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# taz.de -- Experte über nachhaltiges Wirtschaften: „Pfade brechen ist sehr …
> Krisen können Unternehmen dazu bewegen, etwas zu verändern, sagt
> Wirtschaftswissenschaftler Stefan Schaltegger. Neue Wege müssen
> eingeschlagen werden.
Bild: Mal seinen Kopf in ein Elektroauto stecken
taz: Herr Schaltegger, angesichts der explodierenden Energiepreise
profitieren jetzt Unternehmen, die Energie aus regenerativen Quellen
beziehen. Warum ist das nur bei wenigen der Fall?
Stefan Schaltegger: Es gibt viele Hemmnisse. Eine Theorie, die das ganz gut
erklären kann, ist die Pfadabhängigkeitstheorie. Hat ein Unternehmen viel
Geld in eine Gasheizung oder ölbeheizte Dampferzeugung gesteckt, führt das
dazu, dass es häufig bei dieser Technologie, also auf diesem Pfad, bleibt.
Die Rentabilität der Investitionen zu sichern, braucht viel Zeit. So lange
bleibt das Unternehmen dann auch bei dieser Technologie.
Gibt es keinen Ausweg daraus?
Doch, man kann Pfade auch brechen. Das ist allerdings sehr aufwendig. Die
Coronakrise oder der Krieg in der Ukraine sind Schocks, die dazu führen
können, dass viele Akteure bisherige Technologien und Annahmen neu bewerten
und dadurch die Bereitschaft entsteht, etwas grundlegend zu verändern. Es
ist aber auch immer ein Zusammenspiel zwischen Unternehmen, Politik und
Gesellschaft.
Gibt es ein Beispiel für dieses Zusammenspiel?
Ab dem Moment, an dem der Kohle- und Kernkraftausstieg in Deutschland
tatsächlich beschlossen war, haben die großen Energiekonzerne ihre
Investitionspläne grundlegend geändert und sich darauf ausgerichtet. Die
Politik wiederum trifft solche Entscheidungen nur, wenn die Chance besteht,
dass ein neuer Pfad in wichtigen Wählergruppen auf nicht zu viel Widerstand
stößt. Es muss Leute in den Unternehmen geben, die Politiker:innen
überzeugend aufzeigen: Wir können Deutschland mit regenerativer Energie
versorgen, das ist finanzierbar, das ist machbar.
Was muss passieren, damit sich in Krisen Nachhaltigkeit durchsetzt?
Das ist nicht so einfach. Kurzfristige Lösungen können auch unnachhaltig
sein. Jetzt werden Kohlekraftwerke wieder reaktiviert und Atomkraftwerke
sollen länger laufen. Sogar Fracking ist wieder in der Diskussion. Auf der
Konsument:innen-Ebene kann man beobachten, dass sich viele einen Heizlüfter
zulegen. Das hat zur Folge, dass Unternehmen diese wieder vermehrt
produzieren. Das ist nachvollziehbar, aber damit laufen die Marktanreize in
die falsche Richtung. Eigentlich müssten wir im Privaten nun auf
Wärmepumpen wechseln, aber in der Krise mit den Lieferkettenproblemen ist
der Markt derzeit leider zu träge und zu teuer. Wirtschaftliches und
politisches Ziel sollte sein, dass Unternehmen nun schnell genug
Kapazitäten aufbauen, um nachhaltige Lösungen wie Wärmepumpen vermehrt
anzubieten.
Unternehmen, die umweltschonend produzieren, haben eine Gemeinsamkeit: Die
Führungspersonen sind treibende Kräfte für den Strukturwandel. Muss die
Geschäftsführung erst überzeugt sein, bevor eine Transformation erfolgen
kann?
Die Unternehmer:innen, die aus eigenem Antrieb etwas verändern, sind
Pioniere. Die trauen sich was und stecken Rückschläge ein. Sie zeigen, dass
es anders möglich ist. Dann kommt es auf das bereits erwähnte Zusammenspiel
an. Merken mehr Menschen: Das ist spannend und viel besser als vorher, dann
steigen auch große Massenmarktanbieter ein. Die Politik kann durch
Rahmenbedingungen wie Subventionen und Gesetze Einfluss nehmen. Es gibt
häufig eine Art Tipping Point; danach kann es ganz rasch gehen. Im
Automobilbereich haben wir diesen Punkt noch nicht ganz erreicht, was die
Elektromobilität angeht. Aber aus meiner Sicht sind wir relativ knapp
davor.
10 Aug 2022
## AUTOREN
Gina La Mela
## TAGS
Wirtschaft
Transformation
Nachhaltigkeit
Kohleausstieg
Atomausstieg
Nachhaltigkeit
Anti-AKW-Proteste
Wirtschaftswissenschaften
Schwerpunkt Klimawandel
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