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# taz.de -- Generalstaatsanwalt in der Ukraine: Neuer Mann mit miesem Ruf
> Das ukrainische Parlament hat einen neuen Generalstaatsanwalt ernannt.
> Dabei ist der Jurist Andrij Kostin nicht ganz unumstritten.
Bild: Teamplayer im schlechten Sinn: Andrij Kostin
Berlin taz | Ihm dürfte die Schamröte ins Gesichts gestiegen sein ob so
vieler lobender Worte. Andrij Kostin sei ein optimaler und
hochprofessioneller Kandidat, ein juristischer Pragmatist. Er verfüge über
eine einwandfreie Reputation. Bei ihm deute nichts auf Toxizität hin und er
genieße hohes Ansehen – nicht nur im Parlament, sondern auch im Ausland,
sagte Mychailo Podoljak, seines Zeichens Berater des ukrainischen
Präsidenten Wolodimir Selenski, dem ukrainischen Webportal Ukrainska
Pravda.
Am Mittwoch wurde Kostin vom ukrainischen Parlament zum [1][neuen
Generalstaatsanwalt] ernannt. 299 Abgeordnete votierten für ihn, 32
enthielten sich. 33 zogen es vor, gar nicht abzustimmen. Den 49-Jährigen
für das Amt vorgeschlagen hatte Staatschef Selenski.
Kostin stammt aus [2][Odessa]. Dort schloss er 1995 ein Jurastudium ab und
arbeitete danach als Anwalt für verschiedene Firmen. 2019 wurde er für
Selenskis Partei „Diener des Volkes“ ins ukrainische Parlament gewählt.
Dort übernahm er den Vorsitz des Ausschusses für Rechtsangelegenheiten.
Kritiker*innen von Kostin werfen ihm vor, er habe in dieser Funktion
Justizreformen massiv blockiert. So ist die Berufung von Richter*innen
an das Verfassungsgericht durch das Parlament immer noch so intransparent
wie eh und je.
2021 interessierte sich Kostin für den Chefposten einer Spezialabteilung
der Generalstaatsanwalt für Korruptionsbekämpfung (SAP). Doch an seiner
Integrität kamen alsbald Zweifel auf. Zivilgesellschaftliche
Organisationen wie das „Zentrum für den Kampf gegen Korruption“, die
Stiftung DEJURE und Transparency International Ukraina hatten bei dem
Kandidaten nicht nur nur einzelne Haare, sondern ganze Büschel in der Suppe
gefunden.
## Hier und da einige Unregelmäßigkeiten
So soll Kostin in den Jahren 2019 und 2020 zwar keinen offiziellen Wohnsitz
in Kiew angemeldet, aber dennoch aus dem Staatshaushalt für entsprechende
Mietzahlungen umgerechnet 530 Euro erhalten haben. 2019 soll er für den
Verkauf zweier Wohnungen in Odessa umgerechnet knapp 32.000 Euro
eingestrichen, diese Information jedoch nicht an die Nationale Agentur für
die Prävention von Korruption (NASK) weitergegeben haben.
Auch die Wohnung seiner Tochter überging Kostin mit Schweigen. Sie arbeitet
als Assistentin für einen Abgeordneten von „Diener des Volkes“. Den
gleichen Job macht auch Kostins Frau bei dem Volksvertreter Maksim Dyrdin.
Dessen Gattin ging bis zu seiner Beförderung Andrij Kostin helfend zur
Hand.
Aus dem Chefposten bei der SAP wurde übrigens nichts, Kostin blieb beim
Bewerbungsmarathon auf der Strecke. Stattdessen versuchte er sich im
November 2021 als Mitglied der trilateralen Kontaktgruppe ergebnislos an
der Aushandlung einer Friedenslösung für den [3][Donbass].
Die ukrainische Juristin Marina Stawnitschuk sieht Kostins Ernennung qua
mangelnder Neutralität skeptisch. „Er ist Mitglied des Präsidententeams“,
sagte sie dem Nachrichtenportal Nastojaschee vremja. „Er wird ein
Mannschaftsspiel bestreiten.“
28 Jul 2022
## LINKS
[1] /Abberufung-von-Spitzenbeamten-in-Ukraine/!5869056
[2] /Odessa/!t5009857
[3] /Donbass/!t5018516
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Wolodymyr Selenskij
Transparenz
Russland
Schwerpunkt Korruption
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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