# taz.de -- Anhörung zum Sturm aufs Kapitol: „Lasst meine Leute rein!“ | |
> Eine frühere Praktikantin belastet den Ex-Präsidenten schwer: Trump soll | |
> am 6. Januar 2021 gewusst haben, dass viele seiner Anhänger bewaffnet zur | |
> Demo kamen. | |
Bild: Hutchisons Schilderungen liefern erstmals tiefere Einblicke in Trumps mut… | |
NEW YORK ap | Noch vor wenigen Jahren vergoss Cassidy Hutchinson nach | |
eigener Aussage Freudentränen, als sie ein Praktikum im Weißen Haus | |
ergatterte. Schon wenige Monate später jedoch sei ihre Euphorie in Abscheu | |
umgeschlagen, als sie Donald Trumps Verhalten rund um die Erstürmung des | |
US-Kapitols beobachtet habe, sagt Hutchinson in der [1][Anhörung des | |
Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus] unter Eid aus. Was die | |
Mittzwanzigerin in ruhigem und nüchternem Ton berichtet, jagt schon bald | |
neue Schockwellen durch das politische Washington. | |
Ins Weiße Haus kam Hutchinson im März 2020 kurz nach ihrem Abschluss an der | |
Christopher Newport University im Staat Virginia. Sie wurde eine enge | |
Assistentin von Trumps damaligem Stabschef Mark Meadows. Schon Monate | |
später habe sie in Zimmern gesessen, wo Mitarbeiter des damaligen | |
Präsidenten beraten hätten, wie sich das Ergebnis der Wahl kippen lassen | |
könnte, schildert Hutchinson. | |
Am Morgen des 6. Januar 2021 sei der Secret-Service-Agent Tony Ornato ins | |
Weiße Haus gekommen, um Meadows zu warnen: Zahlreiche Anhänger Trumps, die | |
seine geplante Kundgebung an der Ellipse hinter der Regierungszentrale | |
besuchen wollten, hätten Pistolen und andere Waffen, sagt er laut | |
Hutchinson. Einige hätten an Fahnenmasten aufmontierte Speere dabei. | |
Meadows sei in sein Smartphone vertieft gewesen und habe zunächst gar nicht | |
aufgeschaut, erläutert seine damalige Praktikantin. Erst später habe er | |
Ornato gefragt, ob dieser Trump darüber informiert habe. Der Agent habe | |
dies bejaht. | |
Dennoch habe der damalige Präsident nicht etwa angeordnet, seine | |
Unterstützer vom Marsch aufs Kapitol abzuhalten, sagt Hutchinson. Vielmehr | |
habe Trump gefordert, die Metalldetektoren am Zugang zur Kundgebung zu | |
entfernen. „Sie sind nicht da, um mir etwas anzutun. Nehmt die | |
Scheißdetektoren da weg. Lasst meine Leute rein. Sie können von hier aus | |
zum Kapitol marschieren“, zitiert Hutchinson ihn. Er habe auch etwas gesagt | |
wie: „Es ist mir scheißegal, ob sie Waffen haben.“ | |
## Trump beschimpft die Zeugin als Lügnerin | |
Nach seiner Rede auf der Kundgebung, in der er seine Unterstützer | |
anstachelte, „wie die Hölle zu kämpfen“, geriet Trump demnach in Rage, we… | |
er zum Weißen Haus zurückgefahren wurde und nicht zum Kapitol. In seiner | |
Wut habe er versucht, einem seiner Leibwächter vom Secret Service mit den | |
Worten „Ich bin der verdammte Präsident“ das Lenkrad zu entreißen, um | |
offenbar selbst zum Kongresssitz zu fahren. | |
Hutchisons Schilderungen liefern erstmals tiefere Einblicke in [2][Trumps | |
mutmaßliche Rolle] beim tödlichen Sturm seiner Anhänger aufs Kapitol. Ihre | |
Aussage befeuert auch die Frage, ob der Ex-Präsident selbst und Mitglieder | |
seines inneren Zirkels strafrechtlich belangt werden könnten. Mick | |
Mulvaney, der Vorgänger Meadows im Amt des Stabschefs, bringt es in Tweets | |
während der Anhörung Hutchinsons auf den Punkt: „Wenn der Präsident wusste, | |
dass die Protestler Waffen hatten, und er sie dennoch ermutigte, zum | |
Kapitol zu gehen, ist das ein ernstes Problem“, schreibt er. | |
Während Hutchinson vor dem Untersuchungsgremium aussagt, gerät sie ins | |
Visier Trumps. Über seine eigene Social-Media-Plattform Truth Social feuert | |
er eine Breitseite nach der anderen ab und spottet unter anderem über ihre | |
Körpersprache und ihre Handschrift. Er kenne Hutchinson kaum, habe aber | |
sehr negative Dinge über sie gehört, schreibt Trump. Sie sei eine „totale | |
Lügnerin und Informantin“. | |
Meadows Anwalt George Terwilliger sagt der Nachrichtenagentur AP, dass | |
Hutchinsons Aussage „nicht mal einem fünfminütigen Kreuzverhör standhalten… | |
würde. Ihre meisten Angaben beruhten auf Hörensagen und wiesen einen Mangel | |
an Wissen aus erster Hand auf. | |
Doch auch dickes Lob gibt es für Hutchinson. „Ich wusste ja, dass ihre | |
Zeugenaussage belastend sein würde“, twittert Alyssa Farah Griffin, eine | |
für Kommunikation zuständige Ex-Mitarbeiterin im Weißen Haus, die nach | |
eigenen Angaben mit Hutchinson befreundet war. „Ich hatte keine Ahnung, | |
dass es so vernichtend sein würde. Ich bin so dankbar für ihre Courage und | |
Integrität.“ | |
Auch Hutchinsons Anwälte Jody Hunt und William Jordan unterstreichen die | |
Aufrichtigkeit ihrer Mandantin. Um die Aufmerksamkeit, die ihre | |
Zeugenaussage bringe, gehe es Hutchinson nicht. Vielmehr glaube sie, dass | |
es „ihre Pflicht und Verantwortung gewesen sei, den Ausschuss mit | |
wahrheitsgemäßen und unvoreingenommenen Beobachtungen der Ereignisse rund | |
um den 6. Januar zu versorgen“, heißt es in einer Stellungnahme. „Frau | |
Hutchinson ist der Ansicht, dass der 6. Januar ein furchtbarer Tag für das | |
Land war, und es entscheidend für die Zukunft unserer Demokratie ist, dass | |
er sich nicht wiederholt.“ | |
29 Jun 2022 | |
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