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# taz.de -- Energiewende in Niedersachsen: Potential noch nicht ausgeschöpft
> In Niedersachsen hat ein Forschungsprojekt Potentialflächen für
> Photovoltaik ausgewiesen. Doch es hakt vor allem am Netzanschluss.
Bild: Müssten teilweise nur noch ans Netz genommen werden: Photovoltaik-Anlage…
Am Boden wachsen Kräuter, darüber sollen Solarmodule Strom für die
Energiewende produzieren: Die Firma Steinicke in Lüchow würde ihre
[1][Agrophotovoltaikanlage] gerne ans Stromnetz anschließen. Der
landwirtschaftliche Betrieb warte aber bereits seit dem Frühjahr auf eine
entsprechende Zertifizierung, wie das Unternehmen mitteilt. Die ein Hektar
große Anlage im Nordosten Niedersachsens steht dabei sinnbildlich für die
Stoßrichtung und die Probleme der Solarindustrie in Deutschland.
Als saubere und kosteneffiziente Technologie zur Stromerzeugung sei die
Photovoltaik zur Umsetzung der Klimaziele unverzichtbar, sagt Carsten
Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft: „Der stärkere Ausbau von
Photovoltaikanlagen ist deshalb unerlässlich.“
Um geeignete Freiflächen für PV-Anlagen in Niedersachsen auszuweisen, haben
die Universität Hannover und das Institut für Solarenergieforschung in
Hameln im Auftrag der Landesregierung zwei Jahre gemeinsam geforscht. Das
Projekt „Inside“ analysierte die topografischen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in allen Teilen Niedersachsens.
Die Wissenschaftler:innen unterscheiden in ihrem Bericht zwischen vier
Kategorien, die das Potenzial für PV-Anlagen einordnen sollen: geringer,
mittlerer, hoher und sehr hoher Raumwiderstand. Hindernisse wie Wälder,
intensive Landwirtschaften oder Naturschutzgebiete erschweren den Ausbau
der Photovoltaik. Dagegen werden Grünlandflächen oder ertragsarme
[2][Ackerflächen explizit als Potenzialflächen] mit geringem Widerstand
ausgewiesen. Diese machten rund 13 Prozent der Landesfläche Niedersachsens
aus. Die Ergebnisse sind in Form von Karten für Gemeinden frei zugänglich.
Sie sollen die Entscheidung und die Installation von Solaranlagen
vereinfachen.
Daneben verweist auch Körnig auf die Kombination aus PV-Anlagen,
landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz. So könne auch „zwischen den
Modulreihen einer PV-Anlage neuer Lebensraum für gefährdete Pflanzen und
Tiere“ entstehen.
## Die Energiewende hakt an den Genehmigungen
Trotz der wissenschaftlichen Erkenntnisse kommt die [3][Energiewende
vielerorts aber nur langsam voran]: In Niedersachsen, wie in ganz
Deutschland, hakt gerade die Inbetriebnahme von Photovoltaikanlagen. Grund
dafür seien in vielen Fällen die ausstehenden Zertifizierungen, die
gleichbedeutend mit einer Betriebserlaubnis sind, wie der
Landtagsabgeordnete Martin Bäumer von der mitregierenden CDU sagt. „Es kann
nicht sein, dass aufgrund formaler und bürokratischer Hürden weiterhin Gas
aus den Speichern entnommen wird, während saubere erneuerbare Energien
nicht genutzt werden“, sagt Bäumer.
Tatsächlich hat sich die Zertifizierung von PV-Anlagen in den vergangenen
Jahren erschwert, was unter anderem mit bundesrechtlichen Reformen
zusammenhängt. Diese führten 2019 dazu, dass die Schwelle, ab welcher
Anlagen eine offizielle Zertifizierung benötigen, von einem Megawatt auf
135 Kilowatt abgesenkt wurde, wie Körnig sagt: „Daher betrifft die
Zertifizierung nun eine viel höhere Anzahl an Anlagen.“
Jorid Meya vom niedersächsischen Umweltministerium verweist deshalb auf die
Zuständigkeit des Bundes. Laut Meya wurde vom Ministerium bereits eine
Anhebung der Schwelle gefordert.
Dieser Forderung setzte das Bundeswirtschaftsministerium Ende Juli eine
Übergangsregelung entgegen: Zertifizierungsstellen dürfen bis Dezember 2025
Zertifikate mit der Auflage erteilen, „dass noch fehlende Nachweise
innerhalb von 18 Monaten nachzureichen sind“, wie Susanne Ungrad vom
Wirtschaftsministerium sagt. PV-Anlagen bis 950 Kilowatt dürften dadurch
schon jetzt vorläufig ans Netz angeschlossen werden.
Wie sich diese Übergangsregelung auf die Inbetriebnahme auswirke, könne der
Bundesverband Solarwirtschaft noch nicht abschätzen. So wie der Firma
Steinicke erging es aber bislang vielen Betreiber:innen. „Die Wartezeiten
dauern teilweise bis zu einem Jahr“, wie Körnig bereits im vergangenen Jahr
in den Medien sagte. Das führe bislang dazu, dass viele Betreiber:innen
unterhalb der Zertifizierungsschwelle von 135 Kilowatt blieben. Ob die
Energiewende durch die Übergangsregelung des Wirtschaftsministeriums
beschleunigt werden kann, bleibt fraglich. Denn der Zertifizierungsstau ist
damit nicht vom Tisch – er ist nur aufgeschoben.
14 Aug 2022
## LINKS
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[3] /Umsetzbarkeit-der-Energiewende-Plaene/!5863843
## AUTOREN
David Wasiliu
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