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# taz.de -- Neue Serie „Herzogpark“ bei RTL+: Schickeria ohne Schmäh
> Morde und Geheimnisse: „Herzogpark“ will sich über die Münchner High
> Society lustig machen. Doch die Serie auf RTL+ verhebt sich.
Bild: Genießen das Geld: Maria (Heike Makatsch) und Nikolaus (Heiner Lauterbac…
Es gibt diese Alterungs-Apps zum Runterladen. Wer darauf nicht vertraut,
aber unbedingt wissen will, wie Florian Silbereisen in 30 Jahren aussehen
dürfte, der muss diese (Mini-)Serie sehen. Muss Heiner Lauterbach sehen,
der da nämlich ziemlich genau so aussieht, wie Florian Silbereisen in 30
Jahren aussehen dürfte. Wahrscheinlich zum ersten Mal seit dem 11. Teil des
„Schulmädchen-Reports“ sieht man Lauterbach ohne Glatze, dafür mit
graublondem Toupet. Dass irgendwann ein (wie Heiner Lauterbach) bestimmt
topfitter Florian Silbereisen um die 70 auf diese Weise wie aus dem Ei
gepellt die Szene betritt, wie Heiner Lauterbach jetzt in „Herzogpark“ –
das will man jedenfalls sofort für möglich halten.
RTL verspricht eine „schillernde Hochglanzwelt mit ihrem ganz besonderen
Flair“ für die Serie „Herzogpark“: „Glanz, Glamour und Champagner (…)
stehen für die Münchener High Society an der Tagesordnung.“ Lambos auf den
Straßen und Drehorten wie die Dachterrasse des Bayerischen Hofs machen
klar, in welche Traditionsreihe man sich einzureihen gedenkt: [1][Helmut
Dietl] und seine bis heute und – so viel sei vorweggenommen – auch darüber
hinaus unübertroffene Serie „Kir Royal“ aus dem Jahr 1986. Dort standen
Franz Xaver Kroetz und Mario Adorf auf ebenjener Dachterrasse und schufen
einen der eindrücklichsten und komischsten Momente deutscher
Fernsehgeschichte: „Ich schieb’et dir hinten und vorne rein! Ich scheiß
dich sowas von zu mit meinem Geld, dass de keine ruhige Minute mehr hast!“
Tatsächlich erinnert „Herzogpark“ (Buch: Annette Simon; Regie: Jochen
Alexander Freydank, Anca Miruna Lăzărescu) dann doch eher – und natürlich
auch nicht zufällig – an ein anderes Serienprodukt etwas jüngeren Datums:
Die in Wiener Nobelbezirken angesiedelten, inzwischen sechs Staffeln langen
„Vorstadtweiber“ sind in Österreich ein Straßenfeger. In Deutschland hat
die ARD erst die zweite und dritte Staffeln wegen zu geringer
Einschaltquoten ins Spätprogramm abgeschoben und die Serie dann ganz
abgesetzt. Offenbares Fazit bei den Kollegen von RTL: Die Idee ist gut,
doch die gezeigte Welt und Darsteller wohl ein bisschen zu wienerisch für
das deutsche Publikum. Was also lag da näher, als den Ösi-Intrigantenstadl
ins 350 Kilometer Luftlinie entfernte München zu transferieren? Besetzt mit
hiesigen TV-Größen.
## Derb-Deftig
Als da wären: Antje Traue als höhere Tochter und Socialite mit großen
Charity-Verpflichtungen – und noch größeren Geldsorgen; Felicitas Woll (ja,
die Lolle aus „Berlin, Berlin“) als Frau des Bürgermeister-Kandidaten
(Trystan Pütter) mit geheimer Vergangenheit im Frankfurter Bahnhofsviertel;
Lisa Maria Potthoff als taffe, in ihrer Kanzlei bei der Verpartnerung aber
regelmäßig übergangene Anwältin. Wenn sie in ihrem Stammcafé eine
Bestellung aufgibt, klingt das so: „Guten Morgen, Patrick. I hätt gern zwei
Cortados to go und an Quickie im Lagerraum!“ Der Humor, der hier angestrebt
wird, ist von der eher derb-deftigen Sorte. Ein bisschen so, als hätte man
bei Detlev Buck ein Reboot des „Denver-Clans“ in Auftrag gegeben – der das
natürlich abgelehnt hätte.
Allen drei Frauen ist jedenfalls gemeinsam, dass sie von Nikolaus van der
Bruck erpresst werden, dem jedes billige Mittel recht ist, um seinen
„Herzogpark-Tower“ mitten in das noble Villenviertel zu setzten. Der also
ein veritables Riesenarschloch ist und von einem routiniert dick
auftragenden, diesmal nur eben toupierten, siehe oben, Heiner Lauterbach
gegeben wird. Das Frauen-Trio beschließt sein Ableben, hat aber die
Rechnung ohne die von Heike Makatsch gespielte Catering-Unternehmerin
gemacht, die mit van der Bruck ebenfalls noch eine Rechnung offen hat, weil
er sie einst für zwei Jahre ins Gefängnis brachte. Wie und warum, erfährt
man erst relativ spät in der Serie. Und dann wäre da auch noch van der
Brucks Ehefrau, besetzt mit Jeanette Hain, die die Rolle mit einer so
maliziös-zwanzigerjahremäßigen Divenhaftigkeit füllt, dass man sich
unweigerlich fragt, wie es eigentlich sein kann, dass vier Staffeln
„Babylon Berlin“ bislang keine Verwendung für sie hatten.
Auch das nämlich ist eine sehr viel bessere Serie als „Herzogpark“. Dessen
Intrigen – von deutlich weniger Personal – sind erheblich einfacher
gestrickt als die der „Vorstadtweiber“. Vom fehlenden Wiener Schmäh ganz zu
schweigen. Oder, in einer Nussschale: Das Sehenswerteste bleibt hier sechs
lange Folgen lang das Toupet auf dem Haupt von Heiner Lauterbach.
28 Jun 2022
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## AUTOREN
Jens Müller
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