächspartner.
Wenn Agrarlobbyisten Naturschutz kritisierten, weil er Anbaufläche koste,
„dann reden wir über Tank, Teller, Trog und Tonne“. 60 Prozent des
Getreides würden verfüttert, weitere Pflanzen als Kraftstoff benutzt. Viele
genießbare Lebensmittel landen in der Mülltonne. Umweltschützer fordern zum
Beispiel 10 Prozent der Agrarfläche der Natur zu überlassen und dafür
weniger Futter für Tiere anzubauen.
26 Aug 2022
## LINKS
[1] /Weniger-und-schlechtere-Qualitaeten/!5875953
[2] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/Pflanzenbau/Ern…
[3] https://www.bauernverband.de/topartikel/bauernverband-erntebilanz-2022
[4] https://www.bauernverband.de/fileadmin/user_upload/dbv/pressemitteilungen/2…
[5] /Verbote-von-Pestiziden-in-der-EU/!5873304
## AUTOREN
Jost Maurin
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