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# taz.de -- Menschenrechte in Ägypten: Gegen Al-Sisi, für Freiheit
> Ägyptische Aktivisten demonstrieren in Berlin gegen den ägyptischen
> Präsidenten Al-Sisi. Der ist für den Petersberger Klimadialog in
> Deutschland.
Bild: Teilnehmer der Protestaktion gegen den Stattsbesuch von Ägyptens Präsid…
Berlin taz | „Lasst sie alle frei!“ fordern Demonstrierende am Montag
anlässlich des Besuchs des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah El-Sisi in
Deutschland. Ihre Botschaft bezieht sich auf die zahlreichen ägyptischen
Menschenrechtsverteidiger, die in Ägypten inhaftiert sind.
Al-Sisi nimmt in Berlin am [1][Petersberger Klimadialog] teil – eine
jährliche Konferenz, bei der Impulse für die jährlichen UN-Klimakonferenzen
entwickelt werden sollen. Er führt außerdem bilaterale Gespräche mit
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und
anderen prominenten Mitgliedern der deutschen Regierung.
Dass Menschenrechte – und vor allem Menschenrechtsverletzungen in Äygpten –
dabei eine untergeordnete Rolle spielen, stößt vielen in Berlin lebenden
ägyptischen Menschenrechtsaktivisten sauer auf. Ihren Protest dagegen
machen sie hör- und sichtbar.
Einer der Organisatoren der Demonstration, der aus Sicherheitsgründen nicht
namentlich genannt werden möchte, sagt: „Wir haben mehrere Botschaften. Die
erste ist ein Aufruf an die deutsche Regierung, die militärische,
sicherheitspolitische und politische Unterstützung für den Diktator Abdel
Fattah Al-Sisi zu beenden. Die zweite Botschaft an Al-Sisi lautet: Wir
werden Ihre Verbrechen öffentlich benennen, wohin Sie auch gehen“.
## Die Bedingungen für Inhaftierte in Ägypten sind problematisch
Die britisch-ägyptische Aktivistin [2][Sanaa Seif] ist die Schwester des
berühmten Menschenrechtsverteidigers Abdel Fattah, der sich seit 109 Tagen
im Hungerstreik befindet. Seit acht Jahren sitzt er wegen seiner Meinung im
Gefängnis und schwebt mittlerweile in Lebensgefahr. Bei der Demonstration
sagt sie: „Sisi ist hier und wurde willkommen geheißen, und mein Bruder
stirbt in seinem Gefängnis“.
Wenn Deutschland sich um Menschenrechte kümmern wolle, so Seif, dann solle
es den Äygptern helfen. Sie saß selbst in Ägypten in Haft: „Ich weiß, was
es bedeutet, in einem ägyptischen Gefängnis eingesperrt zu sein“.
Das Arabische Netzwerk für Menschenrechtsinformationen hat kürzlich einen
Bericht veröffentlicht, der die problematischen Bedingungen für Gefangene
in Ägypten aufzeigt. Er weist darauf hin, dass die Zahl der neuen
Gefängnisse – deren Einrichtung nach der Revolution im Jahr 2011
beschlossen wurde – mittlerweile 35 erreicht hat, zusätzlich zu den 43
besteheneden Gefängnissen von vor der Revolution.
Die Organisation schätzt die Zahl der Gefangenen, Untersuchungshäftlinge
und Inhaftierten in Ägypten bis Anfang März 2021 auf etwa 120.000
Gefangene. Darunter sind auch etwa 65.000 politische Gefangene.
## „Deutschland darf die Augen nicht verschließen“
Karim Abdel-Radi, ein ägyptischer Menschenrechtsverteidiger, der im Exil in
Berlin lebt und die Demonstrationen mitorganisiert hat, sagt: „Deutschland
und die demokratischen Länder der Welt sollten ihre Augen nicht vor den
Menschenrechtsverletzungen in Ägypten verschließen.“ Mit Al-Sisi
zusammenzuarbeiten, ohne zu bedenken, dass Zehntausende politische
Gefangene in Ägypten in Haft sitzen, mache unter anderem Deutschland zu
Komplizen.
[3][Nora Younes, Chefredakteurin von Al-Manassa], einer unabhängigen
ägyptischen Nachrichtenseite, berichtet auf Facebook, dass diese zwei Tage
vor Al-Sisis Besuch in Deutschland blockiert worden sei.
Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen steht Ägypten auf der Weltrangliste
der Pressefreiheit auf Platz 168 von 180 Ländern, Hunderte von unabhängigen
Presse-Websites sind blockiert, und Dutzende von Journalisten sind wegen
ihrer journalistischen Arbeit inhaftiert.
Abdel-Radi sagt: Ägypten stehe der Meinungsfreiheit nach wie vor feindselig
gegenüber. „Es verfolgt die Politik, unabhängige journalistische Websites
zu blockieren“. Mittlerweile sagt er, gebe es keine journalistische Website
mehr, die eine kritische Meinung vertrete und noch nicht gesperrt worden
sei.
## Demonstrierende haben Angst erkannt zu werden
Viele Demonstrierende tragen Masken, Sonnenbrillen und Mützen – ein Versuch
ihre Identität zu verbergen. Sie fürchteten die Gewalt der ägyptischen
Behörden gegen sie und ihre Familien in der Heimat, sagt eine Aktivistin,
die nicht genannt werden will. Die Sicherheitskräfte der ägyptischen
Botschaft seien immer präsent sind, sagt sie, wenn eine Demonstration gegen
Al-Sisi stattfänden.
„Sie fotografieren uns und schreiben Sicherheitsberichte über unsere
Aktivitäten im Ausland“, sagt sie. Und: „Niemand ist vor der Gewalt der
ägyptischen Behörden sicher“. Und fügt hinzu: „Unsere Demonstration hat
auch eine Botschaft an die deutsche Regierung: Die Unterstützung dieses
Diktators gefährdet die Sicherheit Deutschlands und Europas. Es ist diese
Politik der Unterdrückung, die Terrorismus hervorbringt und illegale
Migration verursacht.“
19 Jul 2022
## LINKS
[1] /Vor-dem-Petersberger-Klimadialog/!5865439
[2] /Repressionen-in-Aegypten/!5821074
[3] https://cpj.org/2020/10/al-manassa-editor-nora-younis-on-censorship-in-egyp…
## AUTOREN
Basma Mostafa
## TAGS
Justiz in Ägypten
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