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# taz.de -- EM-Halbfinale gegen Frankreich: „Wir haben unsere Chance gespürt…
> Verteidigerin Felicitas Rauch spricht über den neuen Teamgeist der
> Deutschen. Und über das EM-Halbfinale gegen Frankreichs Kadidiatou Diani.
Bild: Die Defensive, hier Felicitas Rauch, wurde vom Sorgenkind zum Glanzstück
taz: Frau Rauch, voraussichtlich spielen Sie im Halbfinale auf ihrer linken
Abwehrseite gegen Diani, [1][eine der auffälligsten Außenstürmerinnen in
diesem Turnier]. Bereiten Sie sich auf so eine Gegenspielerin besonders
vor?
Felicitas Rauch: Unsere Videoanalysten bereiten uns über eine App gezielt
Daten von jeder Spielerin auf. Wir haben zusammen fast alle Spiele
geschaut. Grundsätzlich hat man in den Spielen hier oder in der Champions
League öfter schon Spielerinnen auf diesem Niveau verteidigen müssen,
deshalb habe ich da echt Lust drauf und freue mich auf das Duell.
Hatten sie Diani schon mal als Gegenspielerin?
Nein, das wäre das erste Mal.
Was zeichnet Diani aus und worauf kommt es an, will man gegen sie bestehen?
Sie ist eine sehr athletische Spielerin, die ihren Körper sehr gut
einsetzen kann, schnell ist, gute Technik hat, stark im Eins-gegen-eins
ist. Es ist wichtig bei diesen Spielerinnen, mit dem Körper eng dran zu
sein. Ich muss Diani die Lust am Spielen nehmen.
Das Videostudium hat dieses Mal nicht länger gedauert?
Ich bin jemand, der sich sowieso gerne vorab informiert. Deswegen ist der
Zeitaufwand nicht größer gewesen. Grundsätzlich versuche ich mich aber auch
auf mein Spiel zu konzentrieren. Dass ich vielleicht die ein oder andere
Offensivaktion starten kann, damit sie auch mal verteidigen muss und mir
mal hinterherrennen muss. Das ist auch unser Anspruch: Frankreich unser
Spiel aufzudrücken.
Ist es gegen Frankreich einfacher, mutig zu sein [2][als gegen Spanien]?
Für dieses Spiel hatte man auch angekündigt, mutig zu sein. In der Realität
tat sich das Team damit sehr schwer.
Mit deren Ballsicherheit und Passspiel kommst du häufig nicht in die
Duelle, weil die Spanierinnen unglaublich gut sind, die Gegnerinnen laufen
zu lassen. Aber gegen Frankreich erwartet uns von der Spielanlage ein
Gegner, der uns vielleicht besser liegt und wir unser Spiel besser
durchdrücken können.
Für Mut braucht es auch eine gewisse Mentalität. Welche Rolle spielt der
psychologische Aspekt bei solchen Begegnungen mit geringerem
Niveauunterschied?
Ich glaube schon, das sind so Kleinigkeiten, die auf dem Niveau einen
Ausschlag geben können. Die Französinnen sind ja auch gesegnet mit ihrer
natürlichen Arroganz, die sie manchmal ausstrahlen. Aber ich bin gespannt,
wie das ist, wenn sie vielleicht mal zurückliegen. Diese Situation haben
sie noch nicht erlebt. Klar, wir auch nicht, aber ich denke, dass viel mit
Ausstrahlung, Lust und Energie zu tun hat.
Im Vorfeld der EM haben einige die Abwehr als Schwäche der Deutschen
ausgemacht. Die Viererkette hatte in der Besetzung kaum zusammengespielt.
Ohne Gegentreffer stellt das Team nun die beste Turnierabwehr. Warum klappt
das so gut?
Das kam vermehrt von außen. Wir hatten intern nie das Gefühl, ein Problem
zu haben. Dazu muss man nur auf die Qualität und die internationale
Erfahrung der Spielerinnen schauen. Nur Marina [Hegering, Anm. d. Red.]
hatte verletzungsbedingt etwas weniger Spielzeit. Klar, wie es letztlich
harmoniert, weiß man nicht. Mein Zwischenfazit lautet: Es gibt nichts
Schöneres, als mit diesen Fußballerinnen zusammenzuspielen.
Die Befürchtungen hatten [3][mit den Ergebnissen vor der EM] zu tun.
In der Saison hast du auch eine ganz andere Belastung. Die Spielerinnen vom
FC Bayern und vom VfL Wolfsburg kommen alle aus einer Dreifachbelastung.
Gefühlt haben wir nur Englische Wochen. Klar rotierst du dann viel durch,
dadurch entstehen auch Abstimmungsfehler. Das ist völlig normal. Und
jüngere Spielerinnen brauchen auch Einsatzzeiten, um Erfahrungen zu
sammeln.
Neben der Defensive scheint eine weitere Stärke des Teams der Zusammenhalt
zu sein. Im Vorfeld des Turniers, das ist ja auch in einem Film
dokumentiert, hat es Probleme und Aussprachen gegeben. Was war der
entscheidende Faktor für den Wandel?
Ich würde sagen, es kam mit der Lust auf das Turnier. Wir haben wirklich
gemerkt, was für eine Chance wir auch haben. Klar, wenn du bei Spielen wie
gegen Serbien deinem Anspruch hinterherläufst, macht das einen persönlich,
aber auch eine Mannschaft unzufrieden. Wir sehen ja alle, was für ein
Potenzial wir haben.
Wie kam der Umschwung?
Du verbringst in der Vorbereitung so viel harte Zeit auf dem Trainingsplatz
zusammen, das schweißt auch zusammen. Im Trainingscamp in Herzogenaurach
hatten wir noch einmal andere Gespräche führen können, was alles dazu
führt, dass du merkst: Okay, hier tut sich gerade was. Hier gibt es keine
Gruppenbildung, das habe ich selbst so krass auch noch nicht erlebt.
Sie sind schon seit 2015 im DFB-Team. Bei der Bundestrainerin Martina
Voss-Tecklenburg hat man den Eindruck, dass sie in der Lage ist, ihren
Umgang mit dem Team zu verändern, wenn sie an Grenzen stößt. Unterscheidet
sie das vielleicht von ihren Vorgängerinnen?
Mir persönlich ist wichtig, dass Trainer authentisch sind. Nur so können
sie einen Draht zu den Spielerinnen haben. Auch Steffi Jones oder Silvia
Neid, die viel Erfolg hatte, waren immer authentisch. Bei allem Misserfolg
von Steffi war auch sie authentisch. Sie war sehr positiv in ihrer Art, hat
dann aber vielleicht in dem Moment nicht zu der Mannschaft gepasst, zu dem,
was das Team in dem Moment gebraucht hätte.
Bei Martina Voss-Tecklenburg passt es?
Bei Martina merkst du, wie viel Erfahrung sie zum einen als Spielerin, aber
auch als Trainerin hat. Das ist natürlich generell ein Findungsprozess. Wir
sind jetzt dreieinhalb Jahre zusammen. Man sieht, dass sich das erst über
eine Zeit entwickeln muss. Gefühlt hat sich das jetzt zum richtigen
Zeitpunkt gefunden.
Was beeindruckt Sie an dieser EM am meisten?
Die vielen Zuschauer jeden Spieltag. Aber auch, was wir aus den Medien in
Deutschland mitbekommen. Du hast das Gefühl, dass endlich eine kleine
Plattform geschaffen wird. Dass du die Möglichkeit hast, Kinder zu
erreichen, Leute, die vielleicht vorher nicht so gerne Frauenfußball
geschaut haben, und jetzt feststellen, was sich im physischen Bereich und
taktischen Verständnis getan hat. Diese Leute für unsere Sache zu
begeistern, macht uns megaglücklich.
27 Jul 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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