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# taz.de -- Festnahme in Livestream: Polizeigewalt live bei TikTok
> Nach Streit um wechselseitige Beleidigungen: In Braunschweig wurde ein
> Schwarzer Influencer von Polizist:innen zu Boden gebracht.
Bild: Während einer seiner Tiktok-Tanzshows brachte die Polizei Faguimba Dabo …
Braunschweig taz | Tanzen, Passant:innen umarmen, lachen: Die 3,8
Millionen Follower des [1][Influencers Faguimba Dabo bei TikTok] kennen
solche Bilder von ihm. Dazu laufen bekannte Songs. „Human is human“ steht
unter vielen seiner Clips, die er auf der Kurzvideo-Plattform
veröffentlicht. Am Freitag allerdings lief alles anders: Dabo tanzte
während eines TikTok-Livestreams in der Braunschweiger Fußgängerzone, als
er von der Polizei abgeführt wurde.
Laut der [2][offiziellen Erklärung der Polizei Braunschweig] soll Dabo eine
Passantin beleidigt haben. Sie habe daraufhin die Polizei verständigt. Als
Beamt:innen Dabo angesprochen hätten, „um ihn mit dem Sachverhalt zu
konfrontieren und die Personalien festzustellen, kam es zu
Widerstandshandlungen“. Anschließend seien seine Personalien in der
Dienststelle festgestellt worden, dann habe er wieder gehen dürfen. Was
bleibt: Strafanzeige wegen Beleidigung und Widerstands gegen
Vollstreckungsbeamte.
Der [3][Videoausschnitt], der von dem Livestream derzeit kursiert, wirft
die Frage auf, ob das Vorgehen der Polizei notwendig und verhältnismäßig
war. Der Ausschnitt beginnt, als die Polizei bereits vor Ort ist. Zu sehen
ist Dabo, der beide Arme hebt. Außerdem ein Polizist, der sagt: „Geh
zurück“ und gegen seine Brust drückt. Dabo lässt sich aber nicht
wegschieben. Er sagt einen Satz mit den Worten „Nicht anfassen“. Daraufhin
kommt eine Polizistin hinzu, zu zweit zerren sie an Dabo herum. Sie ruft:
„Was soll denn das?“, ihr Kollege: „Komm, geh runter.“
Dann verschwinden alle drei aus dem Stream. Dabo sagt immer und immer
wieder: „Ich habe gar nichts gemacht.“ Einmal taumeln sie noch zurück in
den Hochkant-Ausschnitt, die Polizist:innen fassen Dabo dabei an, der
immer noch die Hände erhoben hat, sich aber offensichtlich nicht festhalten
lassen möchte.
Neben den Zuschauer:innen sind auch zwei Kollegen von Dabo Zeugen: Einer
ist Bovann. Über eine Art geteilten Bildschirm haben die beiden den
Livestream zusammen gemacht. Für Zuschauende sind also zwei Videos parallel
zu sehen – und Bovann sieht über sein Handy die Szene in Braunschweig. Dort
hat Dabo einen weiteren Kollegen dabei, der ihn anscheinend beim Dreh
unterstützt hat.
## Plötzlich auf dem Boden
Als Dabo und die Polizist:innen aus dem Bild verschwunden sind, sagt
er: „Warte, der hat ein bisschen Probleme, Bovann.“ Bovann fordert ihn auf,
das Handy so zu drehen, dass die Aktion weiter im Stream zu sehen ist. Der
Mann zögert sichtlich, lässt sich aber doch überreden. Kurz ist daher zu
sehen, dass Dabo inzwischen auf dem Bauch liegt, die Polizist:innen
halten ihn dort fest. „Das Handy jetzt weg“, schreit die Polizistin. Dann
kommen weitere Beamt:innen dazu und beenden den Stream.
In einem [4][Statement von Bovann], einen Tag nach dem Vorfall, ist noch
ein weiterer kurzer Ausschnitt zu sehen. Er spielt anscheinend kurz vorher
und zeigt Dabo, der mit der Polizistin spricht: Er will nicht sein Handy
ausmachen und von der Kamera weggehen; sie will nicht ins Sichtfeld der
Kamera kommen. Das Schubsen des Beamten könnte also zu dem Zweck erfolgt
sein, Dabo erst einmal von der Kamera wegzukriegen.
„Das Ding ist nicht mal, dass er festgenommen wurde, sondern wie“, sagt
Bovann in dem Video, „mit viel Gewalt.“ Und Widerstand? Könne er nicht
erkennen, sagt Bovann, und verweist auf Dabos erhobenen Hände. „Ist das
normal?“
Anfang der Woche [5][meldet sich auch Dabo per Video] und erklärt den
Vorfall aus seiner Perspektive. Die Passantin sei zu ihm gekommen, während
er getanzt habe. „Hier ist nicht Afrika, hier ist Deutschland, wir gehen
arbeiten, zurück in dein Land“, soll sie gesagt haben. Er selbst habe
geantwortet: „Ich arbeite auch. Wenn Sie schlechte Laune haben, hier ist
meine Nummer. Ich komme heute Abend vorbei und gebe ein bisschen gute
Laune.“ Sie sei erst gegangen, dann aber wiedergekommen, um ihn wiederum zu
beleidigen. „Das Wort kann ich leider nicht sagen“, so Dabo. Dann sei sie
zur Polizei gegangen.
## In den sozialen Medien rumort es
Diese habe ihn dann zuerst aufgefordert, das Handy auszumachen. Das habe er
aber nicht gewollt. Dafür habe er seine Hände erhoben. Zu der Festnahme
selbst sagt er nichts – doch jetzt habe die Polizei sein Handy. Trotzdem
stellt er noch fest: „Es gibt viele gute Polizisten“, schickt ein breites
Lachen und „positive Energie“ ins Netz.
In den sozialen Medien rumort es nach dem Vorfall. Wohl deswegen meldet
sich die Polizei Braunschweig drei Tage später bei Facebook zu Wort.
Polizeivizepräsident Roger Fladung habe Verständnis für die Aufregung,
heißt es in dem Post, jedoch nicht für „beleidigende Äußerungen und
Verunglimpfungen, die teilweise dazu im Netz verbreitet werden“. Er wolle
darauf hinweisen, dass die nun verbreitete Sequenz des Livestreams nur
„einen Bruchteil des Einsatzes“ darstelle. Ermittelt werde nun „außerhalb
der Polizeiinspektion Braunschweig“.
Aber was ist denn genau vor und nach diesem „Bruchteil“ aus Sicht der
Polizei passiert? Was genau meint diese mit „Widerstandshandlungen“? Und
wie begründet sie das Vorgehen der Beamt:innen? Bis Redaktionsschluss gab
es auf diese Fragen auch einen Tag nach der Anfrage keine Antworten. Man
sei dabei, diese mit der Staatsanwaltschaft Braunschweig abzusprechen, bei
der der Fall nun liegt, teilte ein Sprecher der taz telefonisch mit.
11 Aug 2022
## LINKS
[1] https://www.tiktok.com/@dfaguimba
[2] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11554/5290496
[3] https://www.youtube.com/watch?v=6gRvdx7XzrE
[4] https://www.tiktok.com/@bovann/video/7128432199501696262?is_copy_url=1&…
[5] https://www.tiktok.com/@dfaguimba/video/7129171887438957829?is_copy_url=1&a…
## AUTOREN
Alina Götz
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