Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Ran an die Wurzel!
> Lebenslänglich Bayer: Offener Brief an den Präsidenten des Bundes
> Bairischer Sprache e. V. Ein Preis muss her – und zwar für den Autor
> dieser Kolumne.
Lieber Sepp Obermeier, Servus und Grüß Gott! Hiermit möchte ich mich als
Preisträger der Bairischen Sprachwurzel für das nächste Jahr bewerben.
Gerade habe ich erfahren, dass Ilse Aigner, die Präsidentin des Bayerischen
Landtags, aus ihrer Hand die Bairische Sprachwurzel 2022 hat verliehen
bekommen. Als Präsident des Bunds Bairischer Sprache e. V. haben Sie die
brave Frau als „Botschafterin des Zentralmittelbairischen“ bezeichnet. Das
ist würdig und recht.
Leider kann ich Ihnen – oder darf ich ganz einfach „du“ sagen, wie es sich
unter Bayern eigentlich gehört? – diesen Brief nicht in bairischer Sprache
zukommen lassen, obwohl mir das Idiom meiner Jugend durchaus noch vertraut
ist. Es handelt sich schließlich um einen offenen Brief, der auch da
verstanden werden soll, wo man das Bairische nicht versteht. Dafür hast du
doch sicher Verständnis.
Gewiss bin ich nicht so prominent wie Ilse Aigner oder Papst Benedikt XVI.,
dem du, lieber Sepp, auch schon die Bairische Sprachwurzel verpasst hast.
Aber eines bin ich ganz gewiss: ein redlicher Arbeiter im Weinberg des
Dialekts. Wie du meinem Lebenslauf entnehmen kannst, den ich dir bei Bedarf
gern zusende, muss ich mein Leben in Berlin unter Preußen und anderen
Nichtbayern fristen. Tapfer versuche ich seit mehr als 25 Jahren, so zu
sprechen, dass mir meine Herkunft immer anzumerken ist.
Kein Tag vergeht, an dem ich nicht auf meine bairische Diktion angesprochen
werde. Menschen, die mir eine Freude machen wollen, begrüßen mich mit einem
zackigen „Grüß Gott“, obwohl sie mit selbigem nichts, aber auch gar nichts
am Hut haben. Obwohl ich schon seit ein paar Jahren keinen Alkohol mehr
trinke, versuchen mich Berliner Bekannte immer wieder in Gespräche zum
Thema Bier zu verwickeln. Wer so spricht wie ich, so denken sie wohl, der
kann auch saufen wie der Bewohner eines bayerischen Stammtischs. Daran,
dass ich regelmäßig zur Lachnummer werde, weil es irgendjemand putzig
findet, dass im Bairischen „stehen“ ein Verb der Bewegung ist, habe ich
mich gewöhnt. Letztlich bin ich immer über Frotzeleien dieser Art
gestanden.
Sollte es zur Preisverleihung kommen, werde ich meine Lederhose, die seit
meiner Ankunft in Berlin recht sinnlos vor sich hin staubt, endlich einmal
reaktivieren. Ein ganz so fesches Bild wie Ilse Aigner bei ihrer
Preisverleihung werde ich, das gebe ich zu, nicht abgeben können. So eine
kleine Bratpfanne, die sie statt eines Huts auf dem Kopf getragen hat,
möchte ich mir allerdings bis dahin unbedingt besorgen. So etwas kann ja
durchaus einmal praktisch sein, wenn man sich etwa unterwegs mal irgendwo
ein Spiegelei herausbacken möchte.
Du siehst, lieber Sepp, ich verfolge mit großer Sympathie und mindestens
ebenso großem Interesse die Machenschaften deines kleinen Vereins, der
schon so vielen Promis seinen Preis verpasst hat und verbleibe vorab
dankend mit einen herzlichen Vergelt’s Gott! Dein Anderl.
19 Aug 2022
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Bayern
Sprache
Kunstpreise
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Dirndl für Söder
Lebenslänglich Bayer: Der bayerische Ministerpräsident ist der Galakönig
des Freistaats. Jüngst empfing er heimische Königinnen und Prinzessinnen.
Die Wahrheit: Spanische Schmankerln
Lebenslänglich Bayer: In der Spanien-Woche der Wahrheit werden natürlich
bajuwarische Tapas verköstigt.
Die Wahrheit: Vor dem Fest
Lebenslänglich Bayer: Die Vorbereitungen für die weltberühmteste Sause der
Welt sind in München an allen Ecken und Enden schwer im Gange.
Die Wahrheit: Indianer an der Isar
Lebenslänglich Bayer: Alle Menschen sind schon immer seine Brüder und
Schwestern. Willy Michl ist ein Münchner Künstler der sehr eigenen Art.
Die Wahrheit: Systematisch finster
Lebenslänglich Bayer: Seit dem Mittelalter hat sich das „Regensburger
System“ entwickelt. Ein Korruptionsbrückenbauwerk vom Feinsten.
Die Wahrheit: Das große Leiden
Lebenslänglich Bayer: Was geht eigentlich bei den Oberammergauer
Passionsspielen so ab? Futtert sich Jesus bei Feinkost Käfer durch?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.