Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit um Nordirland-Protokoll: London will Brexit-Vertrag ändern
> Die britische Regierung will Teile des Vertrags einseitig aushebeln. Die
> Gefahr eines Handelskriegs mit der EU wächst.
Bild: Hat andere Pläne als die EU: Außenministerin Liz Truss im britischen Un…
London rtr | Die britische Regierung will mit einem neuen Gesetz Teile des
[1][Brexit-Vertrages] aushebeln und hat damit entschiedenen Widerspruch in
der Europäischen Union ausgelöst. Die von Außenministerin Liz Truss am
Montag vorgestellten Pläne beziehen sich auf das Nordirland-Protokoll, das
etwa den Grenzverkehr zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem
EU-Land Irland regelt. Truss will unter anderem, dass der Europäische
Gerichtshof nicht mehr für Streitigkeiten bei der Umsetzung des Brexit
zuständig ist. Mit der Zuspitzung wächst die Gefahr eines Handelskrieges
zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich.
„Ich bin sehr bereit, mit der EU zu verhandeln, aber sie muss bereit sein,
die Bedingungen dieses Abkommens zu ändern, die diese sehr ernsten Probleme
in Nordirland verursachen“, sagte Truss. Der Vize-Präsident der
EU-Kommission, Maros Sefcovic, widersprach umgehend: „Eine Neuverhandlung
des Protokolls ist unrealistisch (…) Jede Neuverhandlung würde nur weitere
Rechtsunsicherheit für die Menschen und Unternehmen in Nordirland
bedeuten.“ Die [2][irische Regierung] erklärte, mit den Gesetzesplänen
breche Großbritannien internationales Recht.
Das nun infrage gestellte Nordirland-Protokoll war von Großbritannien
unterzeichnet worden. Truss rechtfertigt den teilweisen Ausstieg aus diesem
Abschnitt des Brexit-Vertrages mit der sogenannten Doktrin der
Notwendigkeit. Diese sieht nicht von der Verfassung gedeckte Maßnahmen vor,
um Recht und Ordnung wieder herzustellen. Truss sieht das
[3][Karfreitags-Abkommen] in Nordirland in Gefahr. Mit diesem Vertrag
zwischen Großbritannien und Irland von 1998 wurden die jahrelangen
bürgerkriegsähnlichen Konflikte in Nordirland beendet.
Teil der Friedensregelung ist eine kaum wahrnehmbare [4][Grenze zwischen
Nordirland und Irland]. Da die EU aber nach dem Ausstieg Großbritanniens
sicherstellen wollte, dass über diese Grenze nicht unverzollt Waren in die
EU gelangen, werden Zollkontrollen derzeit im Warenverkehr zwischen der
britischen Insel und Nordirland vorgenommen.
Nordirland ist damit noch Teil des EU-Binnenmarktes. Nordirische
Nationalisten fürchten eine schleichende Abspaltung vom Vereinigten
Königreich und auch unter den regierenden Konservativen von Premierminister
Boris Johnson wächst der Unmut über die Sonderstellung Nordirlands.
## „Nur bürokratische Vereinfachungen“
Die Regierung in London will nun unter anderem Steuervorschriften ändern
und die Rolle des Europäischen Gerichtshofs als alleiniger Schiedsrichter
bei Streitigkeiten beenden. Zudem ist ein Kennzeichnungssystem geplant, bei
dem Grün für Produkte gilt, die im Vereinigten Königreich bleiben, und Rot
für Exporte in die EU.
Johnson stellte am Montag die Pläne als eine verwaltungstechnische
Formsache dar: „Wir versuchen nur einige bürokratische Vereinfachungen
zwischen Großbritannien und Nordirland zu erreichen“, sagte er dem
Radiosender LBC. Es handele sich um eine Reihe „relativ trivialer
Änderungen“.
Brexit-Befürworter reagierten enttäuscht und erklärten, sie hätten weitere
Schritte erwartet. Kritiker befürchteten, dass Großbritanniens Ansehen in
der Welt durch die Infragestellung eines internationalen Abkommens
untergraben würde. Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy
Pelosi, hat ebenfalls erklärt, dass es kein Handelsabkommen zwischen den
USA und Großbritannien geben wird, wenn London das Protokoll aufkündigt.
14 Jun 2022
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Brexit/!t5313864
[2] /Regierungsbildung-in-Nordirland/!5850292
[3] /10-Jahre-Nordirland-Abkommen/!5184922
[4] /Politikerin-ueber-Nordirland-Protokoll/!5822052
## TAGS
Schwerpunkt Brexit
Nordirland
Irland
Boris Johnson
Schwerpunkt Brexit
Nordirland
Nordirland
Irland
Nordirland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zwei Jahre Brexit: Das britische Eigentor
Obwohl das Pfund an Wert verliert, hinkt der Export. Bürokratische Hürden
lähmen den Handel zusätzlich. Auch sonst ist der Brexit eine Katastrophe.
Unabhängigkeitsreferendum in Schottland: Schottisches Schattenboxen
Das Nein zum erneuten Referendum war ein Urteil mit Ansage. Absichtlich
setzte Sturgeon auf die Richter. Die Mehrheit will gar keine
Unabhängigkeit.
Neuwahlen in Nordirland: Nordirland darf noch einmal ran
Sechs Monate Boykott der Unionisten, sechs Monate keine Regierung in
Nordirland. Jetzt gibt es Neuwahlen, aber die Probleme werden bleiben.
Nordirland-Konflikt und Großbritannien: Der Grenzfall
Nordirland ist faktisch regierungslos. Schuld ist auch das
Nordirland-Protokoll, das Großbritannien mit der EU verhandelt hat. Fragen
und Antworten.
Regierungsbildung in Nordirland: Scheitern am Nordirlandprotokoll
Die DUP verweigert die Regierungsbildung, solange das Brexit-bedingte
Nordirland-Protokoll besteht. EU und Großbritannien üben sich in Drohungen.
Sinn Féin siegt in Nordirland: Irland kann wieder träumen
In Nordirland beschert der Zwist im probritischen Lager der irischen Sinn
Féin den Wahlsieg. Aber ein Referendum zur Wiedervereinigung ist ungewiss.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.