# taz.de -- Jüdisches Sportfest Makkabiade: Deutsches Bonbon auf Eis | |
> Erstmals seit 1936 schickt Deutschland eine Eishockeymannschaft zu den | |
> Spielen nach Jerusalem. Mit einem Sieg rechnet aber kaum jemand. | |
Bild: Nach nur zwei Trainings nicht unbedingt Turnierfavorit: das deutsche Makk… | |
„Natürlich weiß man nicht, welcher Spieler jüdisch ist“, sagt David Jeit… | |
und lacht. Der Frankfurter Rechtsanwalt spielt in der Landesliga Eishockey | |
und hat vor zwei Jahren etwas unternommen, was kaum möglich schien: eine | |
deutsche Eishockeymannschaft für die Makkabiade in Israel | |
zusammenzustellen. | |
Das ist das größte jüdische Sportfest der Welt, alle vier Jahre findet es | |
statt, und am Donnerstag steigt im Jerusalemer Teddy-Kollek-Stadion die | |
Eröffnungsfeier der 20. Makkabiade. Über 10.000 Athleten aus aller Welt, | |
allesamt Juden, kommen zu einem einzigartigen Fest zusammen; es gilt als | |
das drittgrößte Sportevent der Welt. | |
Am heutigen Mittwochabend sorgen David Jeitner und seine Cracks für etwas | |
Historisches: Erstmals seit 1936 wird eine deutsche Eishockeymannschaft bei | |
einer Makkabiade auflaufen. In der Jerusalem Arena, einer | |
Multifunktionshalle, in der meist Basketball gespielt wird, werden das | |
deutsche und israelische Team einschliddern und dort die für Israel | |
ungewöhnliche Möglichkeit des Eissports einweihen. „Da sind wir sehr stolz | |
drauf“, sagt Jeitner. „Das ist unser Bonbon.“ | |
225 deutsche Sportler sind zur „jüdischen Olympiade“, wie es manchmal | |
heißt, angereist, 20 Prozent mehr als 2013. „Für mich persönlich ist es | |
wunderbar“, sagt Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, „dass wir | |
die größte deutsche Delegation bei einer Makkabiade stellen.“ Für Meyer ist | |
dieser Anstieg ein Effekt der European Maccabi Games, die 2015 in Berlin | |
stattgefunden hatten. Meyer sagt: „Das war eine positive Werbung.“ | |
## Israel und Deutschland gelten als die Exotenteams | |
David Jeitner kann das bestätigen. „Wir hätten sogar die Möglichkeit | |
gehabt, dort ein Eishockeyturnier anzubieten“, erzählt er. „Aber es kam aus | |
anderen Ländern keine Anmeldung, und unsere Spieler waren damals noch jung, | |
die meisten spielten in der U18.“ Es blieb bei der Idee – und dem immer | |
konkreter werdenden Plan. | |
Einer der Spieler, auf die Jeitner baut, ist Feodor Boiarchinov. Der | |
24-jährige Eishockeyprofi hat diese Saison bei den Kassel Huskies gespielt | |
und wechselt nun innerhalb der zweiten Liga zu den Lausitzer Füchsen nach | |
Weißwasser. „Als ich meinen ersten Anruf erhielt, dachte ich, dass mich | |
einer meiner Freunde hopsnehmen will“, berichtet er. „Aber dann habe ich | |
bemerkt, dass es doch ernst gemeint ist. Und nun bin ich davon überzeugt, | |
dass es eine coole Sache wird.“ | |
Eine coole Sache im israelischen Sommer. Eishockey gibt es noch nicht so | |
lange im offiziellen Makkabiade-Programm, im Grunde nur so lange, wie es | |
Eishallen in Israel gibt. Eingeführt wurde es 1997, dann flog es wieder | |
raus, und halbwegs sicher ist es erst seit 2013 dabei. Israel und | |
Deutschland gelten als die Exotenteams, aber aus Kanada, Russland und den | |
USA kommen Teams mit jüdischen Cracks, denen auch Spieler wie Jeitner und | |
Boiarchinov einiges zutrauen. „Wir fahren also nicht als Favorit dorthin“, | |
sagt Jeitner, der als Spieler und Betreuer dabei ist. Und Boiarchinov, der | |
als eine Art Spielertrainer fungiert, sagt: „Wir wollen vor allem, dass das | |
Team zusammenwächst und vielleicht größer wird.“ | |
## „Beweis für jüdisches Leben in Deutschland“ | |
Zuletzt war eine deutsche Eishockeymannschaft 1936 bei diesem Fest am | |
Start, damals gab es noch die Winter-Makkabiade: zuerst 1933 im polnischen | |
Zakopane, zuletzt 1936 im tschechoslowakischen Banská Bystrica. Immerhin | |
2.000 Teilnehmer aus zwölf Ländern waren damals gekommen. Die Makkabiade im | |
Sommer fand immer schon in Palästina, dem späteren Israel, statt: Erstmals | |
1932 in Tel Aviv, dann 1935, es folgte 1950, und seit 1953 finden sie alle | |
vier Jahre statt. In diesem Jahr aus Erinnerung an die 50-jährige | |
Wiedervereinigung Jerusalems erstmals nicht in Tel Aviv, sondern | |
überwiegend in Jerusalem. | |
Dass in diesem Jahr sogar wieder deutsches Eishockey dabei ist, sogar im | |
Heiligen Land, das macht Alon Meyer glücklich. „Das ist für mich der | |
Beweis, dass es wieder jüdisches Leben gibt.“ Es gebe viele Orte in | |
Deutschland, in denen keine jüdische Gemeinde, keine Synagoge, kein | |
Gemeindezentrum existiert. „Da helfen wir mit dem Sport“, sagt Meyer. | |
„Menschen lernen über den Sport ihre Jüdischkeit kennen, viele reisen zum | |
ersten Mal nach Israel, erleben ihren ersten Kabbalat Schabbat“, den | |
Gottesdienst. | |
Zu denen, die zum ersten Mal nach Israel reisen, gehört Feodor Boiarchinov. | |
Der gebürtige Berliner, der beim Profiklub Eisbären die Nachwuchsschule | |
durchlief, freut sich auf das für ihn neue Erlebnis. „Ich habe mir im | |
Internet die Eishockeyhalle angeschaut, in der wir spielen werden“, erzählt | |
er. „Das macht schon einen sehr guten Eindruck.“ Und dass er noch etwas | |
mehr vom Land sehen wird als bloß die Arena, das hofft er auch. | |
## Viele stehen zum ersten Mal seit Jahren auf dem Eis | |
Bleibt die Frage nach dem Sportlichen. Zum Kader, den Jeitner mit | |
Boiarchinovs Hilfe und mit viel Nachfragen bei Sportlern, Betreuern und | |
jüdischen Gemeinden zusammenstellen konnte, gehören Spieler aus der | |
Münchner und Frankfurter Hobbyliga, aus einem israelischen Seniorenteam | |
oder aus der niedersächsischen U18. Aber auch Spieler aus Landes- und | |
Oberligen und sogar, wie Boiarchinov, aus der DEL. „Meine Pässe sollten | |
schon ankommen“, lacht Boiarchinov. „Aber ob die auch gestoppt werden | |
können, das werden wir sehen.“ Etliche Spieler werden erstmals vor Publikum | |
übers Eis laufen. „Für die wird es eine Premiere.“ | |
Nur zwei Mal konnte Jeitner seine Jungs zum Training zusammentrommeln. „Das | |
erste Mal haben wir komplett selbst organisiert: Eisfläche, Hotel, alles“, | |
berichtet Jeitner vom Trainingstreffen in Berlin. „Für einige von uns war | |
es seit Jahren das erste Mal, dass sie wieder auf dem Eis standen.“ | |
Beim zweiten Vorbereitungstreffen in Köln aber gab es gleich ein | |
Erfolgserlebnis: Eine Hobbymannschaft war in der Halle, „die haben wir | |
gefragt – und dann haben wir unser erstes Spiel als | |
Makkabi-Deutschland-Team gehabt.“ Die historische Partie endete mit einem | |
9:0-Sieg für Makkabi. | |
5 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
## TAGS | |
Makkabiade | |
Eishockey | |
Jerusalem | |
Makkabiade | |
Makkabiade | |
Eisbären Berlin | |
Antisemitismus | |
Fußball | |
Tour de France | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Makkabi Winter Games in Ruhpolding: Vom Schläger zum Stock | |
Lisa Michajlova ist eine bei jüdischen Sportspielen hochdekorierte | |
Tischtennisspielerin. Nun hat sie eine Medaille im Eisstockschießen | |
gewonnen. | |
Jüdischer Sportwettbewerb ohne Russland: Dawei, dawei – und doch nicht dabei | |
In der kommenden Woche beginnt in Israel die Makkabiade. Aber ohne | |
russischen Athleten. Das Land hat sich angeblich selbst abgemeldet. | |
Berliner Eisbären auf Erfolgskurs: Der Preis des Kommerzes | |
Die Eisbären vorm Heimspiel gegen Ingolstadt am Freitag: Gute Stimmung, | |
weniger Nazis, hohe Ziele – und leise Kritik an den amerikanischen | |
Verhältnissen. | |
Kolumne Gott und die Welt: Kompass einer Jugend | |
Wir waren weder Antisemiten noch selbsthasserische Juden: Nicht jede Form | |
des Antizionismus ist mit Antisemitismus gleichzusetzen. | |
Confed Cup in Russland: Dauerwerbesendung für Putin | |
Die Generalprobe für die WM 2018 wurde bestanden. Fifa und Russische | |
Föderation haben sich als das erwartete harmonische Gespann erwiesen. | |
Doping bei der Tour de France: Betrug mit Tradition | |
Schon vor 100 Jahren gehörten Aufputschmittel zu Frankreichs großem | |
Radrennen. Kein Skandal konnte die Tour ernsthaft schädigen. Warum? |