# taz.de -- US-Außenminister in Afrika: Blinken will schlichten | |
> US-Außenminister Blinken besucht die Demokratische Republik Kongo und | |
> Ruanda. Zwischen den Ländern kriselt es, ethnische Konflikte spitzen sich | |
> zu. | |
Bild: Freundliche Miene auf schwieriger Mission: US-Außenminister Blinken in K… | |
KAMPALA taz | US-Außenminister Antony Blinken tourt derzeit durch Afrika. | |
Dabei sind sowohl seine Stationen als auch der Zeitpunkt strategisch gut | |
gewählt. Am Montag besuchte er zum Auftakt Südafrika. In seiner Rede vor | |
Studenten der Universität in Pretoria betonte er, „Afrika wird die Zukunft | |
gestalten, nicht nur die Zukunft der Afrikaner, sondern der ganzen Welt“. | |
An Afrikas Präsidenten richtete er eine Botschaft: „Die Vereinigten Staaten | |
werden Afrikas Entscheidungen nicht diktieren, und das sollte auch niemand | |
sonst tun“, so Blinken: „Das Recht, diese Entscheidungen zu treffen, gehört | |
den Afrikanern, und nur den Afrikanern.“ | |
Ende Juli hatte Russlands A[1][ußenminister Sergei Lawrow seine | |
Afrika-Tour] absolviert und an Afrikas Präsidenten appelliert, dem Druck | |
des Westens zu widerstehen, der Sanktionen gegen Russland fordere. | |
Zahlreiche Staaten, die wirtschaftlich oder auch militärisch von Russland | |
abhängig sind, etwa Südafrika, hatten sich im Februar bei einer Abstimmung | |
über Sanktionen gegen Russland in der Generalversammlung der Vereinten | |
Nationen (UN) enthalten. | |
## Blinken besucht den Krisenherd im Herzen des Kontinents | |
Von Südafrika aus reiste Blinken am Dienstag in die Demokratische Republik | |
Kongo (DRK). Dort traf er in Kinshasa den Präsidenten Felix Tshisekedi. | |
„Die Demokratische Republik Kongo ist ein wichtiger Partner bei der | |
Förderung von Sicherheit und Stabilität, der Förderung von Demokratie und | |
Achtung der Menschenrechte, der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der | |
Bekämpfung der Klimakrise“, betonte Blinken anschließend auf der | |
Online-Plattform Twitter. Danach reiste er weiter ins kleine Nachbarland | |
Ruanda. | |
Dass sich der US-Chefdiplomat ausgerechnet diese Krisenregion im Herzen des | |
Kontinents ausgesucht hat, ist kein Zufall – im Gegenteil. Denn zwischen | |
Ruanda und der DRK kriselt es. Analysten fürchten einen weiteren, brutalen | |
[2][Krieg im Ostkongo], der die Stabilität der ganzen Region erneut | |
gefährden könnte, wie bereits bei den Kongo-Kriegen zuvor. | |
Im Ostkongo ist die [3][Gewaltspirale schon seit Längerem im vollen Gange]. | |
In den vergangenen Wochen kam es in zahlreichen Städten zu gewaltsamen | |
Ausschreitungen gegen die Blauhelme der UN-Friedensmission Monusco, die | |
seit über 20 Jahren im Land stationiert ist. 36 Menschen kamen dabei ums | |
Leben, darunter vier Blauhelme. | |
Kongos Regierung hat außerdem den UN-Pressesprecher aus dem Land geworfen, | |
nachdem Blauhelme an einer Grenzstation zu Uganda auf demonstrierende | |
Kongolesen geschossen und dabei zwei Menschen getötet hatten. Zuvor hatte | |
Kongos Regierung den UN beim Kampf gegen die Rebellen der M23 (Bewegung des | |
23. März) Versagen vorgeworfen. | |
## Gegenseitige Vorwürfe | |
[4][Die M23] hatten im Frühjahr erneut ein strategisch wichtiges Gebiet im | |
Dreiländereck zwischen Ostkongo, Ruanda und Uganda eingenommen. Bis heute | |
besetzen sie die für den Handel wichtige Grenzstadt Bunagana. Die M23 | |
besteht aus Angehörigen der Tutsi-Volksgruppe. Kongos Regierung wirft seit | |
Beginn des M23-Feldzuges seinem Nachbarland Ruanda vor, die Gruppe mit | |
Waffen und Soldaten zu unterstützen. Ruanda streitet das vehement ab und | |
wirft umgekehrt der Armee des Kongo vor, mit der Hutu-Miliz FDLR | |
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu kooperieren. | |
Die FDLR ist eine der brutalsten Rebellenorganisationen im Ostkongo. In | |
ihrer Führung tummeln sich ehemalige Täter des Völkermordes in Ruanda 1994 | |
an der dortigen Tutsi-Minderheit. Sie waren nach der Machtergreifung der | |
Tutsi-Guerillas unter dem heutigen Präsidenten Paul Kagame in den Ostkongo | |
geflohen und hatten dort die FDLR gegründet, um Ruanda zurückzuerobern. | |
Ihre Verbindungen zu Kongos Armeegenerälen ist kein Geheimnis. | |
Just als Blinken kongolesischen Boden betrat, wurde der taz ein interner | |
UN-Ermittlungsbericht zugespielt. Er liefert konkrete Beweise für die | |
ruandische Unterstützung der M23. Mit bis zu 1.000 Mann, so heißt es darin, | |
hätte Ruandas Armee der M23 geholfen, vor allem bei den wichtigen | |
Schlachten um das größte Militärlager der kongolesischen Armee in | |
Rumangabo, inmitten des Virunga-Nationalparks. Bis zu 50 kongolesische | |
Soldaten, darunter mehrere Offiziere, waren dort von der M23 getötet worden | |
– eine blutige Niederlage für die Armee. Der Bericht bestätigt außerdem, | |
dass Ruandas Armee den Rebellen Mittelstreckenraketen und weitere | |
Ausrüstung geliefert hatte. Umgekehrt liefert der UN-Bericht jedoch auch | |
Beweise, dass die FDLR Mitglied jener Koalition von Milizen ist, die | |
derzeit Kongos Armee im Kampf gegen die M23 unterstützen. | |
Blinken versucht nun, den komplexen Konflikt zu schlichten. Kongos | |
Präsident Tshisekedi bat Blinken um Hilfe gegen eine „Invasion“ Ruandas. | |
Blinken betonte in Kinshasa, er sei „sehr besorgt“ über die Ergebnisse des | |
UN-Berichts und werde diese beim Treffen mit Ruandas Präsident Kagame am | |
Mittwoch ansprechen. | |
10 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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