# taz.de -- Historisches EM-Fußballspiel: Ab jetzt alles anders | |
> Deutungsmuster eines Fußballspiels: Nach dem Kantersieg der | |
> Engländerinnen ist die Presse aus dem Häuschen. Und der Rest? Naja. | |
Bild: Rauschhaftes Geschehen: Englands Georgia Stanway (l.) feiert ihr erstes T… | |
Fünf Texte zum Sieg der Engländerinnen [1][hat der Guardian schon am | |
Dienstagmorgen auf der Seite stehen]. „Schillerndes England demoliert | |
Norwegen“, heißt es da. Ein „schwindelerregender, wahnsinniger Sieg“. Die | |
Presse feiert ein Team, von dem man noch vor einigen Tagen nicht sicher | |
sein konnte, ob es dem Druck standhält: „Das war eine der Nächte, die eine | |
Nation packen und wachrütteln, die keiner der 28.000 Fans vergessen wird.“ | |
Und weiter: „Schwer, zu glauben, dass irgendwas so sein wird wie früher.“ | |
Es ist, wovon auch die Kommentatorin der BBC spricht, ein Momentum, das | |
vielleicht alles verändern wird im englischen Frauenfußball. Die Menge im | |
Stadion tobte. „Ich kann es nicht in Worte fassen“, stammelte Beth Mead. | |
„Ich glaube nicht, dass ich jemals überhaupt davon geträumt habe.“ Ein La… | |
im Delirium des Erfolgs. Oder, wie [2][das Boulevardblatt Sun] in | |
Anspielung auf Ellen White mit etwas bemühtem Witz jubelt: „Ell of a | |
Night.“ Was für eine Nacht. | |
Es ist bei diesem Turnier bisweilen schwer, die Atmosphäre im Gastland zu | |
durchblicken. Das liegt auch daran, dass diese EM sich fast nur in den | |
Stadien abspielt. In den Städten lassen sich weder geschmückte Fenster oder | |
Balkone noch Feierlichkeiten auf der Straße ausmachen. Meine bisherigen | |
Gastgeber:innen, eine zugegeben kleine Untersuchungsgruppe, schauen das | |
Turnier überhaupt nicht und zeigten auch keine besondere Begeisterung, dass | |
ich davon berichte. | |
## „Wow, was für ein Job!“ | |
Mein Mitbewohner im aktuellen Airbnb, aus Hongkong stammend, blüht erst | |
auf, als ich ihm sage, dass ich auch bei der letzten Männer-EM war. „Wow, | |
was für ein Job!“ Und vor allem interessiert ihn, ob Ronaldo nun bei United | |
bleibt. Glaubt man der Berichterstattung des Guardian oder der BBC, die | |
regelmäßig in reiner Frauenrunde analysieren lässt, ist dieses Turnier das | |
größte Ding ever. Der Boulevard ist zumindest bemüht. | |
Positiv hängen bleibt auch: Die Analysen der liberalen Medien sind | |
taktisch, die Berichterstattung sachbezogen und optimistisch im Grundton, | |
anders als der weinerliche Arme-diskriminierte-Frauen-Unterton in | |
Deutschland. Man debattiert nicht, wie das Turnier Bedeutung erlangen | |
könnte, die Bedeutung wird vorausgesetzt. Und manchmal etwas aufgekratzt | |
aufgebläht. | |
Ist das nun der Moment, der alles verändert? In den Stadien herrscht | |
zweifellos Party. Interessant, wie viele junge Frauen hingehen. Und in | |
vielen Blättern schaffen es die Engländerinnen mit diesem Triumph weit nach | |
oben im Sportteil, auch, wenn Mo Farah und seine Geschichte Schlagzeilen | |
machen. Skeptiker bleiben. Ein wenig schizophren ist die Stimmung schon. | |
Was die Nachwelt über dieses 8:0 sagen wird, wer weiß das schon. | |
12 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.theguardian.com/football/2022/jul/11/england-norway-womens-euro… | |
[2] https://www.thesun.co.uk/sport/football/19168827/ian-wright-lord-sugar-bbc-… | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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