# taz.de -- Unabhängigkeitsreferendum in Schottland: Schottisches Schattenboxen | |
> Das Nein zum erneuten Referendum war ein Urteil mit Ansage. Absichtlich | |
> setzte Sturgeon auf die Richter. Die Mehrheit will gar keine | |
> Unabhängigkeit. | |
Bild: Nicht alle Schotten sind für die Unabhängigkeit: Britische und schottis… | |
Wenn es Schottlands Nationalisten ernst meinten mit der Unabhängigkeit, | |
würden sie entschlossener vorgehen als bisher. Sie würden einfach eine | |
Volksabstimmung ansetzen und die Kraftprobe riskieren. Wie könnte | |
Großbritannien die Schotten denn daran hindern, Wahlurnen aufzustellen und | |
die Bevölkerung zur Stimmabgabe aufzurufen? | |
Eine Konfrontation nach katalanischem Muster würde sich entwickeln, und | |
anders als die Separatisten in Katalonien könnten die in Schottland auf die | |
Sympathie der EU gegen „Brexit Britain“ zählen. Aber Nicola Sturgeon geht | |
einen anderen Weg. Nicht die britische Regierung hat [1][per | |
Gerichtsbeschluss das schottische Unabhängigkeitsreferendum blockiert], | |
sondern Schottlands Regionalregierung selbst ist vor Gericht gezogen, damit | |
die Richter in London offiziell das Offensichtliche feststellen: | |
Schottland kann keine Gesetze verabschieden, die an der Einheit des | |
Vereinigten Königreiches kratzen. Also darf es auch kein | |
Unabhängigkeitsreferendum ansetzen. Das kann nur Großbritannien als Ganzes, | |
so wie 2014. Für diese Feststellung hätte es keinen Richterspruch | |
gebraucht, sondern nur eine Regierung, die Gesetze lesen kann. Tatsächlich | |
ging es Schottlands Regierung gar nicht darum, das Recht auf ein Referendum | |
zu erkämpfen. Es ging darum, zu demonstrieren, dass sie dieses Recht nicht | |
hat. | |
Nur der permanente Verweis auf angebliche Benachteiligung aus London hält | |
Schottlands SNP an der Macht. Ihre eigene Regierungsbilanz ist desaströs. | |
Seit dem verlorenen [2][Unabhängigkeitsreferendum von 2014] liegen | |
Schottlands Unabhängigkeitsbefürworter weiterhin ziemlich konstant in den | |
Umfragen hinten. Denn der [3][Brexit], der immer wieder als Grund für ein | |
neues Referendum ins Feld geführt wird, macht die Abspaltung nicht | |
einfacher. | |
Im Gegenteil: Mit der Rückkehr in die EU, wie es die SNP anstrebt, würde | |
die Grenze zwischen England und Schottland zur EU-Außengrenze. | |
Grenzkontrollen mitten auf der britischen Insel sind nicht mehrheitsfähig. | |
Ein Unabhängigkeitsreferendum 2023 würde die SNP also verlieren. Die | |
Verweigerung dieses Referendums stärkt sie. Und: Die SNP ist das | |
Schreckgepenst, das Großbritanniens Konservativen die Macht sichert. | |
Die verweisen bei Wahlen gern darauf, dass die Labour-Opposition nur im | |
Bündnis mit der SNP Aussichten auf eine Mehrheit hat. Auch bei den Wahlen | |
2024 werden Tories und SNP, zwei ausgelaugte Regierungsparteien, | |
gegenseitige Abneigung zelebrieren und daraus Vorteile ziehen. | |
Großbritannien insgesamt hat das Nachsehen. | |
Nicola Sturgeon | |
23 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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