# taz.de -- Jüdischer Sportwettbewerb ohne Russland: Dawei, dawei – und doch… | |
> In der kommenden Woche beginnt in Israel die Makkabiade. Aber ohne | |
> russischen Athleten. Das Land hat sich angeblich selbst abgemeldet. | |
Bild: Bild aus vergangenen Zeiten: russische Sportler bei der Makkabiade 2013 | |
Ein unpolitisches Sportfest sollte es werden. [1][Die Makkabiade, gerne und | |
oft als „jüdische Olympiade“ bezeichnet], beginnt am 12. Juli in Israel. | |
Das Fest findet alle vier Jahre statt, wegen der Covidpandemie wurde es von | |
2021 auf diesen Sommer verschoben. Tatsächlich erinnert gerade bei der | |
Eröffnungsfeier, die in diesem Jahr im Jerusalemer Teddy-Stadion | |
stattfindet, sehr vieles an Olympische Sommerspiele. Nach Selbstauskunft | |
ist es das drittgrößte Sportereignis der Welt, nach Olympischen und | |
Paralympischen Spielen. 10.000 Sportler und Sportlerinnen aus 60 Ländern | |
werden erwartet, die mit den Flaggen ihrer Länder in das Stadion einziehen. | |
Bis vor wenigen Tagen schien es, als gehörten Russland und Belarus auch | |
dazu. Auf Anfragen, ob es in der veranstaltenden Maccabi World Union (MWU) | |
wenigstens Diskussionen darüber gegeben habe, dass das ansonsten im | |
gesamten olympischen Sport gesperrte Russland ausgerechnet beim großen | |
jüdischen Sportfest mitmachen dürfe, gab es keine nennenswerten Reaktionen. | |
Am 28. Juni aber meldete [2][der britische Onlinedienst Jewish News], im | |
Beachvolleyball-Turnier der Frauen sei gleich zu Beginn der Makkabiade die | |
Begegnung Russland gegen die Ukraine angesetzt. Die Meldung hatte zwar nur | |
den offiziellen Zeitplan zur Grundlage, aber sie muss bei der MWU für | |
Aufregung gesorgt haben: Schon am folgenden Tag war die Meldung nicht mehr | |
zu finden, „administrative error“. Auch dass diese Begegnung auf der | |
Makkabiade-Website annonciert war, wird als Verwaltungsfehler dargestellt. | |
Stattdessen verkündete die MWU, Russland wie auch Belarus nähmen überhaupt | |
nicht an der Makkabiade teil. Das hätten die Verbände Makkabi Russland und | |
Makkabi Belarus beschlossen, aus freien Stücken. Diesen Entschluss hätten | |
sie bereits vor vier Monaten gefällt – das ist etwa das Datum des | |
russischen Einmarschs in die Ukraine. Warum aber noch bis zum 28. Juni auf | |
der Makkabiade-Website Russland als Teilnehmerland vermerkt worden ist, | |
beantwortete die MWU nicht. | |
## Mannschaft der Neuankömmlinge | |
Was [3][laut MWU] heute angeblich schon seit Februar klar ist, war jedoch | |
beispielsweise im März keineswegs klar: Da hatte ein MWU-Sprecher zu | |
Journalisten gesagt, Makkabi Russland trete an, weil der jüdische | |
Sportverband nicht politisch sei. Der Krieg habe keinen Einfluss auf die | |
Makkabiade. Jetzt heißt es, russische und belarussische Sportler sollen | |
sehr wohl starten dürfen, nur nicht als Repräsentanten ihrer Länder. Eine | |
Sprecherin: „Jüdische Athleten, die aus Russland, Armenien, Belarus, | |
Brasilien, Kanada, Äthiopien, Georgien, der Ukraine, den USA und anderen | |
Ländern Alija gemacht haben und israelische Staatsbürger geworden sind, | |
werden in einer ‚Olim‘-Delegation unter einer speziellen Flagge antreten, | |
die keine Verbindung zu Russland und der russischen Flagge hat.“ | |
Das Recht auf Teilnahme gilt also für Juden aus Russland, die jüngst die | |
Einwanderung (hebräisch: Alija) nach Israel vollzogen haben, und diese | |
werden als eigene Mannschaft der Neuankömmlinge (hebräisch: Olim) starten. | |
Warum Neu-Israelis nicht gleich für Israel antreten dürfen, bleibt unklar. | |
Bei früheren Makkabiaden gab es ein solches Olim-Team der Neueinwanderer | |
nicht. Und die anderen genannten Länder sind mit eigenen Delegationen in | |
Israel vertreten. Aus der Ukraine etwa kommen 36 Sportler und | |
Sportlerinnen. | |
Mittlerweile werden von der MWU keine Fragen mehr zu dem gesamten Komplex | |
beantwortet. „Was Russland betrifft, so nimmt Makkabi Russland nicht an den | |
Spielen teil, sodass wir zu Fragen, die sie betreffen, keine Auskunft geben | |
können“, schreibt eine MWU-Sprecherin. | |
Seit 1932 gibt es [4][die Makkabiade als weltweites Sportfest], das in | |
Israel beziehungsweise dem vormaligen Mandatsgebiet Palästina ausgetragen | |
wird. Die MWU ist der seit 1921 existierende Dachverband der | |
Makkabi-Sportbewegung, unter den verschiedenen jüdischen Sportbewegungen | |
ist Makkabi mittlerweile die größte und stärkste. Das Internationale | |
Olympische Komitee hat die MWU bereits 1960 als „Organisation von | |
olympischem Rang“ anerkannt. | |
Als unpolitisches Sportfest hat sich die Makkabiade in ihrer Geschichte nie | |
verstanden. Augenscheinlich hatten die Veranstalter trotz des russischen | |
Kriegs in der Ukraine in diesem Jahr versucht, einen solchen Anspruch | |
durchzusetzen. Das scheint nicht zu gelingen. | |
4 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://makkabi.de/maccabiah-2022/ | |
[2] https://www.jewishnews.co.uk/team-russia-pulls-out-of-maccabiah-games/ | |
[3] https://www.maccabi.org/ | |
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Makkabiade | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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