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# taz.de -- Energiepreis-Entlastung in Niedersachsen: Später vielleicht
> SPD-Ministerpräsident Weil hat 100 Millionen Euro Landesgeld angekündigt,
> um die Energiepreiskrise abzufedern. Doch vor der Wahl wird das nichts
> mehr.
Bild: Im Oktober wird gewählt in Niedersachsen, da passen Versprechen gut: Ste…
Osnabrück taz | Um VerbraucherInnen von den derzeit [1][steigenden
Energiepreisen] zu entlasten, hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan
Weil (SPD) bis zu 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt. „Wir wollen
gemeinsam alles unternehmen, damit Energiekrise und [2][Teuerungswelle]
nicht zur Zerreißprobe für die Gesellschaft in unserem Land werden“, sagte
er Anfang vergangener Woche nach einer von der Landesregierung initiierten
interfraktionellen Gesprächsrunde, an der auch Gewerkschaften,
[3][Sozialverbände], VertreterInnen der Kirchen, der Wirtschaft und der
Energieversorger teilnahmen.
Das Geld soll je zur Hälfte in regionale Härtefallfonds, von denen zum
Beispiel Menschen mit geringem Einkommen profitieren können, sowie in die
Energie- und Verbraucherberatung fließen. Und zwar „noch in diesem Jahr“,
sagte Weil. Dazu braucht es einen sogenannten Nachtragshaushalt. Dabei wird
in knapp zwei Monaten bereits ein neuer Landtag gewählt.
Jetzt ist klar: Vor der Wahl wird das Geld nicht mehr fließen.
Staatssekretärin Anke Pörksen erklärt auf Anfrage der taz, dass die
Regierung das Verfahren „zügig“ vorbereite und auf den Weg bringe,
„realistischerweise wegen der im Finanzministerium notwendigen
Vorbereitungen jedoch wohl nicht mehr in der Septembersitzung des
Landtags“. Weil habe aber garantiert, dass der Nachtrag gleich in der
ersten Sitzung nach der Wahl vorgelegt werde. Dabei steht nicht fest, ob
Weil und seine Große Koalition aus CDU und SPD nach der Landtagswahl im
Oktober noch das Sagen haben.
Im Prinzip sei Weils Plan zwar gut, aber er komme viel zu spät, sagt Volker
Bajus. Er sitzt für die Grünen im Landtag und ist dort Sprecher für
Sozialpolitik, außerdem ist er Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat
Osnabrück. Vor dem Hintergrund, dass der Plan vor der Wahl nicht mehr
umsetzbar ist, hält er Weils Aussage für „nicht mehr als ein leeres
Versprechen, ein ungedeckter Scheck“.
In vielen niedersächsischen Kommunen wird derzeit überlegt, Notfonds
einzurichten. Eine davon ist Osnabrück. Volker Bajus drängt zur Eile: „Das
Problem ist immens, und es rast mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu.“
Bajus bezweifelt außerdem sehr, dass Weils 50 Millionen überhaupt reichen
würden.
Hätte Weil im Frühjahr auf die Grünen gehört, gäbe es das
Finanzierungsproblem jetzt vermutlich nicht. Ihr Antrag im Landtag mit dem
sperrigen Titel: „[4][Putins Angriffskrieg] erzeugt außergewöhnliche
Notsituation – Auswirkungen auf Finanzlage, Sicherheit, Wirtschaft,
Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes abfedern“ von Anfang März
war Mitte Mai durch die Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Die Grünen
hatten damals einen Nachtragshaushalt gefordert, für ein Sondervermögen
gegen die Krise. Jetzt kommt er vielleicht immerhin nach der Wahl.
Der neue Notfallfonds wäre nicht die einzige Maßnahme, mit der Osnabrück
der Energiepreissteigerung entgegentritt. Der „Stromspar-Check“ der
örtlichen Caritas für Bezieher von Arbeitslosengeld II, Wohngeld oder
Sozialhilfe/Grundsicherung ist nicht nur eine Energieberatung: Kostenfreies
Material wie Energiesparlampen, Wasserstrahlregler und Zeitschaltuhren sind
inklusive. „Das ist hilfreich“, sagt Bajus. „Aber das ist natürlich nicht
genug.“
Sorgen machen ihm die kommunalen Stadtwerke, in Osnabrück der
Grundversorger. „Die stehen nicht gut da. Bei den erneuerbaren Energien
haben sie nicht so viel getan wie geplant.“ Und ihre „fatale Beteiligung an
Kohlekraftwerken“ enge ihre finanziellen Spielräume ein.
Dass derzeit so intensiv über Härtefallfonds nachgedacht wird, freut Bajus
ganz grundsätzlich: „Diese Gerechtigkeitsdebatte war längst überfällig. E…
Drittel der deutschen Bevölkerung hat keine Rücklagen, keinen finanziellen
Puffer.“
Ein kommunaler Fonds sei „eine gute Idee“, bestätigt Sven Jürgensen,
Sprecher der Stadt Osnabrück. Nur: „Das muss jetzt schnell operationell
werden, und dazu brauchen wir aus Hannover Rahmenvorgaben.“
Auch Susanne Hambürger dos Reis, Fraktionsvorsitzende der Osnabrücker SPD,
wünscht sich ein Budget, um „insbesondere den einkommensschwachen
Haushalten in Not zu helfen“. Gemeinsam mit der Kleinpartei Volt ist sie im
Rat Osnabrück der Juniorpartner der Grünen; zusammen stellen die drei die
Mehrheit.
In Braunschweig denkt man ähnlich. Man begrüße „die Bemühungen der
niedersächsischen Landesregierung und der Braunschweiger Stadtverwaltung“,
sagt Christoph Bratmann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt und
wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.
Jetzt braucht es nur noch das Geld vom Land.
16 Aug 2022
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## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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