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# taz.de -- Apple-Serie „Five Days at Memorial“: Kurze Ruhe vor dem nächst…
> Triage, ungeklärte Todesfälle, Evakuierung: In „Five Days at Memorial“
> versucht eine Klinik verzweifelt, während Hurricane „Katrina“ Leben zu
> retten.
Bild: Die Evakuierung verläuft langsam, das Gefühl der Hilflosigkeit breitet …
War doch alles gar nicht so schlimm, denken die Mitarbeiter*innen des
Memorial Medical Center in New Orleans. Seit Tagen war vor dem
[1][Hurricane „Katrina“] gewarnt worden, doch er hatte keine größeren
Schäden im Krankenhaus angerichtet. „Ein paar Scheiben sind kaputt,
ansonsten ist das Haus intakt und ihr alle habt einen großartigen Job
gemacht“, sagt Einsatzleiterin Susan Mulderick (Cherry Jones). Die Stimmung
ist gelöst, der Himmel wieder blau, die Wolken haben sich verzogen. Doch
schnell wird klar: Die Ruhe nach dem Hurricane war nur die Ruhe vor dem
nächsten Sturm. Der brach in Form einer großen Flut über Louisiana herein
und riss mehr als tausend Menschen in den Tod.
Die Überraschung der Figuren über die Flut aus der Apple-Serie „Five Days
at Memorial – Inside the Storm“ überträgt sich nicht auf die
Zuschauer*innen. Denn 17 Jahre später ist klar, wie verheerend die
Naturkatastrophe im August 2005 war. Wie Menschen auf der Flucht ertrunken
sind. Wie eine Versorgungskrise entstand und das Kriegsrecht ausgerufen
wurde. Wie Menschen plünderten und andere gefangen genommen und getötet
wurden im Verdacht, Plünder*innen zu sein. Über all das wurde
international berichtet, der Stoff Dutzende Male popkulturell verarbeitet.
Die achtteilige Serie von John Ridley („[2][12 Years a Slave]“) und Carlton
Cuse („Lost“) beruht auf den Recherchen von Sheri Fink, die dafür mit dem
Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde. Tausende Menschen waren im
Memorial-Krankenhaus gefangen, während die Flut stieg. Ohne Klimaanlage und
ohne Strom. Einen Plan, wie man ein Krankenhaus bei einer Flut evakuiert,
gab es damals nicht. Nach fünf Tagen konnten sie gerettet werden – doch
nicht alle. 45 Patient*innen waren tot – 23 von ihnen hatten Morphin
oder andere Drogen im Blut. Doch wie waren sie gestorben? Wurden sie
getötet? War es ein Verbrechen?
Diese Frage versucht die Serie zu beantworten, indem sie Geschichte aus der
Perspektive von Krankenhauspersonal, Patient*innen und Angehörigen
erzählt. Da ist die eingangs schon erwähnte Leiterin Susan, die versucht
Hilfe von außen zu bekommen und keine bekommt. Als endlich ein Mann der
Nationalgarde auftaucht, sagt auch er nur: „Es ist ein verdammtes Chaos da
draußen. Niemand ist zuständig. Niemand weiß, was wir tun. Falls Sie auf
eine offizielle Anordnung warten – die wird nicht kommen.“
## Wer wird gerettet, wer bleibt zurück?
Dieses Gefühl der Hilflosigkeit überträgt sich schnell auf das gesamte
Krankenhaus. Die Evakuierung über Hubschrauber verläuft langsam und es
steht fest, dass auf diesem Wege nicht alle gerettet werden können. Eine
Triage-Regelung muss her. Worüber in der Coronapandemie über Monate
gestritten wurde, muss hier in Stunden entschiedenen werden. Wer soll
zuerst gerettet werden, wer zurückbleiben? Kann ein Krankenhaus, das im
Evakuierungsmodus ist, neue Patient*innen aufnehmen? Und sollen
Menschen, die keine lebenserhaltenden Maßnahmen haben wollen, trotzdem
gerettet werden?
Ob nun die Ärztin Anna Pour (Vera Farmiga) oder der Arzt Byant King
(Cornelius Smith Jr.), ob die Pfleger*innen oder Menschen in
Leitungspositionen: Sie alle müssen Entscheidungen treffen, die sie niemals
treffen wollten und die sie ein Leben lang begleiten werden. Es sind
Entscheidungen, die einen als Zuschauer*in schaudern lassen, doch da die
Serie nicht nur das Krankenhauspersonal, sondern auch noch
Patient*innen und ihren Angehörigen porträtieren möchte, ist man nach
der Hälfte der Staffel noch keiner der Figuren richtig nahegekommen. An der
schauspielerischen Leistung kann es nicht liegen; die ist durchweg sehr
gut. Vielmehr wirkt die Serie durch den Versuch der Vielstimmigkeit etwas
überfrachtet.
Trotz allem nimmt einen die Geschichte mit. Denn auch wenn diejenigen, die
Krankenhausserien wie „Grey’s Anatomy“ schauen, schon einiges an Drama
gewohnt sind, wirkt „Five Days of Memorial“ noch deutlich stärker nach.
Dies liegt vor allem am Wissen, dass diese Flut, diese Schicksale, diese
Figuren und die Toten alle eine reale Vorlage haben. Verstärkt wird das
durch Archiv-Aufnahmen überschwemmter Gebiete von 2005. Am Ende bleibt
nicht nur die Nacherzählung einer Naturkatastrophe, sondern vor allem ein
Dokument menschlichen und staatlichen Versagens.
12 Aug 2022
## LINKS
[1] /Zehn-Jahre-nach-Hurrikan-Katrina/!5223655
[2] /Kinofilm-12-Years-a-Slave/!5050756
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Triage
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