# taz.de -- EU-Gipfel zu Gaskrise und Erweiterung: Brüssel sorgt sich um Deuts… | |
> Die EU sucht Antworten auf die Gaskrise und Inflation. Und Bulgarien | |
> könnte den Weg zu EU-Verhandlungen mit Nordmazedonien freimachen. | |
Bild: Treffen am runden Tisch in Brüssel: Olaf Scholz, Ursula von der Leyen un… | |
Brüssel taz | Die EU bereitet sich auf eine schwere Gaskrise vor, findet | |
jedoch keine gemeinsame Antwort. Am zweiten und letzten Tag des | |
[1][EU-Gipfels in Brüssel] diskutierten die 27 Staats- und Regierungschefs | |
stundenlang über die Engpässe am Gasmarkt, die explodierenden Energiepreise | |
und die Inflation. Besonders Deutschland bereitet der EU Sorge. | |
„Wenn Deutschland in Schwierigkeiten gerät, dann hat das auch einen enormen | |
Einfluss auf alle anderen europäischen Länder“, sagte Belgiens | |
Ministerpräsident Alexander De Croo. Man müsse jetzt endlich gemeinsam | |
handeln, um die negativen Folgen zu vermeiden, „die Deutschland potenziell | |
erleidet.“ | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, es seien „alle Aktivitäten“ | |
unternommen worden, um Energie aus anderen Ländern zu importieren und sich | |
von Russland unabhängig zu machen. Diese Anstrengung müsse jedoch weiter | |
beschleunigt werden. Das sei eine große Herausforderung, räumte Scholz ein. | |
„Aber da werden wir uns unterhaken.“ | |
Allerdings sperrt sich Berlin weiter gegen einen Preisdeckel für Gas, wie | |
ihn Belgien und Italien fordern. In Spanien und Portugal wurde dieser | |
Deckel bereits eingeführt, auf EU-Ebene geht es aber nicht voran. Auch ein | |
bereits im März vereinbarter gemeinsamer Einkauf von Gas, der die Preise | |
drücken könnte, lässt auf sich warten. | |
## Sorgen um die Inflation | |
Beschlüsse wurden für das Gipfeltreffen nicht erwartet – dafür liegen die | |
Positionen immer noch zu weit auseinander. Die EU-Staaten diskutieren | |
bereits seit dem letzten Herbst über explodierende Energiepreise. Seit dem | |
[2][Krieg in der Ukraine] hat sich die Lage zugespitzt. Durch den | |
weitgehenden [3][Ausfall der deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord | |
Stream] droht nun ein Versorgungsengpass. | |
Sorgen bereitet der EU auch die galoppierende Inflation. Die Europäische | |
Zentralbank will nun zwar gegensteuern und die [4][Leitzinsen erhöhen]. | |
Damit steigt aber auch das Risiko, dass einige hochverschuldete Euroländer | |
wieder Probleme bekommen, ihre Schulden zu bedienen. | |
Bereits am Donnerstag hatte der EU-Gipfel beschlossen, der Ukraine und | |
Moldau den Status von EU-Beitrittskandidaten zuzubilligen. Die Entscheidung | |
wurde als historisch bezeichnet. „Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU“, | |
erklärte Präsident Wolodimir Selenski. Allerdings sind damit keine | |
unmittelbaren Vorteile verbunden. | |
Beide Länder müssen nun Reformen umsetzen, die die EU-Kommission empfohlen | |
hat. Erst wenn alle Bedingungen vollständig erfüllt sind, will die EU über | |
die nächsten Schritte entscheiden. Welche das sein könnten – weitere | |
Reformen oder die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen – blieb offen. | |
## Hoffnung für Nordmazedonien und Albanien | |
Für Empörung sorgte der Westbalkan-Gipfel, der vor dem eigentlichen | |
EU-Gipfel stattfand und ohne Ergebnisse endete. Es sei „eine Schande“, dass | |
Bulgarien zwei andere Nato-Länder, nämlich [5][Albanien und | |
Nordmazedonien], „inmitten eines heißen Kriegs in Europa in Geiselhaft“ | |
nehme, schimpfte [6][Albaniens Regierungschef Edi Rama]. | |
Bulgarien hat mit einem Veto die Aufnahme von Gesprächen verhindert. Die EU | |
will sich dennoch weiter um eine Lösung bemühen. Am Freitag hat das | |
bulgarische Parlament überraschend grünes Licht für eine Zustimmung zur | |
Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien gegeben. Damit | |
könnte die Blockade womöglich doch bald enden. | |
Unklar blieb nach den zweitägigen Beratungen in Brüssel, wie sich die EU | |
selbst auf neue Mitglieder vorbereiten will. Kanzler Scholz und andere | |
Regierungschefs haben zwar Reformen gefordert, etwa bei den | |
Abstimmungsregeln. Ein ehrgeiziger Reformkatalog, den die „[7][Konferenz | |
zur Zukunft Europas]“ mit direkter Bürgerbeteiligung vorgelegt hat, wurde | |
vom EU-Gipfel jedoch zu den Akten gelegt. | |
Bereits vor dem Treffen war Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von | |
einem EU-Konvent abgerückt, wie ihn die Ampelkoalition vereinbart hatte. | |
Offenbar wollen die EU-Staaten die Reformen unter sich ausmachen, ohne die | |
Bürger. | |
24 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Kandidatenstatus-fuer-die-Ukraine/!5863018 | |
[2] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150 | |
[3] /Reduktion-bei-Nord-Stream-1/!5861687 | |
[4] /Zentralbank-leitet-Zinswende-ein/!5856929 | |
[5] /Politologe-ueber-EU-und-Balkanstaaten/!5859726 | |
[6] /Frauen-in-der-albanischen-Regierung/!5798150 | |
[7] /Konferenz-zur-Zukunft-Europas/!5762137 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Europäische Union | |
EU-Mitgliedschaft | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Nordmazedonien | |
Albanien | |
Bulgarien | |
GNS | |
Robert Habeck | |
Energiequellen | |
Nordmazedonien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Aktivierung der zweiten Gas-Warnstufe: Wir, die Energieverschwender | |
Wirtschaftsminister Habeck erklärt Erdgas zu einem knappen Gut. Nun rächt | |
sich, dass Kunden und Industrie nie ernsthaft Energie gespart haben. | |
Alarmstufe bei Gasversorgung: Signal an die Privathaushalte | |
Das Wirtschaftsministerium hat die zweite Stufe des Gasnotfallplans | |
ausgerufen. Welche Konsequenzen hat das für private Gasabnehmer? | |
Politologe über EU und Balkanstaaten: „Skeptisch, ob es Fortschritt gibt“ | |
Vor dem EU-Gipfel fordert der nordmazedonische Politologe Zoran Nechev von | |
der EU Glaubwürdigkeit gegenüber dem Balkan – auch um der Ukraine willen. |