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# taz.de -- Entlastung für hohe Energiepreise: Wie der Staat helfen könnte
> Die Preise für Gas und Strom steigen und steigen – für viele BürgerInnen
> ins Unbezahlbare. So sehen die Vorschläge zur Entlastung aus.
Bild: Weil immer weniger kommt, wird es immer teurer: Gas-Flamme
Die massiv steigenden Energiepreise erzeugen immer neue Ideen, [1][wie der
Staat die Menschen entlasten könnte]. Schließlich ist zu erwarten, dass
sich allein die Gasrechnung in vielen Haushalten in Deutschland in den
kommenden Monaten locker vervierfachen kann. Auch beim Strom sind
erhebliche Aufschläge zu erwarten, die für viele Menschen schwer zu stemmen
sein werden.
Allerdings hat die Bundesregierung bislang wenig konkrete Entlastungspakete
angekündigt. Immerhin soll im September eine Energiepauschale von einmalig
300 Euro kommen. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung (DIW), hatte nun am Mittwoch einen neuen, für die
Staatskasse bedeutend teureren Vorschlag: „Das beste Instrument sind
direkte Transferzahlungen wie ein Energiegeld von 100 Euro pro Person und
pro Monat für die kommenden 18 Monate.“
Der Vorschlag des SPD-nahen Ökonomen blieb erst einmal unpräzise, denn auch
auf Rückfrage konnte das DIW noch nicht benennen, für welche
Einkommensgruppen diese Auszahlungen wohl angemessen seien. In einer
Kurzexpertise für die Diakonie Deutschland hatte die [2][DIW-Tochter Econ]
im Juli den Kreis der Bezieher noch sehr eng gezogen und monatlich 100 Euro
„pro Leistungsberechtigten in Grundsicherung“ angeregt. Die Studie räumte
aber bereits ein, dass der Kreis der Berechtigten damit wohl zu klein sein
könnte, weil zum Beispiel Menschen mit geringer Rente nicht profitieren
würden.
## Kanzler nennt Einkommensgrenze
Sollte die Politik sich zu einer Art zeitlich begrenztem Energiegeld
durchringen, wäre die Einkommensgrenze der wohl wichtigste Aspekt, den es
zu klären gäbe. Erste Ideen für eine Grenze kursieren bereits: „Es geht mir
um diejenigen, die 2.800, 3.200 oder 4.000 Euro brutto im Monat verdienen,
für die das alles große Herausforderungen sind“, sagte Bundeskanzler Olaf
Scholz (SPD). Offen ließ er aber, ob damit das gesamte Haushaltseinkommen
oder Einzeleinkünfte gemeint sind.
Klar ist jedenfalls: Ein solches Energiegeld würde richtig teuer, vor
allem, wenn man es nicht auf Transferleistungsempfänger beschränken,
sondern auch auf Teile zumindest der unteren Mittelschicht ausdehnen würde.
Diese Ausweitung könnte aus Gründen der gesellschaftlichen Akzeptanz nötig
werden. Angenommen, das Programm würde jeden dritten Bundesbürger
erreichen, dann ergäben sich bei der vom DIW avisierten Auszahlung über 18
Monate für den Staat Kosten in einer Größenordnung um 50 Milliarden Euro.
Unterdessen kursierten in den letzten Tagen weitere Vorschläge. Einer
betraf die [3][neue Gasumlage von gut 2,4 Cent je Kilowattstunde], mit der
der Staat große Erdgasimporteure – speziell Uniper – auffangen will. Diese
Umlage, die ab Oktober erhoben werden soll, sollte von der Mehrwertsteuer
befreit werden.
## Mehrwertsteuer auf Energie senken
Zwischenzeitlich ist das Konzept aber an der EU gescheitert, denn eine
solche Befreiung stünde im Widerspruch zur grundsätzlichen
Umsatzsteuersystematik. Zudem verursachen Umsatzsteueränderungen einen
hohen bürokratischen Aufwand. Das Chaos, in das die Bundesregierung mit
ihrer sechsmonatigen Mehrwertsteuersenkung im Coronajahr 2020 die
Buchhaltungen der Unternehmen stürzte, zeigt das eindrücklich.
Andere Vorschläge gehen nun dahin, den Mehrwertsteuersatz für Strom und Gas
grundsätzlich von derzeit 19 auf nur noch 7 Prozent zu senken. Ein
Verfechter dieser Idee ist die Energiewirtschaft, namentlich der
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.
Ein staatlicher Bonus für jene Haushalte, die im Vergleich zum Vorjahr am
meisten Erdgas sparen, ist ein weiterer Gedanke, der bereits diskutiert
wurde. Bei diesem Konzept ergäbe sich aber die bizarre Konstellation, dass
jene Bürger im Nachteil wären, die schon immer sparsam mit Energie
umgingen. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lehnte das Konzept
sofort ab; die hohen Preise für Erdgas böten alleine schon genug
Sparanreize, sagte er.
Gleichwohl hat jetzt der Energiekonzern EnBW eine solche Gassparprämie von
100 Euro auf den Weg gebracht. Diese zahlt das Unternehmen jedem Kunde, der
im kommenden Winter 10 Prozent Gas einspart. Der Verbrauch wird aber
temperaturbereinigt – das Hoffen auf einen milden Winter reicht also nicht.
18 Aug 2022
## LINKS
[1] /Oekonom-Dullien-ueber-Gasumlage/!5871921
[2] https://diw-econ.de/
[3] /Einfuehrung-der-Gasumlage/!5874420
## AUTOREN
Bernward Janzing
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