# taz.de -- Antisemitismus auf documenta 15 in Kassel: Werk von Taring Padi ver… | |
> Nach heftiger Kritik werden Teile des Werks „People's Justice“ abgedeckt. | |
> Das Künstlerkollektiv „Taring Padi“ entschuldigt sich für „entstandene | |
> Verletzungen“. | |
Bild: Ein Mitarbeiter der documenta fifteen verhüllt am 20. Juni das Werk „P… | |
KASSEL epd | Nach Antisemitismusvorwürfen gegen die Kunstausstellung | |
documenta fifteen wird eines der dort gezeigten Werke verhüllt. Das für die | |
Arbeit „People's Justice“ verantwortliche indonesische Künstlerkollektiv | |
„Taring Padi“ habe gemeinsam mit der Geschäftsführung und der | |
Künstlerischen Leitung entschieden, das betreffende Banner am zentralen | |
Kasseler Friedrichsplatz zu verdecken und eine Erklärung dazu zu | |
installieren, teilte die documenta mit. | |
„Taring Padi“ erklärte, ihr Werk stehe „in keiner Weise mit Antisemitism… | |
in Verbindung“. „Wir sind traurig darüber, dass Details dieses Banners | |
anders verstanden werden als ihr ursprünglicher Zweck. Wir entschuldigen | |
uns für die in diesem Zusammenhang entstandenen Verletzungen“, heißt es in | |
der Erklärung vom Montagabend. | |
Zuvor hatten neben anderen die Bundesregierung, die hessische | |
Landesregierung und der Zentralrat der Juden scharfe Kritik geäußert. | |
Kulturstaatsministerin Claudia Roth und die hessische Kunstministerin | |
Angela Dorn (beide Grüne) warfen dem Künstlerkollektiv [1][eine | |
„antisemitische Bildsprache“ vor.] | |
Auf einem Detail des kritisierten Banners ist ein Mann in Anzug und | |
Krawatte zu sehen, haifischartige Raffzähne ragen aus dem Mund, daneben | |
eine Zigarre. Eine angedeutete Schläfenlocke hängt herunter, auf dem Hut | |
prangt die SS-Rune. Auf einem anderen Detail wird unter einem Kanonenrohr | |
eine Person in Uniform gezeigt, sie trägt die Nase eines Schweins, das bei | |
gläubigen Juden oder Moslems als unrein gilt. Auf dem roten Halstuch ist | |
der Davidstern zu sehen, auf dem Helm der Name [2][des israelischen | |
Geheimdienstes Mossad]. | |
## Zwanzig Jahre altes Werk | |
Das indonesische Kollektiv „Taring Padi“ erklärte dazu: „Unsere Arbeiten | |
enthalten keine Inhalte, die darauf abzielen, irgendwelche | |
Bevölkerungsgruppen auf negative Weise darzustellen. Die Figuren, Zeichen, | |
Karikaturen und andere visuelle Vokabeln in den Werken sind | |
kulturspezifisch auf unsere eigenen Erfahrungen bezogen.“ Die | |
Banner-Installation „People's Justice“ sei 2002 entstanden und bereits an | |
vielen verschiedenen Orten gezeigt worden. | |
Sie sei Teil einer Kampagne gegen Militarismus und Gewalt, die die Gruppe | |
während der 32-jährigen Militärdiktatur zwischen 1966 und 1998 in | |
Indonesien erlebt hätten, und deren Erbe, das sich bis heute auswirke. | |
Die Ausstellung von „People's Justice“ auf dem Friedrichsplatz sei die | |
erste Präsentation des Banners in einem europäischen und deutschen Kontext. | |
Sie war bei den ersten beiden Tagen der Pressebegehung letzten Mittwoch und | |
Donnerstag in Kassel noch nicht zu sehen gewesen. | |
„Als Zeichen des Respekts und mit großem Bedauern decken wir die | |
entsprechende Arbeit ab, die in diesem speziellen Kontext in Deutschland | |
als beleidigend empfunden wird. Das Werk wird nun zu einem Denkmal der | |
Trauer über die Unmöglichkeit des Dialogs in diesem Moment“, heißt es in | |
der Erklärung. Das Kollektiv „Taring Padi“ hofft eigenen Worten zufolge, | |
„dass dieses Denkmal nun der Ausgangspunkt für einen neuen Dialog sein | |
kann“. | |
## Suche nach weiterer Expertise | |
Die documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann erklärte, alle Beteiligten | |
bedauerten, dass Gefühle verletzt worden seien. „Gemeinsam haben wir | |
beschlossen, das Banner zu verdecken. Ergänzend holen wir weitere externe | |
Expertise ein“, kündigte Schormann an. | |
Die internationale Kunstausstellung documenta war am Samstag in Kassel | |
eröffnet worden. Dabei hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die | |
Verantwortlichen für ihren Umgang mit seit Monaten erhobenen | |
Antisemitismus-Vorwürfen kritisiert. | |
Kritisch diskutiert wird auch die Arbeit „Guernica Gaza“ [3][(siehe taz vom | |
19.6.)] der palästinensischen Künstlergruppe [4][„The Question of | |
Funding“]. Es zeigt israelische Soldaten, die palästinensische Bauern | |
angreifen – in Anlehnung an Pablo Picassos Bild „Guernica“. | |
21 Jun 2022 | |
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