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# taz.de -- Die Wahrheit: Who the fuck is Layla?
> Ein Nummer-eins-Hit wird verboten. Wegen Sexismus. Hören wir uns das
> Stück einfach erst einmal genauer an.
Bild: Endlich enthüllt: Die wahre Layla heißt Pattie Boyd
Layla, Layla, wer ist eigentlich Layla? Wer oder was bist du? Verboten bist
du, verrucht, aber auch rauf- und runtergespielt, du hast Zutrittsverbot
auf Jahrmärkten – und das muss man erst mal hinkriegen! Schützenvereine
distanzieren sich von dir, andererseits wirst du auf Partyinseln auf
Schultern getragen, ja, auf den Schultern schwankender Riesen! Ich sage
dir, die Sangria ist schuld! Oder der Bossanova! Layla! Du hast die Riesen
auf den Knien! So sieht das aus!
Aber Moment, mal halblang, ich werde selbst schon ganz bedröhnt. Worum geht
es? Also, „Layla“ ist ein Partysong, der gerade auf Chartplatz eins ist und
gleichzeitig von zahlreichen Bumsveranstaltungen ausgeschlossen wurde. Das
„Kiliani-Volksfest“ in Würzburg, von dem viel zu selten die Rede ist, gibt
sich hier sehr aufgeräumt und hat ausgeschlossen, dass irgendwer dort
„Layla“ zu Ohren kriegt, während sie oder er oder drittes sich ordentlich
unterfränkisch was hinter die Binde kippt. Gibt ja auch andere Nummern, und
böse Menschen kennen bekanntlich keine Lieder. Oder doch? Sie singen
nämlich jetzt dort einfach weiter „Layla“, wenn auch nicht auf der Bühne,
sondern unten im Zelt.
,„Mich persönlich freut es, dass die Stadt Würzburg Awareness zeigt und
eine Sensibilität aufgebaut hat“, kommentiert Zensur-Aktivistin Corinna
Schütz laut Bayerischem Rundfunk die Entscheidung. Eine Stadt, die
Awareness zeigt! Geil! Jung! Schön!
Ich glaube, ich muss mal nach Würzburg. Bin neulich erst da durchgefahren;
vom Zug aus sah es recht niedlich aus. Ob sich der dort ebenfalls
aufgebaute „Saunaclub Puff & Ladies Spaß Würzburg“ auch in Gänze an das
Abspielverbot hält, vermag ich derzeit nicht zu sagen; morgens geht da
niemand ans Telefon.
## Verboten auf der Kirmes
Verboten hat „Layla“ auch die „riesige Kirmes in Düsseldorf“, wie dpa …
nannte. Im singenden Volksmund heißt sie auch „Rheinkirmes“.
Überraschenderweise ist es dort ein Schützenverein, der über das DJ-Set der
Fahrgeschäfte wacht, nämlich der Schützenverein St. Sebastianus. Der
heilige Sebastianus war ein Märtyrer und ist als solcher Schutzpatron der
Sterbenden, und bei Ballermann-Musik mit geistreichen Texten stirbt man
schließlich so manche Tode, vor allem so hoch oben auf dem „Topple Tower“,
ein Kotzreiz verursachendes Fahrgeschäft. Schützen-Chef Lothar Inden sagte
der dpa, er habe das Lied vorher nicht gekannt und sich dann mit dem Inhalt
beschäftigt. Der Text entspreche in keiner Weise den Gepflogenheiten seines
Traditionsvereins. Na dann!
Schauen wir jetzt doch mal, wovon „Layla“ eigentlich inhaltlich handelt.
„What’ll you do when you get lonely / And nobody’s waiting by your side?�…
hebt es zugegebenermaßen etwas passiv-aggressiv an. „You’ve been running
and hiding much too long / You know it’s just your foolish pride.“ Ja,
dieser falsche Stolz! Raus ans Licht muss man, Layla! Sich zeigen,
präsentieren! Da hat Eric Clapton, der den Song geschrieben hat, schon ganz
recht. Und dann kommt aber dieser Refrain: „Layla, you got me on my knees /
Layla, I’m begging darling, please / Layla, darling, won’t you ease my
worried mind?“
Mies, unterwürfig, uncool, devot, diese Anrufung einer Frau. Aber ist
„Layla“ deshalb „sexistisch“? Gut, die Gleichsetzung einer Frau mit ein…
Beruhigungsmittel, wenn auch nur als Wunschvorstellung, und die Anrufung in
der Koseform … muss alles nicht sein. Heteronormativ ist das Ganze auch,
keine Frage. Trotzdem, gleich verbieten? Was ist denn der Hintergrund
dieses Gesäusels?
## Besungen vom Nebenbuhler
„Layla“, lesen wir bei einer gut informierten Suchmaschine, „ist hier nic…
der Name einer Unbekannten, sondern steht für Pattie Boyd, die damalige
Frau von George Harrison. Pattie hat einst nicht nur dem Ex-Beatle den
Kopf verdreht, sondern auch Eric Clapton. Das Prekäre daran: George und
Eric waren damals gute Freunde.“ O tempora, o mores! Ein Nebenbuhler, ein
Ehebrecher besingt die Frau eines anderen! Düsseldorf und Würzburg,
schichtet schon mal die Scheiterhaufen auf!
Aber Moment, George Harrison? Der Beatle? Eric Clapton? Von Cream? Heißt
der Sänger nicht „Schürze“? „Wenn man sich die ganze Geschichte mal im …
durchgehen lässt und auch unser offizielles Musikvideo anschaut, da spielt
ein Mann die Layla. Weil wir gar nicht drauf aus sind, irgendwie Sexismus
da reinzubringen“, sagt ebenjener Sänger, der sich gut ummantelt nach einem
Küchentextil nennt, aber den naheliegenden Witz mit „Schürzenjäger“ mach
ich jetzt nicht. So viel zum Layla-Text.
Völlig indiskutabel ist selbstverständlich die Musik. Ein elendes
Geschrammel, das verboten gehört. Grauenhaft! Furchtbar! Und dann dieses
präpotente Gekrächze des Sängers! Schließt die Kirmes, sagt das Volksfest
ab, bringt die Malle-Bomber zur Landung! Das ist ja wirklich kaum
auszuhalten!
15 Jul 2022
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Musik
Popkultur
Kirmes
The Beatles
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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