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# taz.de -- Torhüterinnen bei der Fußball-EM: Feste Festhalten
> Von der Problem- zur Glanzposition: Das Torwartspiel wird besser, auch
> bei dieser Fußball-EM. Ein Beispiel: Daphne van Domselaar aus den
> Niederlanden.
Bild: Schnappt sich die Pille: Hollands Daphne van Domselaar
Der Moment, als die spanische Torhüterin Sandra Paños vor den Augen des
entsetzten Stadions den Ball vor die Füße von Klara Bühl spielte, ist eines
dieser Bilder, die vom Sieg der Deutschen in Erinnerung bleiben werden.
Ohne Paños’ fatalen Blackout wäre das Spiel womöglich in eine andere
Richtung gegangen. Der Fehler war ein dominierendes Thema in der spanischen
Presse nach der Partie, auffällig ist aber: [1][Bei diesem Turnier sind
solche Momente sehr selten.]
Stattdessen gibt es Geschichten wie diese: Die niederländische Torhüterin
und Kapitänin Sari van Veenendaal, eine erfahrene Kraft ihrer Zunft,
verletzt sich beim Auftaktspiel. Herein muss ihre junge Ersatzfrau, die
erst 22-jährige Daphne van Domselaar, die bis dato überhaupt nur ein
Länderspiel für die Niederlande gemacht hat. In zwei Partien hält sie so
bravourös, als sei sie seit Jahren dabei, wird mit ihrer gelassenen Art
sichtlich ein Anker der Abwehr und macht viele hohe Bälle fest.
Oder die Geschichte der nur 1,68 Meter kleinen portugiesischen Torfrau Inês
Pereira, die oft weit vorm Tor herumfegt und ihre geringe Körpergröße mit
hervorragendem Stellungsspiel wettmacht. Gegen die Niederlande parierte sie
einige Bälle spektakulär. Ähnlich wie die Deutsche Merle Frohms, die gegen
Spanien einen Volleyschuss der aus dem Nichts aufgetauchten Caldentey mit
brillantem Reflex hielt und damit eine der stärksten Paraden dieser EM
zeigte.
Auch sie eine mitspielende Torhüterin, die gefährliche Angriffe auch mal
außerhalb des Strafraums frühzeitig mit einer Grätsche entschärft.
Torhüterinnen stehen dann am meisten im Fokus, wenn sie Fehler machen, und
bei dieser EM ist vor allem auffällig, wie wenig sie im Fokus stehen. Wenn
sie in Erscheinung treten, sind die Aktionen oft ganz hervorragend. Das war
beileibe nicht immer so. In vergangenen Turnieren verging kaum eine Woche
ohne eine Torwartdiskussion.
## Entwicklung der Branche
Bei der rasanten spielerischen Entwicklung der Branche konnte die
Ausbildung der Torhüterinnen nicht so recht mithalten, eine Zeit lang
führte das zu sichtlicher Diskrepanz. Zuhauf gab es da die nach vorne
weggeklatschten Bälle oder unterlaufene Flanken. In England wird nun
deutlich, wie sehr die Qualität der Torhüterinnen gestiegen ist. Von der
Problemposition zur Glanzposition. Nicht nur in den traditionell großen
Torhüternationen wie Deutschland, die das Luxusproblem haben, zwischen zwei
Weltklasse-Keeperinnen wie Frohms und Schult wählen zu können.
Die französische Spätstarterin [2][Pauline Peyraud-Magnin] rettete gegen
Italien zu Anfang mit einem spektakulären Fußreflex gegen Barbara Bonansea,
ohne diese Tat wäre Frankreich mit Rückstand ins Spiel gestartet, das sie
5:1 gewinnen sollten. Und wo Teams zerlegt wurden wie Norwegen gegen
England, war es zuallerletzt die Schuld von Torhüterin Guro Pettersen. Es
gibt die Aussetzer zwar noch, wenn man auf die ganz Kleinen schaut. Die
nordirische Torhüterin Jacky Burns verschuldete mindestens zwei Gegentore
bei Nordirlands Debütmatch durch schlechtes Abdecken der kurzen Ecke und
Desorientierung im eigenen Strafraum. Aber das nordirische Amateurteam ist
eher kein Maßstab.
Der Leistungssprung ist umso bemerkenswerter, als die Voraussetzungen der
Torhüterinnen im Vergleich zu den Männern eher schlechter sind. Sie stehen
in gleich großen Toren, verfügen aber schon mal über 30 Zentimeter weniger
Körpergröße und über eine deutlich geringere Sprungkraft. Was ihnen an
Größe und Kraft fehlt, müssen sie durch kluges Antizipieren wettmachen.
Hinzu kommen die Herausforderungen bei Ecken, weil viele Torhüterinnen
nicht die Körperkraft haben, sich ins Getümmel zu werfen und mal eben mit
der Schulter zwei Angreiferinnen wegzudrücken. Wer aus dem Tor rauskommt,
muss wirklich den Ball haben. Das Anforderungsprofil ist also noch höher
als bei den männlichen Kollegen.
Immer mal wieder kam in den vergangenen Turnieren die Debatte auf, ob die
Größe der Tore nicht anzupassen sei. Die meisten Torhüterinnen weisen das
entschieden von sich. Kleinere Tore empfinden sie als ähnlich erniedrigend
wie die kürzeren Spielzeiten von einst, wenngleich es für eine Anpassung
der Torgröße ja durchaus feministische Argumente gäbe. Aber man hält es da
offenbar eher mit Legende Hope Solo, die 2019 schäumte, allein der
Vorschlag sei „sexistisch und empörend“. Es müsse stattdessen, fand sie,
das Training der Torhüterinnen und die Analyse ihres Spiels besser werden.
14 Jul 2022
## LINKS
[1] https://theathletic.com/3420667/2022/07/14/goalkeepers-euro-22-women/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Pauline_Peyraud-Magnin
## AUTOREN
Alina Schwermer
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