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# taz.de -- Interna an Porsche-Chef: FDP-Chef soll komplett aufklären
> Die NGO Lobbycontrol ist empört, dass FDP-Chef Christian Lindner an
> Porsche-Chef Blume Koalitionsinterna weitergab. Der wird jetzt auch noch
> VW-Boss.
Bild: Ziemlich nah dran an FDP-Chef Christian Lindner: der künftige VW-Chef Ol…
Berlin taz | Der Druck auf Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)
wegen Weitergabe vertraulicher Informationen aus den
Ampel-Koalitionsverhandlungen an Porsche-Chef Oliver Blume nimmt zu. Die
Organisation LobbyControl fordert eine vollständige Aufklärung. „Alle
Fakten müssen auf den Tisch“, sagte LobbyControl-Sprecher Timo Lange.
Bestätige sich der Vorfall, sei das ein „hochproblematischer“ Vorgang. „…
FDP und Herr Lindner verstärken den Eindruck, als verlängerter Arm der
Autoindustrie zu agieren.“
Lindners Plauderfreude hat an Brisanz gewonnen, weil Blume überraschend
befördert worden ist. Am Freitagabend hatte der Aufsichtsrat von Volkswagen
mitgeteilt, dass der bisherige [1][VW-Chef Herbert Diess] geschasst wird.
Sein Nachfolger wird ausgerechnet Blume, der künftig sowohl den
Sportwagenhersteller Porsche als auch den VW-Konzern führen soll.
Blume war in den Tagen davor in die Schlagzeilen geraten. Nach Recherchen
des ZDF-Satire-Magazin „Die Anstalt“ soll er sich bei einer
Betriebsversammlung von Porsche damit gebrüstet haben, dass FDP-Chef
Lindner ihn bei den Ampelverhandlungen fast stündlich über die Gespräche
über E-Fuels informiert habe. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe. Vor
Kurzem hatte die Regierung heftig darüber gestritten, ob es Ausnahmen für
Autos geben soll, die nur mit E-Fuels fahren, wenn die Neuzulassung von
Verbrennern auf EU-Ebene verboten wird. Die [2][FDP setzte eine erneute
Prüfung der EU durch.] Mittlerweile behauptet Blume, dass er sich bei der
Betriebsversammlung falsch ausgedrückt habe. Auch die [3][FDP weist die
Vorwürfe] zurück.
Das sei nicht glaubwürdig, sagt LobbyControl-Sprecher Lange. Es müsse
transparent gemacht werden, welche Gespräche stattgefunden haben, welche
Handynachrichten ausgetauscht wurden, welchen Einfluss Blume genommen und
ob er Formulierungsvorschläge gemacht habe. „Wir brauchen dringend
strengere Lobbyregeln“, sagte Lange.
## Grüne und SPD sollen sich positionieren
Für Gesetzesvorhaben sieht die Ampelkoalition die Einführung eines
sogenannten Lobbyfußabdrucks vor. Er soll zeigen, welchen Einfluss
Lobbyorganisationen auf ein Gesetz genommen haben. Es sei bedauerlich, dass
es diese Regelung noch nicht gebe. „Auch Koalitionsverhandlungen dürfen
keine Lobbyveranstaltung sein“, betonte Lange. Er fordert, dass sich Grüne
und SPD zu der Affäre positionieren. Immerhin hatten die Ampel-Parteien
Vertraulichkeit vereinbart. Außerdem drängt LobbyControl darauf, dass das
Land Niedersachen als Anteilseigner die Angelegenheit im Aufsichtsrat von
VW zur Sprache bringt.
Die Nachricht vom Austausch des Vorstandsvorsitzenden platzte am Freitag
mitten in die Werksferien in Wolfsburg, die noch bis Anfang August dauern.
Der Vertrag von Diess läuft bis 2025, laut Handelsblatt kann er mit einer
Abfindung von 20 bis 30 Millionen Euro rechnen. Diess hat den Konzern aus
der Krise um den Betrug bei Dieselabgasvorrichtungen geführt, der VW mehr
als 30 Milliarden Euro gekostet hat, und er hat Volkswagen konsequent auf
E-Mobilität ausgerichtet. Zugleich gilt er aber als kommunikationsschwach
und das Gegenteil eines Teamplayers. Schon mehrfach war über seine Ablösung
spekuliert worden, doch bislang hatte die Eigentümerfamilie Porsche ihn
gestützt. Die hatte jetzt im Streit über anhaltende Softwareprobleme, die
Diess nicht in den Griff bekommen hat, die Geduld verloren.
Bei der Linkspartei stößt Blumes Berufung auf Kritik. „Mit Herrn Blumes
Wechsel an die VW-Spitze steigt Lindners Lieblingsfreund in der
Automobilindustrie auf“, sagte Linkspartei-Bundesgeschäftsführer Tobias
Bank. „Ich bin schon gespannt auf die künftigen staatlichen Subventionen
bei der E-Fuel-Produktion.“
## Diess suchte Streit
In der VW-Belegschaft dagegen wird der Wechsel von Diess zu Blume mit
Zuversicht betrachtet, sagt ein Insider, der nicht genannt werden will.
Diess wurde von den Beschäftigten anders als etliche seiner Vorgänger nie
als „ihr“ Vorstandsvorsitzender angesehen. Er galt als unnahbar. Immer
wieder hat er Streit mit dem mächtigen Betriebsrat gesucht, zuletzt im
vergangenen Jahr, als er die Streichung von 30.000 Stellen ins Spiel
brachte.
Nachfolger Blume kennt den Konzern gut und hatte bereits in den jährlichen
Planungsrunden, wo es um die mittelfristige Strategie des Unternehmens
geht, großen Einfluss. Dass ihm die in den sozialen Medien #porschegate
genannte Affäre lange anhängen wird, gilt in Wolfsburg als
unwahrscheinlich. Blume setzt als einer der wenigen Automanager auf
E-Fuels, weil die für den Sportwagencharakter von Porsche-Modellen wichtig
sind. Erst vor Kurzem hat Porsche eine Beteiligung an einer
Produktionsanlage für E-Fuels erworben. Bei der Betriebsversammlung im
September wird sich Blume erstmals den Beschäftigten stellen.
25 Jul 2022
## LINKS
[1] /Streit-beim-Autokonzern/!5817060
[2] /Klimaschutzpaket-der-EU/!5864583
[3] /Position-zu-E-Fuels/!5869748
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
FDP
Christian Lindner
Volkswagen
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Porsche
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