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# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland als „größte Bedr…
> Die Nato-Staaten beschließen ein neues strategisches Konzept. Die Türkei
> verlangt im Zuge der Norderweiterung die Auslieferung Oppositioneller.
Bild: Erdogan, Biden, Stoltenberg und Johnson beim NATO-Gipfel in Madrid
## 144 ukrainische Soldaten durch Gefangenenaustausch befreit
Bei dem bislang größten Gefangenenaustausch zwischen Russland und der
Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums 144
ukrainische Soldaten befreit worden. Darunter seien 95 Kämpfer aus dem
Asow-Stahlwerk in Mariupol, erklärte die Geheimdienstabteilung des
ukrainischen Verteidigungsministeriums am Mittwoch im Onlinedienst
Telegram. Angaben zu Ort und Zeitpunkt des Austauschs wurden zunächst nicht
gemacht. (afp)
## Nato startet Aufnahmeverfahren für Finnland und Schweden
Die Nato hat offiziell das Verfahren zur Aufnahme von Finnland und Schweden
gestartet. „Heute haben die Staats- und Regierungschefs der Nato die
historische Entscheidung getroffen, Finnland und Schweden einzuladen,
Mitglieder der Nato zu werden“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am
Mittwoch beim Gipfeltreffen des Bündnisses in Madrid. Dies sei wochenlange
harte Arbeit gewesen.
Bis Finnland und Schweden tatsächlich Mitglieder der Allianz sind, dürfte
es jedoch noch einige Monate dauern. Die Beitrittsprotokolle sollen nach
derzeitiger Planung am kommenden Dienstag unterzeichnet werden. Danach
müssen diese noch von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Bis alle 30
Alliierten dies erledigt haben, könnte es Schätzungen zufolge sechs bis
acht Monate dauern.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, das Beschlussverfahren
in Deutschland werde „noch schneller gehen als Sie und ich das in der Regel
für möglich halten“. Ob alle notwendigen Schritte noch vor der
parlamentarischen Sommerpause, die Ende der kommenden Woche beginnt,
umgesetzt werden könnten, ließ der Ministeriumssprecher offen. Der
FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff sagte, dass der Bundestag noch vor
der Sommerpause über das Thema abstimmen sollte.
Finnland und Schweden hatten unter dem Eindruck des russischen Kriegs gegen
die Ukraine am 18. Mai die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. [1][Die
Türkei blockierte jedoch wochenlang den Beitrittsprozess] und begründete
dies unter anderem mit der angeblichen Unterstützung Schwedens und
Finnlands von „Terrororganisationen“ wie der verbotenen kurdischen
Arbeiterpartei PKK, der syrischen Kurdenmiliz YPG und der Gülen-Bewegung –
in Stockholm und Helsinki werden diese Vorwürfe zurückgewiesen. Auch
forderte die Türkei die Auslieferung mehrerer Menschen, die in der Türkei
unter Terrorverdacht stehen.
Den Durchbruch brachte am Dienstag kurz vor Gipfelbeginn ein Treffen
Stoltenbergs mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Schwedens
Ministerpräsidentin Magdalena Andersson und dem finnischen Präsidenten
Sauli Niinistö. In einer gemeinsamen Erklärung sicherten die beiden
nordischen Länder zu, auf mehrere Forderungen der Türkei einzugehen.
Unter anderem sagten Schweden und Finnland zu, dass es keine Waffenembargos
gegen die Türkei geben werde. Zudem versprachen sie ein entschiedenes
Vorgehen gegen Terrorismus sowie die PKK. Auch sollten türkische
Auslieferungsanträge von Terrorverdächtigen zügig geprüft werden. (dpa)
## Biden: USA bauen Truppenpräsenz in Europa weiter aus
Mehr als 100 000 US-Soldaten sind bereits in Europa stationiert. Beim
Nato-Gipfel in Madrid kündigt US-Präsident Biden nun weitere Verstärkung
an: Erstmals sollen an der [2][Ostflanke] des Bündnisses permanent
US-Soldaten stationiert werden.
Das Weiße Haus kündigte an, dass in Polen „die ersten permanenten
US-Truppen an der Ostflanke der Nato“ stationiert würden – bislang sind sie
dort auf Rotationsbasis. In Polen soll demnach unter anderem dauerhaft ein
Hauptquartier des fünften US-Korps eingerichtet und ein
Feldunterstützungsbataillon eingesetzt werden. Weiter hieß es, in Rumänien
und in den baltischen Staaten würden die rotierenden US-Truppen verstärkt.
Zwei zusätzliche Geschwader mit F-35-Kampfjets würden nach Großbritannien
entsandt.
Das Weiße Haus teilte weiter mit, in Deutschland und Italien würden
zusätzliche Kräfte zur Luftverteidigung stationiert – in die Bundesrepublik
werden demnach rund 625 zusätzliche Soldaten entsandt. In Spanien werde die
Zahl der US-Zerstörer von vier auf sechs erhöht. Diesen Schritt hatte Biden
schon am Dienstag nach seiner Ankunft in Madrid verkündet. In den
vergangenen Monaten haben die USA die Zahl ihrer Soldaten in Europa um rund
20 000 auf mehr als 100 000 erhöht.
Die Staatssekretärin für Internationale Sicherheitsfragen im
US-Verteidigungsministerium, Celeste Wallander, sagte in Madrid, aus Sicht
der USA stehe die permanente Stationierung von US-Truppen in Polen im
Einklang mit der Nato-Russland-Grundakte von 1977. Sie verwies darauf, dass
es sich nicht um Kampftruppen handele. In der Grundakte hatte sich die Nato
auch verpflichtet, auf die dauerhafte Stationierung „substanzieller
Kampftruppen“ im östlichen Bündnisgebiet zu verzichten. Die permanente
Stationierung von US-Truppen könnte die Spannungen mit Russland weiter
verstärken. (dpa)
## China wirft Nato Mentalität des Kalten Krieges vor
China hat der Nato eine Mentalität des Kalten Krieges attestiert.
Nato-Staaten schürten Spannungen und provozierten Konflikte, indem sie
Kriegsschiffe und Flugzeuge nach Asien und ins Südchinesische Meer
schickten, sagte Außenministeriumssprecher Zhao Lijian. Die Nato solle
aufhören, sich Feinde zu schaffen und Asien und die ganze Welt
durcheinander zu bringen, nachdem sie schon Europa zerrüttet habe. Zhao
kritisierte zudem die wegen des Ukraine-Krieges verhängten Sanktionen gegen
Russland.
Die Nato-Staats- und Regierungschefs tagen seit Mittwoch in Madrid. Es
wurde erwartet, dass sie China als Herausforderung für das Bündnis
identifizieren werden. Vor kurzem hatte ein chinesisches Kampfflugzeug eine
Überwachungsmaschine des Nato-Mitglieds Kanada in internationalem Luftraum
abgefangen. Die kanadische Regierung warf dem chinesischen Piloten
waghalsiges Verhalten vor. (ap)
## Nato beschließt neues strategisches Konzept
Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten haben bei ihrem
Gipfeltreffen in Madrid ein neues strategisches Konzept für das
Militärbündnis beschlossen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am
Mittwoch von Sitzungsteilnehmern. In dem Grundlagendokument für politische
und militärische Planungen wird Russland als „größte und unmittelbarste
Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität
im euro-atlantischen Raum“ bezeichnet, China als Herausforderung.
Die Nato hat der Ukraine weitere Unterstützung bei der Verteidigung gegen
die russische Invasion zugesagt. Dazu gehörten sichere
Kommunikationsmittel, Treibstoff, medizinische Versorgung, Schutzwesten und
Ausrüstung zur Bekämpfung von Minen sowie chemischen und biologischen
Bedrohungen. Auch Hunderte tragbare Drohnenabwehrsysteme seien Teil des
Pakets.
„Längerfristig werden wir die Ukraine bei der Umstellung von Ausrüstung aus
der Sowjet-Ära auf moderne Nato-Ausrüstung unterstützen“, sagte
Stoltenberg. „Die Ukraine kann so lange auf uns zählen, wie es nötig ist.
Die Verbündeten werden weiterhin umfangreiche militärische und finanzielle
Hilfe leisten.“
Stoltenberg erhob schwere Vorwürfe gegen den russischen Präsidenten
Wladimir Putin. „Der Krieg von Präsident Putin gegen die Ukraine hat den
Frieden in Europa erschüttert und die größte Sicherheitskrise in Europa
seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst“, sagte er. „Die Nato hat mit Stärke
und Einigkeit reagiert.“ (dpa)
## Selenski: Russland will mehr als nur Ukraine erobern
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Nato vor möglichen
russischen Angriffen auch auf andere Länder gewarnt. „Die Frage ist: Wer
ist der nächste für Russland? Moldau? Das Baltikum? Oder Polen? Die
Antwort: sie alle“, sagte Selenski am Mittwoch in einer per Video
übertragenen Rede an den Nato-Gipfel in Madrid. Das wahre Ziel Russlands
sei die Nato, meinte der ukrainische Staatschef. Dazu setze Moskau als
Instrument auch Hunger zur Verursachung von Migrationswellen ein. Auch
Energieressourcen nutze der Kreml, um Europa dazu zu zwingen, „auf Ihre
Freiheit, Ihre Demokratie und Ihre Werte“ zu verzichten.
Die Ziele der Ukraine hingegen stimmten „absolut“ mit denen der Nato
überein, betonte er. „Wir sind an Sicherheit und Stabilität auf dem
europäischen Kontinent und der Welt interessiert.“ Der Ukraine dabei zu
helfen, den Krieg auf dem Schlachtfeld zu gewinnen, sei im Interesse der
Allianz, meinte Selenski. Kiew brauche von den Nato-Staaten dafür moderne
Luftabwehr und weitere Artilleriesysteme.
Zugleich sei die finanzielle Unterstützung der Ukraine wichtig. „Wir haben
ein Multimilliardendefizit und kein Erdöl und kein Erdgas, mit dem wir das
ausgleichen können“, sagte Selenski. Umgerechnet 4,7 Milliarden Euro
monatlich brauche sein Land zur Deckung des Verteidigungsbedarfs.
Russland hat die Ukraine am 24. Februar angegriffen und führt seitdem einen
Angriffskrieg gegen das Land, der inzwischen seit mehr als 120 andauert.
(dpa)
## Ab Freitag wird die Krim wieder angeschlossen
Zwischen den von Russland besetzten Gebieten in der Südukraine und der
annektierten Krim-Halbinsel sollen ab Freitag wieder Busse und Bahnen
verkehren. Das kündigten am Mittwoch die von Moskau eingesetzte Verwaltung
der ukrainischen Region Cherson an. Die Verkehrsverbindungen mit der Krim
waren nach deren [3][Annexion durch Russland im Jahr 2014] eingestellt
worden.
Geplant sind nach Angaben des selbsterklärten Innenministeriums der Region
Cherson Bus-Verbindungen zwischen der Krim-Hauptstadt Simferopol und der
Stadt Cherson sowie den Städten Melitopol und Berdjansk in der teilweise
von Russland besetzten ukrainischen Region Saporischschja. Zudem werde eine
Eisenbahnlinie zwischen Dschankoi und den Städten Cherson und Melitopol in
Betrieb genommen. Für die Sicherheit soll demnach die russische
Nationalgarde sorgen.
Russland hält große Gebiete in der Südukraine seit März besetzt, teils
wurden bereits der Rubel eingeführt und russische Pässe ausgegeben. Die
eingesetzten Lokalbehörden wollen ein Referendum über den offiziellen
Anschluss an Russland abhalten. Zugleich gab es eine ganze Reihe von
Anschlägen auf die neuen Behördenvertreter. (afp)
## Russland droht Norwegen mit Konsequenzen
Russland wirft Norwegen die Blockade von Gütertransporten zu russischen
Siedlungen im arktischen Spitzbergen vor. Die Regierung in Oslo müsse dies
schleunigst ändern oder mit Konsequenzen rechnen. Die Inselgruppe ist
norwegisches Hoheitsgebiet. Nach dem Spitzbergen-Vertrag von 1920 hat
Russland das Recht, die natürlichen Ressourcen des Archipels auszubeuten.
Papst Franziskus verurteilt die Bombardierung eines Einkaufszentrums im
zentralukrainischen Krementschuk scharf. In einer ganzen Reihe von
„barbarischen Angriffen“ sei dies der jüngste, erklärt der Papst. Bei dem
Angriff waren nach ukrainischen Angaben am Montag mindestens 18 Menschen
getötet und Dutzende verletzt worden. Russland bestreitet ukrainische
Vorwürfe, das Einkaufszentrum attackiert zu haben und hat erklärt, ein
Waffendepot in der Nähe beschossen zu haben. (rtr)
## Nato-Erweiterung braucht ein Ratifizierungsgesetz
Die deutsche Zustimmung zum Nato-Beitritt von Schweden und Finnland kann
dem Auswärtigen Amt zufolge sehr schnell erfolgen. Man werde versuchen,
dies maximal zu beschleunigen, sagt ein Sprecher. Nötig sind ein
Kabinettsbeschluss und die Zustimmung des Bundestages zu einem
Ratifizierungsgesetz.
Russland betrachtet die geplanten Nato-Beitritte Finnlands und Schwedens
nach Angaben seines stellvertretenden Außenministers Sergej Rjabkow als
„negativ“. Eine Erweiterung der Nato sei destabilisierend und trage nicht
zur Sicherheit der Mitglieder des Bündnisses bei, zitiert die
Nachrichtenagentur Interfax Rjabkow weiter.
Großbritannien kündigt Sanktionen gegen den russischen Oligarchen
[4][Wladimir Potanin] an. Er häufe weiter Reichtum an und unterstütze das
Regime von Präsident Wladimir Putin, begründet die Regierung in London ihr
Vorgehen gegen Potanin, den sie als den zweitreichsten Mann in Russland
bezeichnet. Seit Russlands Einmarsch in die Ukraine habe Potanin bei der
Rosbank zugeschlagen und Anteile an der Tinkoff Bank erworben. Der Oligarch
verdankt seinen Reichtum vor allem seiner Beteiligung an Nornickel, dem
weltgrößte Produzenten von Palladium und veredeltem Nickel. Neben Potanin
setzt Großbritannien noch weitere Unternehmer und Finanzfirmen auf seine
Sanktionsliste. (rtr)
## Norwegen liefert drei Mehrfachraketenwerfer an die Ukraine
Norwegen hat der ukrainischen Armee die Lieferung von drei
Mehrfachraketenwerfern zugesagt. „Wir müssen die Ukraine weiterhin
unterstützen, damit sie ihren Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit
fortsetzen kann“, erklärte der norwegische Verteidigungsminister Björn
Arild Gram am Mittwoch. Die Lieferung der Geschütze erfolge in Kooperation
mit Großbritannien. Norwegen werde der Ukraine außerdem 5000 weitere
Granaten zur Verfügung stellen, fügte Gram hinzu.
Zuvor hatten bereits die USA der Ukraine vier Mehrfachraketenwerfer
geliefert. Deutschland und Großbritannien sagten Kiew jeweils drei
Mehrfachraketenwerfer zu. (afp)
## Komikerduo für Fakeanruf bei Giffey verantwortlich
Einem Medienbericht zufolge hat sich ein russisches Komikerduo zu den
[5][Fakeanrufen bei Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey
(SPD)] und anderen europäischen Stadtchefs bekannt. Wie das Magazin
„Kontraste“ des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) am Mittwoch berichtete,
will sich das Duo „Vovan und Lexus“ als Kiewer Bürgermeister Vitali
Klitschko ausgegeben und per Videoschalte unter anderem mit Giffey
gesprochen haben.
„Ich will nicht verraten, wie wir es angestellt haben, aber es war leicht“,
sagte Alexej „Lexus“ Stoljarow dem Magazin. Ab Donnerstag will das Duo
demnach Videoaufzeichnungen aus allen Gesprächen im Netz in einem
russischen Videoportal veröffentlichen. Dabei soll es dem Komiker zufolge
um Geflüchtete aus der Ukraine gehen. Betroffen seien neben Giffey auch die
Stadtoberhäupter von Budapest, Madrid, Wien und Warschau.
Stoljarow bestritt gegenüber „Kontraste“ ein politisches Motiv. Das Duo
arbeite auch nicht im Auftrag russischer Geheimdienste. Die Aktionen
richten sich dem Medienbericht zufolge jedoch auffällig häufig gegen
Kritiker des Kremls. Erst kürzlich sei „Vovan und Lexus“ in Moskau bei
einer Preisverleihung geehrt worden. Die Auszeichnung überreichte demnach
eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, die dem Bericht zufolge
die beiden mitten im Ukraine-Krieg „Meister der Telefondiplomatie“ nannte.
Für die Plausibilität der Aussagen des Komikers spricht laut RBB, dass das
Duo in der Vergangenheit schon zahlreiche Politiker mit vergleichbaren
Anrufen überzogen habe, darunter laut Medienberichten den britischen
Premierminister Boris Johnson und den französischen Präsidenten Emmanuel
Macron. Auch beim CDU-Politiker Norbert Röttgen, damals Vorsitzender des
Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, soll das Duo laut RBB Erfolg gehabt
haben. (afp)
## Auslieferung von PKK-Mitgliedern und Gülen-Anhängern
Die Türkei verlangt von Schweden und Finnland die Auslieferung von 33
„Terror“-Verdächtigen. Die Forderung beruhe auf dem Abkommen, das Ankara
mit den beiden nordischen Ländern unterzeichnet habe, sagte Justizminister
Bekir Bozdag am Mittwoch nach Angaben des türkischen Fernsehsenders NTV.
Die Türkei hatte am Dienstag überraschend ihren Widerstand gegen einen
Beitritt Schwedens und Finnlands zur Nato aufgegeben. Ankara erklärte, die
beiden EU-Länder seien auf zentrale Forderungen der Türkei eingegangen.
„Im Rahmen des neuen Abkommens werden wir Finnland um die Auslieferung von
sechs PKK- und sechs Fetö-Mitgliedern ersuchen und Schweden um die
Auslieferung von zehn Fetö-Mitgliedern und elf PKK-Mitgliedern“, sagte
Bozdag am Mittwoch. Als Fetö bezeichnet die türkische Regierung die
Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den Erdogan für den
Putschversuch von 2016 verantwortlich macht.
Schweden und Finnland hatten im Zuge des russischen Angriffs auf die
Ukraine mit ihrer jahrzehntelangen Tradition der militärischen
Bündnisneutralität gebrochen und im Mai einen Antrag auf
Nato-Mitgliedschaft gestellt. Die Bündnisstaaten müssen der Aufnahme neuer
Mitglieder einstimmig zustimmen. Als einziges Land hatte sich die Türkei
dagegen gestellt. Ankara warf Helsinki und vor allem Stockholm unter
anderem vor, Kämpfern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)
Unterschlupf zu gewähren. Die PKK wird von der Türkei und ihren westlichen
Verbündeten als „Terrororganisation“ eingestuft. (afp)
Ukraine klagt gegen Russland vor Menschenrechtsgericht
Die Ukraine hat Russland schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen und
eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
eingereicht. Konkret wirft die ukrainische Regierung Russland etwa gezielte
und unverhältnismäßige Angriffe auf Zivilisten vor. Laut Mitteilung des
Gerichtshofs vom Dienstag monierte die Ukraine unter anderem Verstöße gegen
das Recht auf Leben und den Schutz vor Folter. Russland hatte am 24.
Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet.
Das Gericht informierte Russland über die vergangene Woche eingereichte
Beschwerde seines Nachbarlandes. Ob sie zulässig ist, wird zu einem
späteren Zeitpunkt entschieden. Russland will sich an Urteile des
Straßburger Gerichtshof allerdings nicht mehr halten.
In seiner Beschwerde führte die Ukraine auf, dass Zehntausende Zivilisten
verletzt, getötet oder verhaftet worden seien oder als vermisst gelten.
Hunderttausende hätten ihr Zuhause oder ihren Besitz verloren, Millionen
seien vertrieben worden. Die Angriffe auf Zivilisten seien vom russischen
Militär, Separatisten oder russisch kontrollieren paramilitärischen Kräften
verübt worden. Wirksame Untersuchungen der russischen Behörden habe es
nicht gegeben.
Im Rahmen der Klage hatte das Gericht Russland bereits aufgefordert,
Angriffe auf die Zivilbevölkerung zu unterlassen und humanitäre Korridore
zu ermöglichen. Insgesamt fünf Staatenbeschwerden der Ukraine gegen
Russland sind derzeit vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof
anhängig.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen
Straßburg gehört zum Europarat. Gemeinsam setzen sich die von der
Europäischen Union unabhängigen Organe für den Schutz der Menschenrechte in
den 46 Mitgliedstaaten ein. Auch Staaten können vor dem Gerichtshof Klagen
gegen ein anderes Mitgliedsland einreichen. Russland ist zwar wegen des
Angriffskriegs auf die Ukraine aus dem Europarat ausgeschlossen worden,
bleibt aber bis zum 16. September Vertragspartei der Europäischen
Menschenrechtskonvention. (dpa)
Scholz stellt Ukraine weitere Waffenlieferungen in Aussicht
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Ukraine weitere Waffenlieferungen
in Aussicht gestellt. Neben der humanitären und finanziellen Hilfe werde
man auch „Waffen zur Verfügung stellen, die die Ukraine dringend braucht“,
sagte er am Donnerstag beim Nato-Gipfel in Madrid. „Die Botschaft ist: Das
werden wir so lange fortsetzen und auch so intensiv fortsetzen wie es
notwendig ist, damit die Ukraine sich verteidigen kann.“
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte am Dienstag in
Madrid angekündigt, dass Deutschland drei weitere [6][Panzerhaubitzen 2000]
in die Ukraine liefern werde. Sieben dieser schweren Artilleriegeschütze
mit einer Reichweite bis zu 40 Kilometern aus Beständen der Bundeswehr sind
bereits in der Ukraine angekommen.
Scholz begrüßte auch die Einigung über eine Aufnahme von Schweden und
Finnland in die Nato. Das sei „etwas, das uns sehr, sehr wichtig ist“,
sagte der Kanzler. „Beide Länder passen sehr gut zu unserem Bündnis.“ Am
Dienstagabend hatte die Türkei ihre Blockade gegen die Aufnahme aufgegeben,
die drei Länder einigten sich auf ein entsprechendes Memorandum. (dpa)
## Verstärkte Nato-Eingreifkräfte sollen 2023 bereit sein
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will eine [7][auf 300.000 Soldaten]
verstärkte schnelle Eingreiftruppe im kommenden Jahr einsatzfähig haben.
„Sie werden in ihren eigenen Ländern stationiert, aber schon bestimmten
Staaten und Gebiete zugewiesen und verantwortlich sein für die Verteidigung
dieser Gebiete“, sagte Stoltenberg am Mittwoch beim Nato-Gipfel in Madrid.
Natürlich hingen Details von den einzelnen Staaten ab, die diese Kräfte
stellen sollen.
Stoltenberg verwies auf Deutschland und konkrete Pläne, eine Kampfbrigade
für die Verteidigung des Nato-Partners Litauen zu stellen. Dies sei ein
Beispiel für die Verstärkung der Ostflanke. „Sie werden dort üben. Sie
werden lernen, zusammen mit heimischen Streitkräften zu operieren. Und sie
werden dort bereitstehende Ausrüstung, schwere Ausrüstung,
Treibstoffvorräte und viele andere nötige Dinge für den Einsatz in dem
bestimmten Gebiet haben.“
Deutschland führt in der Nato bereits den Nato-Gefechtsverband (eFP), für
den zunächst 600 Soldaten gestellt wurden. Nach dem russischen Angriff auf
die Ukraine wurde eine Verstärkung mit Artillerie und Luftabwehr aktiviert,
so dass aktuell mehr als 1.000 deutsche Soldaten in Litauen sind. Für die
geplante Kampfbrigade gibt es noch keine absolute Zahl. Üblicherweise sind
solche Brigaden 3.000 bis 5.000 Soldaten stark. Deutschland könnte sich an
den verstärkten Eingreifkräften der Nato mit 15.000 Soldaten beteiligen.
(dpa)
## Indonesischer Präsident in Friedensmission in Kiew
Der indonesische Präsident [8][Joko Widodo] ist am Dienstagabend in seiner
weitgehend selbst ernannten Rolle als Friedensvermittler zwischen Russland
und der Ukraine zu einer Reise in die Ukraine aufgebrochen. Widodo reiste
nach seiner Teilnahme am G7-Gipfel in den bayerischen Alpen nach Polen, von
wo er am Abend mit dem Zug in die ukrainische Hauptstadt Kiew weiterfuhr,
wie er auf Twitter schrieb. Er werde an den ukrainischen Präsidenten
Wolodimir Selenski appellieren, Friedensgesprächen zuzustimmen, hatte
Widodo zuvor gesagt.
Am Donnerstag will Widodo nach Russland zu einem Treffen mit dem russischen
Präsidenten Wladimir Putin reisen und diesen auffordern, den Krieg zu
beenden, um eine weltweite Nahrungsmittelkrise abzuwenden. Indonesien wird
im November Gastgeber des G20-Gipfels auf der Urlaubsinsel Bali sein.
Widodo hatte dazu auch Putin eingeladen, der Kreml bestätigte mittlerweile
seine Teilnahme – offen blieb, ob in Präsenz oder per Videoschalte.
Russland hatte am 24. Februar einen Angriffskrieg auf das Nachbarland
Ukraine begonnen.
„Vom Bahnsteig 4 des Bahnhofs Przemysl Glowny in der polnischen Stadt
Przemysl nahm ich um neun Uhr abends mit einem kleinen Gefolge einen Zug
nach Kiew in der Ukraine. Wir haben diese Friedensmission mit guten
Absichten begonnen. Ich hoffe, die Dinge werden einfacher“, twitterte Joko.
(dpa)
## Nato vor „historischem“ Gipfel
Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten sind in Madrid zu einem
Gipfeltreffen zusammengekommen. Im Vordergrund der Beratungen steht der
russische Krieg in der Ukraine. Im Zuge dessen sollen Finnland und Schweden
der Allianz beitreten. Zudem will die Nato ein neues strategisches Konzept
beschließen.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg spricht vor Beginn der Beratungen von
einem „historischen“ Gipfel. Die Allianz befinde sich in der größten Krise
seit dem Zweiten Weltkrieg, sagt er mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.
Aber die Antwort der Nato falle „stark und geeint“ aus. Allein, dass
Finnland und Schweden nun zu einem Beitritt zur Allianz eingeladen würden,
sei historisch. (rtr)
## Ukraine: Tote und Verletzte bei Angriff auf Stadt Mykolajiw
Mindestens drei Tote und fünf Verletzte hat es nach ukrainischen Angaben
bei einem russischen Angriff am Mittwochmorgen auf die [9][Stadt Mykolajiw
im Süden der Ukraine] gegeben. Das schrieb der Militärgouverneur des
Gebiets Mykolajiw, Witali Kim, im Nachrichtendienst Telegram. „Die
russischen Besatzer flogen einen Raketenangriff auf Mykolajiw.“ Eine Rakete
habe ein Hochhaus getroffen. Die lokalen Behörden riefen die Menschen auf,
während des Luftalarms an einem sicheren Ort zu bleiben und keine Bilder
vom Ort des Angriffs zu veröffentlichen. Angaben aus dem Kriegsgebiet
lassen sich nur schwer oder gar nicht unabhängig überprüfen. (dpa)
## Beitritt von Schweden und Finnland stärkt Nato
Der geplante Nato-Beitritt von Schweden und Finnland ist nach Einschätzung
von Außenministerin Annalena Baerbock eine Stärkung des
Verteidigungsbündnisses. „Finnland und Schweden sind sehr, sehr starke
liberale Demokratien, sind EU-Partner, sind EU-Mitglieder, und wir haben
auch schon in der Vergangenheit eng mit Finnland und Schweden
zusammengearbeitet“, sagt die Grünen-Politikerin im ZDF. „Sie haben starke
eigene Armeen.“ Als Nicht-Nato-Mitglieder hätten die Länder sehr viel Geld
in die eigenen Armeen gesteckt. „Das heißt, der Beitritt von Finnland und
Schweden macht auch die Nato stärker, sowohl mit Blick auf
Verteidungungsfähigkeiten aber eben auch als gemeinsames Bündnis für
Demokratie und das internationale Recht.“
Die von Moskau eingesetzte prorussische Militär- und Zivilverwaltung in der
ukrainischen Region Cherson hat nach eigenen Angaben mit den Vorbereitungen
für ein Referendum zum Beitritt zu Russland begonnen. Das meldet die
amtliche russische Nachrichtenagentur Tass.
Russische Sicherheitskräfte haben nach offiziellen Angaben den
Bürgermeister der besetzten Stadt Cherson verhaftet. Bürgermeister Ihor
Kolychajew habe sich russischen Befehlen widersetzt, hieß es zur
Begründung. Eine Beraterin Kolychajews sagte dagegen, der Bürgermeister sei
entführt worden, weil er nicht mit den russischen Besatzern habe
kooperieren wollen. Die Region um die Hafenstadt am Schwarzen Meer wurde
gleich in der ersten Woche der russischen Invasion besetzt. Ein großer Teil
der Bevölkerung hat die Region verlassen. (rtr)
29 Jun 2022
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## AUTOREN
Gemma Teres Arilla
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