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# taz.de -- Lehrergewerkschaft und die NS-Zeit: Gründungsvorsitzender entthront
> Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) benennt ihre
> „Max-Traeger-Stiftung“ um. Der Namensgeber war Mitglied im NS-Lehrerbund.
Bild: Schulalltag 1933: Das Schulsystem, zu dem Max Träger gehörte, war beson…
Frankfurt am Main taz | Die Basis der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW) hat auf dem diesjährigen Gewerkschaftstag in Leipzig
ihren [1][umstrittenen Gründungsvorsitzenden Max Traeger] vom Sockel
gestoßen: Die gewerkschaftseigene Forschungsstiftung war bislang nach ihm
benannt. Künftig soll sie aber den Namen einer – noch nicht bestimmten –
Frau tragen, „die mit ihrem antifaschistischen Engagement vorbildhaft“ sei,
heißt es in dem Beschluss vom Wochenende. Damit setzen sich KritikerInnen
Traegers gegen prominente Wortmeldungen aus dem Vorstand durch.
Max Traeger sei „wegen seiner Mitgliedschaft im Nationalsozialistischen
Lehrerbund umstritten, insbesondere bei jüngeren Gewerkschaftsmitgliedern“,
heißt es auf der GEW-Homepage zur Begründung. Bisher hatte der Vorstand der
Gewerkschaft eher dazu geneigt, Max Traeger als „Mann der ersten Stunde“ zu
glorifizieren. Die Traeger-Biografie des GEW-Funktionärs Hans-Peter de
Lorent sei immerhin zu dem Schluss gekommen, „dass Traegers
[2][Mitgliedschaft im NS-Lehrerbund] kein Beleg für eine
nationalsozialistische Gesinnung“ geliefert habe, so die bislang dominante
Lesart der Gewerkschaft.
Vor 24 Jahren hatte der Frankfurter Erziehungswissenschaftler Benjamin
Ortmeyer erstmals die braunen Wurzeln der Lehrergewerkschaft angeprangert,
vor allem die prominente Rolle von ehemaligen Mitgliedern des
NS-Lehrerbunds in Nazideutschland. Diese hätten in Nazideutschland
systematisch bei der Auswahl „unwerten Lebens“ assistiert. Insbesondere mit
der Durchsicht von Kirchenbüchern haben sie geholfen, Menschen zu
identifizieren, die laut der NS-“Rassenlehre“ als Juden galten und deshalb
verfolgt, deportiert und ermordet wurden, argumentiert Ortmeyer seither in
seinen zahlreichen Publikationen zu dem Thema.
## Traeger war Vertreter einer rechtsextremen Splitterpartei
Zusammen mit dem Erziehungswissenschaftler und Publizisten Micha Brumlik
verfasste er 2017 schließlich ein Plädoyer für eine kritische Aufarbeitung
der GEW-Geschichte. Unter dem Titel „Max Traeger – kein Vorbild“ rückte …
mit dem 1960 verstorbene Gründungsmitglied der Bildungsgewerkschaft den
Namensgeber der gewerkschaftseigenen Forschungsstiftung in den Fokus.
Demnach war Traeger zunächst als Vertreter einer rechtsextremen
Splitterpartei Abgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft und kooperierte
mit der NSDAP. Bereits im Mai 1933 schloss er sich freiwillig dem
NS-Lehrerbund an. Ortmeyer nennt ihn einen Mitläufer und bekennenden
Antisemiten. Bei der Gründung der Nachkriegslehrergewerkschaft GEW sorgte
Traeger für Kontinuität. Das Vermögen des Nationalsozialistischen
Lehrerbunds ging an die GEW einschließlich einer „arisierten“ Stadtvilla im
Hamburger Stadtteil Rotherbaum. Diese Immobilie wurde nicht restituiert,
sondern 2015 für 2,5 Millionen Euro an eine jüdische Bildungseinrichtung
verkauft. Vom Kaufpreis gingen 400 000 Euro an jüdische Organisationen.
Ortmeyer nennt das „Ablasshandel“.
Empfindet Ortmeyer nach der Entscheidung für die Namensänderung, für die er
und andere gekämpft haben, Genugtuung oder eher Empörung, weil es so lange
gedauert hat? „Beides“, antwortet er der taz, so auch „Empörung über das
‚katholische Kirche-Syndrom‘ der Verdrängung.“ Im Hauptvorstand vertrete
man bis heute die These, dass das damals eben so gewesen sei. Gleichwohl
habe sich das Engagement gelohnt. Zu dem späten Erfolg gratuliere er gerne
den vielen jungen GEW-Mitgliedern und dem hessischen Landesverband, die in
der Sache nicht nachgelassen hätten.
28 Jun 2022
## LINKS
[1] /Lehrergewerkschaft-und-die-NS-Zeit/!5403568
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## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Bildung
Lehrer
Geschichtsaufarbeitung
Gewerkschaft GEW
Berlin
Lehrermangel
Gewerkschaft GEW
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