# taz.de -- Filmempfehlungen für Berlin: Arbeitsethos und Blickschule | |
> Nicolas Cage arbeitet nicht nur für sein Geld, er kann auch über sich | |
> selbst lachen. Auch viel Arbeit haben eine Porträtmalerin und ein | |
> Klosterzöglin. | |
Bild: Karrieresprünge sind nicht mehr so einfach für Nick Cage in „Massive … | |
Ich gebe es gerne zu: Der amerikanische Schauspieler Nicolas Cage gehört zu | |
meinen Lieblingen. Und zwar nicht, weil er seit rund 35 Jahren in einer | |
beeindruckenden Reihe von Filmklassikern mitgewirkt hättte, sondern weil er | |
ein arbeitender Schauspieler ist. Nicolas Cage spielt einfach überall mit, | |
auch in dem unsinnigsten Schund. Ich bewundere sein Arbeitsethos. | |
Und das Wichtigste: Wer Cage engagiert, bekommt was fürs Geld. Immer hängt | |
er sich voll rein, in jeder Performance scheint er um sein Leben zu | |
spielen, auch oder gerade, wenn es nur darum geht, CGI-Dämonen und | |
pestverseuchte Zombie-Mönche nieder zu ringen und dabei das Gesicht in | |
ernste Falten zu legen. | |
Und er kann auch über sich selbst lachen: In Tom Gormicans „Massive Talent“ | |
verkörpert Nicolas Cage einen Schauspieler namens Nicholas Cage, der schon | |
viel zu viele schlechte Filme gedreht und dabei das unabänderliche Gefühl | |
bekommen hat, mit seiner Karriere ginge es nun zu Ende. Ein letztes | |
peinliches Angebot aber will er noch annehmen: auf der Party des | |
Olivenöl-Magnaten Javi auf Mallorca als Stargast auftreten. | |
Javi ist natürlich Fan, würde gern selbst einen Film mit Cage drehen – und | |
verwickelt den Star nicht nur in begeisterte Gespräche über dessen | |
extensive Filmographie, sondern auch in eine immer absurder werdende | |
Krimihandlung, in der das organisierte Verbrechen und die Geheimdienste | |
nicht fehlen dürfen. Nicolas Cage muss sich selbst, seine Familie und die | |
Welt retten: sehr vergnüglich, voller Anspielungen, eine tolle Hommage (4. | |
August, 21 Uhr, [1][Freiluftkino Kreuzberg]; 9. August, 16.35 Uhr, | |
[2][b-ware! Ladenkino]). | |
## Blickwechsel im Porträt | |
Im Jahr 1770 kommt die Malerin Marianne (Noémie Merlant) auf eine | |
abgelegene Insel vor der bretonischen Küste. Dort soll sie ein Porträt der | |
jungen Héloïse (Adèle Haenel) anfertigen, damit diese standesgemäß an einen | |
ihr fremden Mann in Mailand verheiratet werden kann. Doch Héloïse | |
rebelliert gegen ihre Mutter, sie will nicht heiraten und sich auch nicht | |
malen lassen. Also wird Marianne als Gesellschafterin vorgestellt; das | |
Porträt soll sie ohne Wissen von Héloïse heimlich anfertigen. Die beiden | |
Frauen beobachten sich gegenseitig genau: Die gerade aus einer | |
Klosterschule gekommene Héloïse schaut mit Neugier auf die nahezu | |
emanzipiert wirkende Fremde, die ihrerseits einen beruflich geschulten | |
Blick auf ihr zunächst unwissendes Modell wirft. | |
Die eindringlichen Blickwechsel generieren schließlich Begehren: Héloïse | |
und Marianne verlieben sich ineinander. Souverän inszeniert Regisseurin | |
Céline Sciamma in „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ eine männerfrei… | |
und, vielleicht noch wichtiger, eine herrschaftsfreie Utopie, als die | |
Mutter für einige Wochen verreist: Es geht um weibliche Selbstbestimmung | |
und eine klassenübergreifende Solidarität, die auch das unfreiwillig | |
schwanger gewordene Dienstmädchen mit einschließt. Mit seinen sorgfältig | |
arrangierten Tableaus, den Bildern aus einem entschleunigten, nahezu | |
zeitlosen Leben wirkt Sciammas vierte Regiearbeit fast kontemplativ – ohne | |
dabei das intensive Begehren und den Schmerz einer zwangsläufig | |
wiederkehrenden Realität zu verleugnen (7. August, 20.45 Uhr, [3][Open Air | |
Kino Mitte]). | |
Europas interessantester Animationsfilmregisseur ist der Ire Tomm Moore, | |
der 2009 als Regisseur mit „Das Geheimnis von Kells“ debütierte, einer mit | |
attraktiver Stilisierung aufwartenden Produktion (2009), in der sich ein | |
zwölfjähriger Klosterzögling von der Aura eines Buches einfangen lässt und | |
mit einer zauberischen Waldfee barbarische Wikinger bekämpfen muss (4.-10. | |
August, 16.30 Uhr, [4][Wolf Kino]). | |
4 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.freiluftkino-kreuzberg.de/ | |
[2] https://ladenkino.de/ | |
[3] https://www.kino-central.de/OpenAir/ | |
[4] https://wolfberlin.org/de | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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