# taz.de -- Netflix-Serie „Uncoupled“: „Sex and the City“ in schwul | |
> Nach 17 Jahren Beziehung muss Michael sich als Single in New York | |
> beweisen. „Uncoupled“ bietet altbackene Gay-Klischees – aber auch | |
> gelungene Gags. | |
Bild: Frisch-Single Michael (N.P. Harris, rechts) unterwegs mit Langzeit-Single… | |
Erinnert sich noch jemand daran, wie früher mit Blick auf „Sex and the | |
City“ gerne mal gesagt wurde, es handle sich bei den vier Protagonistinnen | |
eigentlich um schwule Männer in Frauengestalt? Das war als These eigentlich | |
kaum haltbar und vor allem einigermaßen misogyn, doch fast hat es den | |
Anschein, als habe sich Darren Star, der Schöpfer der legendären Serie, für | |
sein neues Werk nun genau von diesen damaligen Scherzen inspirieren lassen. | |
Einen Hauch von [1][„Sex and the City“], bloß mit schwulen Männern, kann | |
man seiner neusten Serie „Uncoupled“ jedenfalls nicht absprechen. | |
Das Pendant zu Carrie Bradshaw – Single in New York, mit schickem | |
Apartment – ist hier Immobilienmakler Michael (Neil Patrick Harris), für | |
den das Alleinstehendsein allerdings eine gänzlich neue Erfahrung ist. Aus | |
heiterem Himmel nämlich wird er in „Uncoupled“ nach 17 Jahren monogamen | |
Beziehungsglücks von seinem Lebensgefährten Colin (Tuc Watkins) verlassen. | |
Fortan ist er, zwischen Wut und Trauer schwankend, nicht nur damit | |
beschäftigt, das Liebes-Aus zu verarbeiten – was weder dadurch erleichtert | |
wird, dass Colin ihm nicht die geringste Erklärung liefert, noch durch die | |
Tatsache, dass der Ex weiterhin in einer Familien-Whatsapp-Gruppe mit | |
Michaels Eltern ist –, sondern er muss sich als schwuler Junggeselle auch | |
noch einmal ganz neu verorten, was gar nicht so einfach ist, wenn man | |
erstens stramm auf die 50 zugeht und zweitens weder mit Dating-Apps noch | |
mit Nacktselfies oder One-Night-Stands ohne Kondom (PrEP sei Dank!) | |
irgendwelche Erfahrungen hat. | |
## Zwischen Luxuswohnung und Benefizgala | |
Immerhin gibt’s dauerhaften Beistand beim Single-Neuanfang, sei es durch | |
Kollegin Suzanne (Tisha Campbell), die als alleinerziehende Mutter ihrem | |
Sohn immer noch die Unterhosen kauft, oder durch seine besten Freunde Billy | |
(Emerson Brooks), Wetteransager mit Hang zu deutlich jüngeren und | |
regelmäßig wechselnden Lovern, und Stanley (Brooks Ashmanskas), Galerist | |
und leicht misanthropischer Dauersingle. | |
Nicht nur die Figurenkonstellation erinnert zumindest vage an „Sex and the | |
City“, sondern auch die Welt, in der sie sich bewegen. Ständig gibt’s teure | |
Luxuswohnungen zu sehen und werden Vernissagen besucht, derweil man | |
Benefizgalas genauso feiert wie Babyshower. Das ist zwar alles hübsch | |
anzusehen und mit erkennbarem Aufwand vor Ort gefilmt, doch das | |
New-York-Bild, das dabei entsteht, ist ein ähnlich [2][künstliches Klischee | |
wie das der französischen Hauptstadt in „Emily in Paris]“, einer weiteren | |
Serie von Darren Star, der sich für „Uncoupled“ übrigens mit dem „Modern | |
Family“-Autor Jeffrey Richman zusammengetan hat. | |
Richtiger wäre es ohnehin, statt von New York von Manhattan zu sprechen, | |
denn über das ach so weit entfernte Brooklyn wird hier gescherzt, als | |
würden wir uns noch in den Neunzigern befinden. Was wiederum ganz gut passt | |
zu manch altbackenen Gay-Klischees, die sich hier immer wieder Bahn | |
brechen. | |
Verglichen mit „Uncoupled“ wirkte die jüngst gezeigte „Sex and the | |
City“-Fortsetzung [3][„And Just Like That“] in ihrem arg krampfigen | |
Bemühen, mit dem Zeitgeist mitzuhalten, geradezu mutig. Mit dem | |
wegweisenden Vorbild (das seinerseits, gerade in Sachen Queerness, nicht | |
immer unproblematisch war) können aber beide nicht mithalten, weder was | |
Biss und Witz der Dialoge noch was das Erzähltempo angeht. | |
Dass „Uncoupled“ zwar manchmal eine müde Plätscherei, aber trotzdem keine | |
Katastrophe geworden ist, liegt neben der sympathischen Prämisse | |
(LGBTQ-Protagonist*innen jenseits der 40 sind schließlich nach wie vor eine | |
Seltenheit) auch daran, dass jede der acht Folgen dann zumindest doch ein | |
paar gelungene Gags zu bieten hat, darunter einen Paartherapeuten, der | |
nebenbei als Dragqueen auftritt. | |
Außerdem merkt man Neil Patrick Harris die Freude an, nach Jahren als | |
Hetero in [4][„How I Met Your Mother“] oder in „Eine Reihe betrüblicher | |
Ereignisse“ endlich mal eine schwule Hauptrolle spielen zu dürfen. Und | |
Tisha Campbell sowie Oscargewinnerin Marcia Gay Harden als reiche | |
Maklerkundin sind mit deutlich mehr Humor bei der Sache, als ihren Figuren | |
Raum gegeben wird. | |
31 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Sex-and-the-City-im-Kino/!5181479 | |
[2] /Netflix-Serie-Emily-in-Paris/!5821917 | |
[3] /Sex-and-the-City-Reboot/!5818983 | |
[4] /How-I-met-your-mother/!5175892 | |
## AUTOREN | |
Patrick Heidmann | |
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