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# taz.de -- Verdrängung in Berlin: Ein unsägliches Entweder-Oder
> Nach einigem Kampf darf ein Urban-Gardening-Projekt im Berliner Wedding
> bleiben. Schön. Aber es ist ein vergifteter Erfolg.
Bild: Geht wirklich nur Schule oder Garten?
In diesen Tagen feierten die Gärtner:innen des Urban-Gardening-Projekts
Prinzengarten im Wedding einen scheinbaren Erfolg: [1][Der Garten darf
vorerst bleiben], die Planungen für einen Schulerweiterungsbau an gleicher
Stelle wurden abgebrochen.
Das klingt, je nachdem auf welcher Seite man steht, nach einem Happy End
oder Scheitern. Und genau da liegt das Problem: Als könnte man in einer
Stadt, in der der verfügbare Raum immer knapper wird, weiter auf diesem
unsäglichen Entweder-Oder beharren.
Noch einmal etwas genauer [2][der konkrete Fall]: Es geht einerseits um
einen gemeinschaftlich genutzten Garten nahe der Prinzenallee, der vor elf
Jahren herrlicherweise aus einem Parkplatz erwuchs. Manche Argumente für
dessen Verbleiben sind so klar wie nachvollziehbar: der positive Einfluss
sowohl aufs Stadt- als auch aufs Nachbarschaftsklima zum Beispiel.
Auf der anderen Seite steht eine Förderschule für geistige Entwicklung in
direkter Nachbarschaft, der – wie vielen anderen Schulen in ganz Berlin –
Räume so händeringend fehlen, dass Schulleiter in Tränen ausbrechen.
Die Gärtner:innen wiederum versuchen sich das Grün zu erhalten, indem
sie gegen den Schulerweiterungsbau wettern. Der fördere ja die Exklusion,
weil Kinder mit Behinderung doch in Regelschulen unterrichtet werden sollen
– siehe UN-Behindertenrechtskonvention.
Ja klar, sollen Kinder idealerweise alle gemeinsam zur Schule gehen. Für
manche ist das aber – gerade in überfüllten und viel zu gering
ausgestatteten Schulen – schlicht noch unmöglich. Von einem inklusiven
Schulsystem, das wirklich alle Kinder mit Behinderung auch zu deren Nutzen
aufnehmen kann, sind wir bedauerlicherweise noch meilenweit entfernt.
Aber im Grunde ist das auch nicht der Punkt, sondern das Beispiel zeigt
einmal mehr, wie sich hier die Triebkräfte einer solidarischen Gesellschaft
gegenseitig zerhacken. Als gäbe es nur Garten oder Schule! Wenn schon das
Argument der Inklusion bemüht wird, warum nicht weiterdenken, warum nicht
Garten und Schule? So wie es inzwischen Supermärkte und Wohnungen gibt,
statt der vorher üblichen Flachbauten.
Der Platz wird definitiv nicht mehr in Berlin. Wir brauchen kreative und
gemeinschaftliche Ideen und kein gegenseitiges Ausbooten sozialer Projekte.
17 Jun 2022
## LINKS
[1] /Nutzungskonflikt-im-Soldiner-Kiez/!5857931
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## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Wochenkommentar
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Urban Gardening
Schule
Berlin-Wedding
Schulbau
Kolumne Bewegung
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