# taz.de -- Krankenkassen könnten Milliarden fehlen: Debatte um drohendes Kass… | |
> Den gesetzlichen Krankenkassen könnten nächstes Jahr bis zu 25 Milliarden | |
> Euro fehlen. Bayerns Gesundheitsminister fordert, der Bund müsse | |
> eingreifen. | |
Bild: Die Gesundheitsversorgung wird wohl teurer: Den Kassen könnte nächstes … | |
AUGSBURG dpa | Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) fordert | |
angesichts der drohenden Finanzlücke bei der gesetzlichen | |
Krankenversicherung (GKV) ein schnelles Eingreifen der Bundesregierung, um | |
sprunghaft steigende Beiträge der Versicherten zu verhindern. „Es besteht | |
dringender Handlungsbedarf für [1][Bundesgesundheitsminister Karl | |
Lauterbach] und Bundesfinanzminister Christian Lindner, sie müssen den | |
Krankenkassen so rasch wie möglich Planungssicherheit für 2023 geben“, | |
sagte Holetschek der Augsburger Allgemeinen (Mittwoch). | |
Es wäre verantwortungslos, den bereits jetzt absehbaren Mehrbedarf der | |
gesetzlichen Krankenversicherungen zu ignorieren und auf bessere Zeiten im | |
Herbst zu hoffen, sagte er. Holetschek forderte vom Bund eine umfassende | |
Erstattung versicherungsfremder Leistungen: „Es handelt sich hier um | |
gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die nicht allein von den Beitragszahlern | |
finanziert werden dürfen.“ | |
Nach Einschätzung des Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG) drohen | |
[2][der gesetzlichen Krankenversicherung] im kommenden Jahr 25 Milliarden | |
Euro Defizit, wie die Bild-Zeitung am Dienstag berichtet hatte. Vergangene | |
Woche hatte der GKV-Spitzenverband mitgeteilt, für 2023 fehlten Stand heute | |
17 Milliarden Euro. | |
Der Unterschied komme zustande, weil er die hohe Inflation in seine | |
Berechnungen miteinbezogen habe, sagte IfG-Chef Günter Neubauer der | |
Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Diese treibe auch die Preise für | |
Sachkosten und Personal in die Höhe. Der Bild-Zeitung hatte Neubauer | |
gesagt, in den bisherigen Schätzungen „waren der Krieg in der Ukraine und | |
die Folgen noch nicht eingepreist“. Neubauer: „Die Inflation lässt in | |
Praxen und Kliniken die Ausgaben steigen, während die Aussichten für den | |
Arbeitsmarkt im Herbst eher schlecht sind.“ | |
## Beiträge könnten drastisch steigen | |
Der Vorstandsvorsitzende der DAK Gesundheit, Andreas Storm, forderte | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Bild zum Handeln auf. | |
„Lauterbach muss jetzt gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister den 70 | |
Millionen Versicherten die Frage beantworten, ob und wie er den drohenden | |
Beitragstsunami noch verhindern will.“ Die Branche warte auf den | |
angekündigten Gesetzesentwurf zur Stabilisierung der Finanzen der | |
gesetzlichen Kassen bereits seit drei Monaten, sagte Storm. | |
Lauterbach hatte angesichts des erwarteten Milliardendefizits die | |
Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen bereits darauf vorbereitet, dass | |
2023 die Beiträge steigen könnten. Im März sagte er, bei einem erwarteten | |
Defizit der Kassen von rund 17 Milliarden Euro im nächsten Jahr lasse sich | |
das nicht vollständig vermeiden. | |
Bereits die Vorstandschefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, hatte | |
vergangene Woche grundlegend mehr finanzielle Stabilität gefordert. | |
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Tino Sorge, | |
forderte: „Die Bundesregierung muss (…) jetzt Maßnahmen ergreifen, um | |
Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Kranken- und | |
Pflegekassen zu ermöglichen.“ Lauterbach müsse einen entsprechenden | |
Gesetzentwurf vorlegen. | |
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch meinte: „Höhere Krankenkassenbeiträge | |
im kommenden Jahr wären fatal.“ Für Gering- und Normalverdiener seien sie | |
unzumutbar. „Gesundheitsminister Lauterbach sollte sich das Geld bei den | |
Spitzenverdienern holen und Gering- und Normalverdiener verschonen“, sagte | |
Bartsch der dpa. Nötig seien der Einstieg in die Bürgerversicherung und | |
eine gerechte Finanzierung des Gesundheitssystems. | |
Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander sagte: „Achselzuckend die | |
Beiträge steigen zu lassen, ist keine Lösung.“ Die grundlegenden Defizite | |
im Gesundheitswesen dürften aber nicht mit kreditfinanzierten Zuschüssen | |
übertüncht werden. | |
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel hingegen forderte: „Für eine verlässliche | |
Gesundheitsversorgung muss sich der Bund stärker an der Finanzierung der | |
Krankenkassen beteiligen.“ Die Krankenkassen müssten solide und krisenfest | |
finanziert werden. | |
15 Jun 2022 | |
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