# taz.de -- Personalmangel in Kliniken: Mehr Pflegekräfte – irgendwann | |
> Die Bundesregierung will ermitteln, wie viele Pflegende in den Kliniken | |
> fehlen. Mehr Personal soll aber womöglich erst 2025 eingestellt werden. | |
Bild: Für gute Pflege braucht es nicht nur Zeit, Geduld und Geld, sondern vor … | |
BERLIN taz | Um die Situation in der Krankenpflege zu verbessern, hat | |
[1][Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)] Eckpunkte für einen | |
Gesetzentwurf vorgelegt. Die Krankenhäuser sollen ihren Personalbedarf neu | |
berechnen. Dabei könnte herauskommen, dass deutlich mehr Pflegerinnen und | |
Pfleger eingestellt werden müssen – wobei die Regelung möglicherweise erst | |
ab 2025 greift. | |
Die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) ist eine Methode, die die | |
Gewerkschaft Ver.di, der Pflegerat und die Krankenhausgesellschaft | |
entwickelt haben, um den tatsächlichen Personalbedarf auf einzelnen | |
Stationen der Krankenhäuser zu ermitteln. Die Umsetzung „würde zu einem | |
Mehrbedarf von 40.000 bis 80.000 Vollzeitpflegekräften führen“, sagte | |
Michaela Evans vom Institut Arbeit und Technik der Hochschule | |
Gelsenkirchen. Statt etwa 360.000 Vollzeit-Beschäftigten müssten dann bis | |
zu 440.000 arbeiten. | |
Das Eckpunktepapier sieht ein mehrstufiges Verfahren vor, um die | |
Personalregelung einzuführen. 2023 soll zunächst ein Pilotprojekt in | |
repräsentativ ausgewählten Krankenhäusern stattfinden. Die verpflichtende, | |
flächendeckende Einführung in den Kliniken ist für 2024 geplant. Ab 2025 | |
sollen die Krankenhäuser ihre Personalausstattung dann in Richtung der | |
ermittelten, vermutlich höheren Bedarfe, anheben. Für den Fall, dass sie | |
das nicht tun, sind Sanktionen geplant. | |
## Zahlen am Ende die Kassenversicherten? | |
Dabei müsse sich der Personalaufbau „an realisierbaren Werten“ und der | |
„Lage auf dem Arbeitsmarkt für Pflegekräfte“ orientieren, heißt es in den | |
Eckpunkten. Bis mehr Pflegerinnen und Pfleger auf den Stationen tätig sind, | |
könnte es also noch mehrere Jahre dauern. | |
Die Grünen scheinen gewisse Zweifel am timing zu hegen. „Über den genauen | |
Zeitplan wird noch zu sprechen sein“, erklärten Janosch Dahmen und Kordula | |
Schulz-Asche, die Gesundheitsfachleute der Grünen. Grundsätzlich | |
unterstützten sie ihren Koalitionspartner Lauterbach jedoch: „Die | |
Pflegepersonalregelung verschafft den Pflegekräften konkrete Perspektiven | |
für einen Zuwachs an Kolleginnen und Kollegen“. | |
Die Krankenhausgesellschaft als Vertretung der Kliniken begrüßt die | |
Initiative ebenso. „Wir halten die PPR 2.0 grundsätzlich für ein gutes | |
Instrument“, sagte Verbandschef Gerald Gaß. Allerdings warnte er davor, | |
über Strafen nachzudenken, die die Krankenhäuser belasten könnten. | |
Hintergrund ist die Annahme, dass die benötigten zusätzlichen Pflegekräfte | |
hierzulande gar nicht vorhanden seien. Bereits heute können viele Kliniken | |
offene Stellen nicht besetzen. | |
Darauf wies auch Eugen Brysch hin, der Chef der Stiftung Patientenschutz: | |
„Schon jetzt ist klar, dass Personalbemessung keine neuen Arbeitsplätze | |
schafft.“ Er plädierte dafür, vornehmlich die aktuellen | |
[2][Arbeitsbedingungen der Pflegerinnen und Pfleger] zu verbessern, | |
beispielsweise Kinderbetreuung anzubieten. Die Arbeitszeiten müssten | |
planbarer und familienfreundlicher, die Zahl der Notdienste eingeschränkt | |
werden, so Brysch. | |
Das freilich ist ein Henne-Ei-Problem: Bessere Arbeitsbedingungen | |
funktionieren nur, wenn ausreichendes, beziehungsweise mehr Personal zur | |
Verfügung steht. Dieses werden die Krankenhäuser nur finden, wenn die | |
Pflegekräfte nicht permanent überlastet sind. Die Bemühungen, den | |
wirklichen Bedarf zu definieren, entsprechend Leute einzustellen und ihnen | |
akzeptable Arbeitszeiten anzubieten, müssten Hand in Hand gehen. | |
Ablehnend zu den Eckpunkten äußerte sich der Verband der Allgemeinen | |
Ortskrankenkassen (AOK). Die Organisation befürchtete, dass die | |
Krankenhäuser ihren Personalbedarf zu hoch ansetzen und ihn die | |
Krankenkassen mitfinanzieren müssen. Das kann zu höheren Beiträgen für die | |
versicherten Bürgerinnen und Bürger führen | |
21 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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