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# taz.de -- Gewalt in El Salvador: Der Präsident und der Deal
> Im März verübten Banden ein Massaker in El Salvador. Nun zeigen
> Recherchen: Es war ein Racheakt, weil Präsident Bukele einen Pakt
> gebrochen hatte.
Bild: Eine von rund 30.000 Festnahmen in El Salvador seit Beginn des Ausnahmezu…
Oaxaca taz | Es war das [1][blutigste Wochenende], das El Salvador seit
Langem erlebt hatte: Mindestens 87 Menschen starben zwischen dem 25. und
27. März durch gewaltsame Angriffe krimineller Banden. Präsident Nayib
Bukele reagierte mit einer massive Repressionskampagne gegen die Gruppen.
Zehntausende mutmaßliche Mitglieder der „Mara Salvatrucha 13“ (MS-13),
„Barrio 18 Revolucionarios“ und „Barrio 18 Sureños“ wurden seither
verhaftet. Außerdem verkündete der Staatschef einen bis heute geltenden
Ausnahmezustand, der zahlreiche Grundrechte einschränkt.
Am Montag hat nun das Online-Portal [2][El Faro] aufgedeckt, dass das
Massaker offenbar ein Racheakt war, weil die Regierung ihren Pakt mit
Banden gebrochen hatte. „Sie haben Dinge getan, die sie nicht hätten tun
sollen“, zitierte die Plattform einen MS-13-Anführer, mit dem die
Journalisten gesprochen haben. Die Behörden hätten Abmachungen nicht
eingehalten und Maras zu Dialogen eingeladen, um sie dann festzunehmen. Die
Verhaftung mehrerer Mitglieder der MS-13, die sie sich in einem
regierungseigenen Wagen befunden hätten, habe das Fass zum Überlaufen
gebracht, bestätigten Sprecher zweier Banden unabhängig voneinander dem
Medium.
El Faro besitzt zudem Tonaufnahmen des Regierungs-Unterhändlers Carlos
Marroquín, in denen der Politiker mit einem Bandenvertreter verhandelt.
Demnach hatte Marroquín versprochen, sich dafür einzusetzen, dass die
Vereinbarungen mit der Regierung auch während der Gewalteskalation Bestand
hätten. Aus den Aussagen Marroquíns werde deutlich, dass der Präsident
immer genau über die Verhandlungen mit den Banden informiert gewesen sei,
so El Faro.
## Präsident Bukele hatte den Pakt stets geleugnet
Die Internetzeitung hatte bereits 2020 veröffentlicht, dass Bukele mit den
Kriminellen einen Pakt vereinbart hätte. Der Deal: Die „Pandillas“
verzichten auf Gewalt, im Gegenzug werden die Haftbedingungen der
Gefangenen verbessert und die Gangs in Freiheit erhalten „Wohltaten“. Der
Staatschef selbst hat das jedoch immer verleugnet. Der 40jährige, der vor
allem über Twitter kommuniziert, hatte im Wahlkampf versprochen, mit dem
Bandenterror Schluss zu machen. Tatsächlich sank nach seiner Amtsübernahme
2019 die Mordrate in El Salvador, das zu den gefährlichsten Länder weltweit
zählt, deutlich.
Nach dem blutigen Wochenende der Maras, deren Todesopfer laut
Polizeiangaben meist nichts mit den Kriminellen zu tun hatten, hat sich das
Blatt gewendet. 30.000 mutmaßliche „Pandilleros“ wurden seither verhaftet.
Die Gefangenen behandelt der Staatschef wie Geiseln. Er veröffentlichte ein
Video, das Häftlinge zeigt, die gefesselt in der Unterhose in der
brennenden Sonne im Gefängnishof sitzen. Anführern drohte er damit, sie
verhungern zu lassen, Bandenmitglieder bezeichnet er als „Terroristen“.
Durch den Ausnahmezustand können Sicherheitskräfte Verdächtige ohne Beweise
bis zu 15 Tage lang festhalten. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
wurden eingeschränkt, Das Parlament, in dem Bukeles Partei „Nuevas Ideas“
dominiert, verabschiedete zudem mehrere Gesetze, die sich nicht nur gegen
die Banden richten. Auch wer beispielsweise Texte, Bilder oder Graffiti der
Gangs veröffentlicht oder diese herstellt, muss mit hohen Gefängnisstrafen
rechnen.
„Es besteht die Gefahr, dass alle [3][kriminalisiert] werden, die darauf
hinweisen, dass Menschenrechte auch für Kriminelle gelten“, sagt Ingrid
Wehr, die Leiterin des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in San Salvador.
Mindestens 50 Intellektuelle seien bereits ins Exil gegangen. Auch El Faro
steht unter Druck. Schon 2019 ließ Bukele Journalisten des Portals mit
Abhörsoftware ausspionieren. Nach den neuen Recherchen gibt es für ihn nun
einen Grund mehr, gegen die Plattform vorzugehen. Bislang hat sich der
Staatschef jedoch noch nicht zu den Vorwürfen geäußert.
19 May 2022
## LINKS
[1] /Gewalt-in-El-Salvador/!5841680
[2] https://elfaro.net/es/202205/el_salvador/26175/Audios-de-Carlos-Marroqu%C3%…
[3] /Repressionen-in-El-Salvador/!5846329
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
El Salvador
Nayib Bukele
Organisierte Kriminalität
Repression
Menschenrechte
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Kolumne Latin Affairs
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