| # taz.de -- Unterbringung Geflüchteter in Hamburg: Wo sich die Mieten türmen | |
| > Für die Unterbringung von ukrainischen Geflüchteten zahlt die Stadt | |
| > Hamburg viel Geld. Ein Vermieter kassiert pro Wohnung bis zu 5.400 Euro | |
| > im Monat. | |
| Bild: Gilt als Spekulationsobjekt: der Mundsburgturm | |
| Hamburg taz | Der Ausblick ist unbezahlbar. Vom 26. Stockwerk des | |
| [1][Mundsburgturms in Hamburg] kann man die Alster erblicken – nur ein | |
| Baugerüst schmälert die Sicht. Handwerker:innen erneuern die Fassade, | |
| Sägen kreischen, Bohrer schrillen. | |
| In dem Hochhaus wohnen seit April [2][ukrainische Schutzsuchende]. Im | |
| Gegensatz zum Panorama lassen sich die Kosten für ihre Unterbringung sehr | |
| wohl beziffern: Die Stadt bezahlt dem Betreiber, der Home United Spaces | |
| GmbH, bis zu 5.400 Euro im Monat – für eine Wohnung. Die Hamburger | |
| Linkspartei wirft dem Betreiber vor, die Sanierung des Hochhauses auf diese | |
| Weise zu finanzieren. Der will davon aber nichts hören. | |
| Entlang einer sechsspurigen Kreuzung liegt das Hochhaus, das Ende Juni | |
| bereits 154 ukrainische Geflüchtete ihr Zuhause nannten. Der Mundsburgturm | |
| hat insgesamt 132 Wohneinheiten, 40 von ihnen sind regulär vermietet. Nun | |
| ziehen bis zu 300 Geflüchtete in 60 Wohnungen ein. Weitere 150 Menschen | |
| sollen in den Gewerberäumen untergebracht werden. | |
| Unter langjährigen Bewohner:innen gilt der Mundsburgturm als | |
| Spekulationsobjekt. Kaufen, kaum sanieren, mit Gewinn verkaufen – | |
| steigenden Immobilienpreisen sei Dank. Seit 2020 gehört das Hochhaus dem | |
| [3][Unternehmen von Investor Tomislav Karajica], der unter anderem den | |
| Hamburger Fernsehturm betreibt und Hauptgesellschafter des Basketballteams | |
| Hamburger Towers ist. | |
| ## Einzelne Wohnungen werden saniert | |
| Im zehnten Stock wohnen Geflüchtete aus der Ukraine und andere | |
| Mieter:innen Tür an Tür. Neben der Bedienkonsole im Fahrstuhl kleben | |
| Aushänge auf Deutsch und Ukrainisch, die Anzeige zum 26. Stockwerk | |
| funktioniert nicht. Im zehnten Stock angekommen, eröffnet sich ein | |
| quadratischer Flur, an dessen Seiten Ein- und Zweizimmerwohnungen abgehen. | |
| Einzelne Wohnungen werden derzeit durch Karajicas Unternehmen, die Home | |
| United GmbH, saniert. Der vergilbte Teppich, der in den 1970ern verlegt | |
| wurde, wird durch Holzlaminat ersetzt. Die Wohnungen sind zwischen 30 und | |
| 65 Quadratmeter groß, bis zu sechs Geflüchtete werden in einer Wohnung | |
| untergebracht. Dafür erhält die Home United GmbH von der Hamburger | |
| Sozialbehörde pro Person 900 Euro im Monat, wie aus einer kleinen Anfrage | |
| der Linken an den Senat hervorgeht. | |
| Rolf Bosse, Geschäftsführer des Hamburger Mietvereins, hält diesen Preis | |
| für extrem: „Die nehmen mehr als doppelt so viel, wie auf dem Markt üblich | |
| ist.“ Laut Mietenspiegel läge der Quadratmeterpreis in dieser Lage bei acht | |
| bis neun Euro, pro Wohnung also zwischen 400 und 500 Euro. Trotz | |
| Sanierungsarbeiten schätzt Bosse, dass „auf Vermieterseite pro Wohnung | |
| 3.000 Euro im Monat hängen bleiben.“ | |
| Sollten die Kosten bei der Unterbringung für Schutzsuchende überhaupt eine | |
| Rolle spielen? Carola Ensslen, Sprecherin für Flucht und Migration in der | |
| Hamburger Linkspartei, sagt: „An erster Stelle steht, dass die Menschen | |
| vernünftig untergebracht werden.“ Normalerweise, sagt Ensslen, sei für die | |
| Unterbringung geflüchteter Menschen jedoch eine „Kostenpauschale von knapp | |
| 520 Euro pro Monat“ vorgesehen. Da im Fall des Mundsburgturms dieser Rahmen | |
| stark überschritten werde, müsse der Senat aufpassen, dass er sich nicht | |
| erpressen lasse. | |
| ## Betreiber hält Kosten für gerechtfertigt | |
| Die Hamburger Sozialbehörde will die Kosten der Unterbringung nicht | |
| nachträglich juristisch prüfen lassen. Pressesprecher Martin Helfrich sagt, | |
| dass die Kosten auf einen Vertrag zurückgingen, dem die Stadt zugestimmt | |
| hat. | |
| Der Betreiber hält die Kosten ohnehin für gerechtfertigt. „Es handelt sich | |
| um ein Full-Service-Paket, das nicht nur die Bereitstellung der Wohnungen | |
| vorsieht“, sagt Matthias Linnenbrügger, Pressesprecher von Home United | |
| Spaces. Manche Wohnungen müssten für die Geflüchteten renoviert werden. | |
| Außerdem beschäftige das Unternehmen Vollzeitbetreuer:innen und stelle | |
| Küchengeräte und Möbel bereit. Nach Ablauf eines einjährigen Vertrages | |
| werde die Stadt die Wohnungen zudem für 600 Euro anmieten – ein | |
| marktüblicher Preis. | |
| Nachdem die Bild-Zeitung der Home United Spaces GmbH „Mietwucher“ vorwarf, | |
| leitete das Unternehmen sogar juristische Schritte ein. Linnenbrügger | |
| zufolge erwirkte der Hochhausbetreiber eine Unterlassungserklärung gegen | |
| den Axel-Springer-Verlag, was zur Löschung eines „Bild-TV“-Beitrags und | |
| einer [4][Richtigstellung im Onlineartikel] der Zeitung führte. | |
| Anfang des Jahres luden Mieter:innen den Besitzer Karajica zu einer | |
| Versammlung ein, Thema waren die zukünftigen Nachbar:innen. Angesichts der | |
| Situation kam eine seiner Aussagen den Anwesenden wie Hohn vor: „Jetzt | |
| können wir alle zeigen, wie solidarisch wir sind.“ | |
| 1 Aug 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Platz-fuer-Ukraine-Fluechtlinge/!5844176 | |
| [2] /Notfallplan-fuer-Fluechtlingsunterbringung/!5867509 | |
| [3] /Bauplaene-fuer-die-Veddel/!5747084 | |
| [4] https://www.bild.de/news/inland/news-inland/moegliche-abzocke-im-hochhaus-s… | |
| ## AUTOREN | |
| Arne Matzanke | |
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