# taz.de -- Flaggenmarsch durch Jerusalem: Ultrazionistische Provokation | |
> In Jerusalem liefert ein Flaggenmarsch Tausender rechter Israelis | |
> verstörende Bilder. Trotz gewalttätiger Ausschreitungen bleibt es relativ | |
> ruhig. | |
Bild: Beim Flaggenmarsch in Jerusalem unerwünscht: Die palästinensische Fahne | |
TEL AVIV taz | Der vergangene Sonntag dürfte als Sieg der israelischen | |
Rechten verbucht werden. Mehr als 70.000 [1][ultrazionistische Israelis] | |
zogen mit einem der größten Flaggenmärsche seit langem um und durch die | |
Altstadt Jerusalems, schwenkten israelische Fahnen und tanzten vor dem | |
Damaskus-Tor, dem Eingang zum arabischen Viertel der Altstadt, einige von | |
ihren riefen Sprechchöre wie „Mögen eure Dörfer brennen“ und „Tod den | |
Arabern“. | |
Der Flaggenmarsch findet jährlich am israelischen Jerusalemtag statt, mit | |
dem die Eroberung Ostjerusalems von Jordanien im Sechstagekrieg 1967 | |
gefeiert wird. Seit 1968 gibt es an diesem Tag den Marsch – für viele | |
Palästinenser*innen eine Provokation. | |
Israelische Sicherheitsapparate hatten im Vorfeld des Flaggenmarsches Sorge | |
vor einer Wiederholung der Ereignisse im Vorjahr ausgedrückt. Im letzten | |
Mai hatte [2][die Hamas] während des Flaggenmarsches Raketen auf Jerusalem | |
geschossen, es war der Beginn eines elftägigen Kriegs zwischen der | |
Organisation und Israel. | |
Auch in diesem Jahr hatten die militanten palästinensischen Organisationen | |
Hamas und Islamischer Dschihad sowie die libanesische, vom Iran | |
unterstützte Hisbollah vor einer Eskalation gewarnt, sollte der Tempelberg | |
„verletzt“ werden. | |
## Tausende von Sicherheitskräften im Einsatz | |
Aufrufe von einigen Ministern der linken Partei Meretz, den Marsch | |
abzusagen oder ihn an einer veränderten Route entlanglaufen zu lassen, | |
lehnte der Minister für Innere Sicherheit, Omer Bar Lev, ab. Israel könne | |
sich den Drohungen der Militanten nicht beugen: „Jerusalem ist die | |
Hauptstadt Israels“, sagte Bar Lev. | |
Tausende von Polizeibeamt*innen waren am Sonntag in der Altstadt | |
postiert, das israelische Luftabwehrsystem war in Alarmbereitschaft. Zu | |
einer Eskalation bis zu einem Krieg kam es am Sonntag zwar nicht. Die | |
Bilder, die das Ereignis lieferte, sind dennoch verstörend. Die | |
gewalttätigen Auseinandersetzungen konzentrierten sich dabei vor allem auf | |
Jerusalem. | |
Israelische Medien zeigen, wie ein jüdischer Mann eine ältere | |
palästinensische Frau in der Altstadt tritt. Auch im arabischen Stadtteil | |
Scheich Dscharrah kam es zu Auseinandersetzungen zwischen jüdischen und | |
palästinensischen Israelis. Ein Video zeigt einen Mann, der mit seiner | |
Israelfahne auf einen Palästinenser einschlägt. Ebenfalls in Scheich | |
Dscharrah soll ein arabisch-israelischer Journalist von maskierten Männern | |
angegriffen worden sein, sodass er ins Krankenhaus eingeliefert werden | |
musste. Dem Opfer zufolge hätten die Männer Hebräisch gesprochen. | |
Im arabischen Viertel Isawija am äußeren Ring Jerusalems warfen | |
Palästinenser*innen Steine auf zwei israelische Busse. Fünf | |
Polizist*innen, 3 jüdische Israelis und 40 Palästinenser*innen sind | |
laut Medienangaben verletzt worden. | |
## Die Hamas belässt es bei Drohungen | |
Dass die Hamas in diesem Jahr nicht mit Raketen auf den Marsch geantwortet | |
hat, dürfte unter anderem daran liegen, dass die Wiederaufbauarbeiten in | |
Gaza seit dem letzten Krieg voranschreiten. Militärische | |
Auseinandersetzungen würden dies wieder zunichte machen. | |
Der Sprecher der Hamas betonte jedoch gegenüber dem katarischen | |
Nachrichtensender [3][Al Jazeera], die Organisation entscheide über den | |
„richtigen Zeitpunkt“ einer Reaktion. | |
30 May 2022 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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