# taz.de -- Rechtsextreme Fans bei Hansa Rostock: Der Verein gibt sich ahnungsl… | |
> Nach einem Plakat, auf dem „Lichtenhagen“ stand, ermittelt der DFB. Das | |
> ist gut, aber die drohende Strafe verhindert Selbstkritik beim Rostocker | |
> Klub. | |
Bild: Immer für eine Provokation gut: Fans von Hansa Rostock beim Heimspiel ge… | |
Auf den ersten Blick ist das Verhalten der Vereinsverantwortlichen von | |
Hansa Rostock diese Woche nur ärgerlich. Konkreten Vorwürfen begegnete der | |
Fußball-Zweitligist lediglich mit Allgemeinplätzen. Hansa-Fans hatten beim | |
letzten Heimspiel des Zweitligisten gegen den FC St. Pauli plakativ in | |
Richtung Gästefans ein Banner mit der Aufschrift „Lichtenhagen“ und einer | |
Sonnenblume aufgehängt. Just in der Woche, als im ganzen Land an das Pogrom | |
vor 30 Jahren im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen gedacht wurde, bei dem | |
Neonazis unter dem Beifall zahlreicher Schaulustiger das | |
„Sonnenblumenhaus“, in dem vietnamesische Vertragsarbeiter untergebracht | |
waren, mit Brandsätzen angriffen. | |
Hansa Rostock, die seit [1][Jahrzehnten] ein [2][Problem mit der | |
rechtsextremen Fanszene] haben, bediente sich aus seinem Stehsatz: | |
„Homophobie, Rassismus und ähnlich geartete Einstellungen und Ideologien | |
stehen nicht für den F.C. Hansa Rostock und verbieten sich schon allein | |
durch die in der Satzung des Vereins verankerten Werte wie Toleranz.“ Auch | |
schwulenfeindliche Transparente waren bei der Partie im Hansa-Fanblock zu | |
sehen gewesen. | |
Eine Kommentierung des Lichtenhagen-Banners verkniff man sich. Der | |
Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ermittelte | |
mittlerweile schon. Auf Nachfrage der taz kam dann doch eine etwas patzige | |
Antwort. Zur angekündigten Auswertung des Spieltags, teilte man ungefragt | |
mit, gehörten auch „Leuchtspur-Würfe“ der Gäste-Fans „auf unseren Bloc… | |
und der dadurch entstandene Schaden sowie die „Nazi-Schweine-Rufe“ der | |
Auswärtigen. | |
Die konkrete Frage wurde aber dieses Mal auch beantwortet. „Das Banner | |
gehört zu einer Fangruppierung aus dem Stadtteil Lichtenhagen, hängt seit | |
über einem Jahrzehnt bei den Spielen und steht nicht im | |
gewaltverherrlichenden Zusammenhang mit den Ereignissen in Lichtenhagen.“ | |
## Nüchterne Kalkulationen im Überlebenskampf | |
Alllgemein gesprochen ist das richtig. In diesem Fall geht es aber um | |
subtil Gesetztes. Dieses Mal, in dieser speziellen Situation wurde das | |
Banner von den Hansa-Fans nämlich in frontaler Sichtachse zu den | |
überwiegend politisch links orientierten St. Pauli Fans an den Zaun | |
angebracht. | |
Dass sich der Verein ob solcher Feinheiten ahnungslos gibt, hat nichts mit | |
mangelndem Gespür und grundsätzlicher Uneinsichtigkeit zu tun, sondern mit | |
nüchternen Kalkulationen im finanziellen Überlebenskampf. Belastet der | |
Verein seine Fans selbst, muss er im DFB-Verfahren dafür blechen. | |
Es ist zu begrüßen, dass sich der Deutsche Fußball-Bund im Unterschied zu | |
früher sich bei solchen Vorfällen einschaltet. Man sollte jedoch über das | |
Verfahren nachdenken. Bislang geht es vornehmlich darum, einen | |
Verantwortlichen ausfindig zu machen, eine Strafe auszusprechen und damit | |
möglichst schnell einen Schlussstrich zu ziehen. | |
Das führt, wie die Vorfälle vom vergangenen Sonntag zeigen, dazu, dass die | |
meist klammen Vereine schnell in eine Verteidigungshaltung geraten. Für | |
subtile gesetzte Botschaften aus dem Graubereich lassen sie sich Vereine | |
auf diese Weise leicht von ihren Fans instrumentalisieren. Weil böse | |
Absichten hinter einem nuanciert anders gesetzten Banner nicht nachweisbar | |
sind, wird möglicherweie auch der DFB-Kontrollausschuss nun zu dem | |
öffentlichen Urteil kommen, diese Aktion sei nicht als politisch motiviert | |
zu werten. Es wäre eine verhängnisvolle Grenzverschiebung. | |
Wären die Vereine per Lizenzauflagen ohnehin zu einer qualitativ guten, | |
standardisierten Antidiskrimierungsarbeit im Fanbereich verpflichtet, | |
könnte man auf die steten Bußgelddrohungen verzichten. Im Rostocker Fall | |
hätte das ermöglicht, dass DFB und Hansa gemeinsam über Strategien hätten | |
nachdenken können, wie man auf die subtilen Grenzverschiebungen reagiert. | |
Mit den Fragen „Wer ist verantwortbar zu machen?“, „Wie viel soll das | |
dieses Mal kosten?“ kommt man an dieser Stelle nicht weiter. | |
26 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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